Berlin. Wer die Jüngsten gegen Corona impfen will, muss zuerst die Eltern überzeugen. Drohmethoden bringen dabei nichts, meint Jörg Quoos.

Die Bekämpfung der historischen Corona-Pandemie geht in eine neue Runde. Die erwartete Zulassung eines Impfstoffes für fünf- bis elfjährige Kinder durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) wird ein großer Schritt in Richtung der Herdenimmunität und damit zur Ausrottung der Krankheit, die uns schon fast zwei Jahre lang bedroht und die weltweit schon über 4,8 Millionen Menschen das Leben kostete.

So begrüßenswert diese Entscheidung der Behörde wäre – sie wird dennoch einige Eltern in Gewissenskonflikte stürzen. Denn es ist ein riesiger Unterschied, ob man selbst ein gesundheitliches Restrisiko in Kauf nimmt oder ob man es als Erziehungsberechtigter für das eigene Kind macht.

Kinder haben noch keine Meinung zum Impfen, dafür aber Urvertrauen in ihre Eltern

Ein kleiner Junge oder ein kleines Mädchen hat – anders als 14-Jährige oder Ältere – keine Meinung zum Impfen und kann ein eventuelles Risiko nicht abschätzen. Sie haben das angeborene Urvertrauen in die Eltern, dass sie das Beste für sie tun. Ihre jungen Körper sind noch nicht fertig entwickelt, sie sind im Wachstumsprozess eventuell empfindlicher bei Eingriffen von außen. Das macht eine Entscheidung für Väter und Mütter besonders schwer.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion.
Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Zentralredaktion. © Dirk Brunieck

Daher ist es dieses Mal besonders wichtig, ob die Ständige Impfkommission zu einer Empfehlung kommt und dass bei einer Entscheidung alle verfügbaren Informationen vollständig transparent gemacht werden.

Über mögliche Nebenwirkungen der Impfung, aber auch die langfristigen Gesundheitsrisiken nach einer Infektion. Eltern brauchen das Gefühl der größtmöglichen Sicherheit, wenn Kindern noch nie zuvor massenhaft angewandte Impfstoffe verabreicht werden.

Wer aber am Ende aus Sorge um das Kind gegen die Corona-Impfung entscheiden sollte, der muss ernst genommen werden. Nicht jeder, der bei dieser Impfung zurückhaltend sein mag, ist automatisch ein Impfgegner oder Corona-Leugner.

Kinder-Impfung wirft durchaus ethische Fragen auf

Es ist unbestritten, dass bei den allermeisten Kindern die Corona-Infektion einen milden Verlauf nimmt. Einige Kinder bemerken die Krankheit nicht einmal. Daher ist für das Kind selbst die Notwendigkeit des Impfens geringer als bei einem Erwachsenen, der an Corona sterben kann.

Andererseits sind Kinder auch Überträger des Virus, eine Impfung ist daher auch trotz milder Verläufe sinnvoll. Dann wäre die Impfung aber „fremdnützig“, was durchaus ethische Fragen aufwirft, wie beispielsweise Professor Fred Zepp vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin an der Universität Mainz eingeräumt hat. Auch interessant:Corona-Freizeitbonus – Tausende Kinder gehen leer aus

Diese komplizierte Abwägung gilt es zu treffen und man sollte sie tatsächlich den Eltern überlassen. Übertriebener Druck, Reingequatsche aus der Politik oder Zwang durch die Schule wären der falsche Weg und am Ende sogar kontraproduktiv.

Corona-Bekämpfung: Zu viel schlechte Kommunikation

Am besten werden gute, überzeugende Argumente wirken, die Ängste nehmen und ein Gefühl der Sicherheit schaffen. Die Ständige Impfkommission sollte diese Bedürfnisse von Eltern als besondere Herausforderung begreifen und sich auf einen höheren Informationsbedarf einstellen.

In der staatlichen Corona-Bekämpfung gab es schon zu viel unsäglich schlechte Kommunikation mit der Bevölkerung. Angefangen mit der Verunsicherung über den Sinn des Maskentragens bis hin zu widersprüchlicher Regelungswut bei den Corona-Maßnahmen und den Tests.

Wenn jetzt auch die Jüngsten geimpft werden sollen, müssen Eltern respektvoll und klug überzeugt werden. Plumpe Drohmethoden und Ausgrenzung von ungeimpften Kindern wären in diesem Fall voll daneben.