Berlin. Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz treffen sich zum ersten Kandidatenwettstreit. Es bleibt eine brave Gesprächsrunde.

Zumindest zwei der geladenen Kanzlerkandidaten bleiben auf dem Teppich: der SPD-Bewerber Olaf Scholz, amtierender Bundesfinanzminister, und die Grünen-Mitbewerberin Annalena Baerbock. Beide sitzen physisch anwesend im ARD-Hauptstadtstudio in Berlin, das mit silbergrauem Teppichboden ausgelegt ist. Armin Laschet, der Kanzlerkandidat der Union, schwebt dagegen. In etwa ein Meter fünfzig Höhe.

Der CDU-Vorsitzende und NRW-Regierungschef ist per Video aus der Landeshauptstadt Düsseldorf zugeschaltet. Der Bildschirm, von dem aus Laschet an der Runde teilnimmt, hängt zwar zwischen den Wettbewerbern Baerbock und Scholz. Und doch scheint es Laschet schwerer zu haben, seinen Platz zwischen den Kandidaten zu finden.

Baerbock, Laschet und Scholz geben sich freundlich

„Herr Laschet, ich hol Sie mal wieder in unsere Rund mit rein“, wird die Moderatorin, WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni, im weiteren Lauf der einstündigen Sendung gleich mehrmals sagen. Es ist der bislang erste offizielle Schlagabtausch der drei Kandidaten für die Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Schnell wird aber klar, dass die drei mit dem Format noch ein wenig fremdeln. Die politischen Argumente fliegen nicht wie scharf geschossene Pfeile durch den Raum, sondern werden meist freundlich gereicht wie Käsewürfel auf Spießchen. Möglich, dass sich dies im Lauf des Wahlkampfs noch ändert. Lesen Sie auch: Die Grünen - Wichtige Fragen und Antworten zur Partei

Da das „Triell“ im Rahmen des WDR-Europaforums stattfindet, ist die EU das erste Thema. Zum warm werden sollen die drei zunächst kurz sagen, was sie an Europa nervt. Das mit dem „kurz“ wird zumindest für Scholz und Laschet zum Problem. Laschet stört sich wortreich an der Detailversessenheit der EU, auch Scholz erklärt, dass in der EU seiner Meinung nach „immer alles so lange dauert“.

Beim Thema Verteidigung wird es lebhaft

Nur Baerbock gelingt es tatsächlich in knapper Form: „Das Einstimmigkeitsprinzip“, sagt sie. Gemeint ist die Regel der EU, dass bei gemeinsamen Entscheidungen alle 27 Mitgliedsstaaten zustimmen müssen. Der erste lebhafte Moment kommt beim Thema Verteidigung.

Als Scholz erklärt, dass sich Deutschland wegen der Corona-bedingt schwachen Konjunktur derzeit eher dem Nato-Ziel nähert, zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in Verteidigungsausgaben zu investieren, bricht es aus Baerbock heraus: „Das zeigt ja, wie absurd das Ziel ist!“ Man müsse statt dessen gemeinsam mit den USA Sicherheitsinteressen definieren, statt sich auf Prozentzahlen zu versteifen. Auch interessant: So funktioniert das deutsche Wahlsystem

Da grätscht Laschet aus Düsseldorf dazwischen. „Ich glaube, hier wird eine Menge drum herum geredet“, blafft CDU-Chef in Richtung der Grünen-Kandidatin. Baerbock solle doch offen sagen, dass die Verteidigungsausgaben dann sogar auch über zwei Prozent liegen könnten. Zudem kritisiert er, Baerbock distanzieren sich mit ihrer Haltung von den gemeinsamen Zielen, auf die sich das Bündnis Nato-Staaten geeinigt habe.

Einigkeit herrscht beim Thema USA

Weitgehend einig zeigen sich die drei, dass es eine Wiederbelebung des Verhältnisses zu den USA nach der Abwahl von Präsident Donald Trump und dem Antritt der neuen Administration von Joe Biden geben muss. Auch in Bezug auf die neue Eskalation des Nahost-Konflikts zwischen der radikalen Hamas und Israel liegen die Positionen der Kandidaten nicht weit auseinander. Die Gewalt müsse gestoppt werden.

Scholz verteidigt die deutsch-israelische Rüstungskooperation. Sie haben den Zweck, dass Israel sich schützen könne. Laschet sagt, es dürfe keine direkte Gespräche mit der „besonders terroristischen Hamas“ geben. Und Baerbock betont, Deutschland müsse „intensive Telefondiplomatie“ zu Staaten aufnehmen, die wiederum Drähte zur Hamas haben. Auf diesem indirekten Wege müsse Deutschland Einfluss nehmen.

Nach gut einer Dreiviertelstunde kommt das Herzensthema der Grünen dran: das Klima. Doch zuerst ist Laschet dran. Er lobt die Bundesregierung. Sie habe sehr schnell auf das jüngste Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert. Die entscheidende Frage für die Zukunft sei nun: „Wie können wir ein klimaneutrales Industrieland bleiben.“

Klimaschutz: Das sagen Bearbock, Laschet und Scholz

Scholz spricht von Milliardeninvestitionen, die für Wind- und Wasserkraftwerke sowie für Fotovoltaikanlagen erforderlich werden. 100 Terrawatt seien bis 2030 zusätzlich notwendig, wenn Deutschland aus Atom- und Kohleenergie ausgestiegen sei.

Dann darf Baerbock. Sie spricht vom Umbau des Landes in „eine sozial-ökologische Marktwirtschaft“. Deutschland stehe an einer historischen Wegscheide. Kurz darauf listet sie einige brisante Forderungen aus dem Grünen-Wahlkampf auf.

Etwa, ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen. Oder keine Flüge mehr auf Strecken fahre zu lassen, „die wir eigentlich mit der Bahn machen könnten“. Letzteres war neulich ein ganz besonderer Aufreger. In der Dreierrunde der Kandidaten zur Bundestagswahl bleibt hingegen alle entspannt.