Wenn es an Inhalten fehlt, schweift der Blick schnell ab auf Oberflächlichkeiten. So leider auch in diesem Wahlkampf. Ein Kommentar.

Noch nie war ein langweiliger Wahlkampf so spannend. Eine paradoxe Feststellung? Nur auf den ersten Blick. Beim Kampf um Stimmen, Mandate und am Ende um das Kanzleramt erlebt die Öffentlichkeit eine spektakuläre Achterbahnfahrt der politischen Stimmung.

Armin Laschet startete mit Blessuren in die Kanzlerkandidatur, war schnell der Umfragekönig und kämpft jetzt wieder gegen einen harten Trend nach unten. Ähnliche Wechselbäder erlebte die grüne Spitzenfrau Annalena Baerbock, die furios startete und sich seit Wochen selbst der größte Gegner ist.

Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion Berlin
Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion Berlin © Dirk Bruniecki

Ausgerechnet der, den alle schon abgeschrieben hatten, arbeitet sich zäh nach oben. Ob Olaf Scholz für die SPD am Ende als Sieger oder Sisyphos endet – alles scheint offen. Denn trotz schwacher SPD hat die Union ihren Ruf als verlässliche bürgerliche Machtmaschine, die am Ende immer irgendwie Verantwortung trägt, eingebüßt. Nur so kann man die aktuellen Meinungsumfragen interpretieren.

Schwarz-Grün, Grün-Rot-Gelb, Schwarz-Rot-Gelb, „Jamaika“ – alles scheint in diesem hektischen Auf und Ab derzeit möglich. Das ist der einzig spannende Teil am derzeitigen Wahlkampf. Der Rest ist leider enttäuschend.

Wo es aber an Inhalten fehlt, ist es kein Wunder, dass der Blick auf Oberflächlichkeiten abschweift. Wie guckt der Kandidat? Wer weiß, wo das Oderbruch liegt? Wer hat vor vielen Jahren mal was abgeschrieben?

Nichts davon ist wirklich wichtig, gemessen an den Herausforderungen, vor denen das Land steht. Es ist also höchste Zeit für einen neuen Wahlkampf-Level. Starke Inhalte und mutige Positionen müssen her, gerne auch handfester Streit. Alles ist besser als ein öder Wettkampf echter und vermeintlicher Fehltritte.