Washington. Die USA steuern gerade auf einen Shutdown mit fatalen Folgen zu. Schuld daran ist diesmal kein Virus, sondern eine politische Blockade.

Der Countdown läuft. In der Nacht zum Freitag könnte der US-Regierung ein weiteres Mal das Geld ausgehen, mit dem der staatliche Verwaltungsapparat finanziert wird. Dann droht heilloses Chaos wie bereits zehnmal seit Anfang der 1980er-Jahre. Zehntausende von Beamten, die als „nicht essenziell“ eingestuft werden, würden beurlaubt, die meisten von ihnen ohne Bezahlung.

Anträge auf Reisepässe sowie andere Dokumente würden sich auf den Schreibtischen der Behörden stapeln. An den Flughäfen würden sich wieder einmal lange Menschenschlangen bilden, weil es an Personal fehlt, um Pass- und Grenzkontrollen durchzuführen.

Befürchtet, dass das große Konjunkturprogramm von US-Präsident Joe Biden scheitern könnte: die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.
Befürchtet, dass das große Konjunkturprogramm von US-Präsident Joe Biden scheitern könnte: die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. © AFP | MANDEL NGAN

US-Haushaltsjahr endet diesen Freitag

Dass Nationalparks und Museen schließen würden, könnten Urlauber vielleicht noch verschmerzen. Schwieriger wäre es hingegen für Millionen von US-Bürgern, die noch mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben und auf Rentenzahlungen oder Steuererstattungen warten müssten. Lesen Sie auch: Todesstrafe: Arizona will die Gaskammer wieder einführen

Im US-Senat verfehlten die regierenden Demokraten die nötige Mehrheit, um die Frist für den Haushalt bis Dezember zu verlängern. Das Haushaltsjahr endet in der Nacht zum Freitag. Dabei ließe sich das Debakel ohne Weiteres abwenden. Demokraten und Republikaner hätten sich nämlich längst auf ein simples Gesetz verständigen können, das die Zwischenfinanzierung für den Haushalt sicherstellt.

Die Schuld daran, dass das nicht funktioniert, trifft beide Parteien. Es unterstreicht, wie tief Amerika politisch gespalten ist. Angeführt von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, bestehen die Demokraten darauf, eine Zwischenfinanzierung an eine Erhöhung der gesetzlichen Schuldenobergrenze zu koppeln.

Bidens gewaltiges Infrastrukturpaket könnte scheitern

Nur auf diesem Wege kann nämlich verhindert werden, dass in zwei Wochen ein weitaus größeres Desaster eintritt: Gegen Mitte Oktober wird nämlich US-Finanzministerin Janet Yellen sämtliche buchhalterischen Tricks ausgeschöpft haben, mit denen sie bisher verhindern konnte, dass die bestehende Grenze überschritten wird. Lesen Sie auch: Wie viel Trump steckt in Joe Biden?

Einigen sich die beiden Großparteien bis dahin nicht auf eine Anhebung des Limits, drohen zum ersten Mal in der Geschichte der USA Zahlungsausfälle. Chaos an den Finanzmärkten, welches unvermeidlich wäre, würde noch zu den geringsten Sorgen zählen. Führende Ökonomen warnen davor, dass Ratingagenturen die Bonität von US-Staatsanleihen herunterstufen würden.

Auch würde Bidens breit angelegtes Programm zur Erneuerung der Infrastruktur, zur Verbesserung des Gesundheitssystems und zum Kampf gegen den Klimawandel scheitern. Die nächste, womöglich tiefe Rezession könnte die unvermeidliche Folge sein.

Das Desaster ist rein politisch motiviert

Die Demokraten könnten ohne Weiteres die Zwischenfinanzierung zur Verhinderung eines Shutdowns von der Diskussion um die Schuldenobergrenze trennen. Doch Nancy Pelosi weiß sehr wohl, dass dann Bidens Konjunkturprogramm platzen würde. Und darauf ist die Partei, die bei den Kongresswahlen im November 2022 um ihre Mehrheiten bangen muss, dringend angewiesen.

Mitch McConnell, der Chef der Republikaner im Senat, will das Gesetz hingegen aus genau denselben Gründen blockieren. Mit Blick auf die Wahlen will er den Demokraten diesen Erfolg verweigern.

So gesehen ist das Desaster rein politisch motiviert, ein Armutszeugnis für beide Parteien. Zu erwarten ist, dass es buchstäblich um fünf vor zwölf ein Gesetz gibt, das die Zwischenfinanzierung sicherstellt. Ob mit oder ohne staatlichen Verwaltungsstillstand, der dann aber wohl kaum mehr als ein paar Tage dauern würde.