Pokrow. Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist in einen Hungerstreik getreten. Er klagt über Lähmungserscheinungen und kämpft um ärztliche Hilfe.

Der in einem russischen Straflager inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist in einen Hungerstreik getreten. Damit protestiert der 44-Jährige gegen nach seinen Angaben fehlende ärztliche Hilfe. Er wolle durch die Aktion erreichen, dass ihn ein Arzt besuchen dürfe, um ihn wegen seiner starken Rücken- und Beinschmerzen zu behandeln, schrieb Nawalny am Mittwoch im Onlinedienst Instagram.

Die Gefängnisbehörde widersprach dem Vorwurf nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax und erklärte, Nawalny erhalte jegliche notwendige medizinische Versorgung. Der bekannteste russische Oppositionspolitiker ist in Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir inhaftiert; ein russisches Gericht hatte ihn im Februar nach seinem Aufenthalt in Deutschland, wo er nach einem Giftanschlag behandelt worden war, zu mehreren Jahren Haft in einem Straflager verurteilt.

Alexej Nawalny Mehr zum Kreml-Kritiker

Nawalny im Hungerstreik: Kreml-Kritiker kämpft um ärztliche Hilfe

Nawalnys Mitarbeiter hatten sich zuletzt besorgt über dessen Gesundheitszustand gezeigt. Der 44-Jährige leidet nach eigenen Angaben unter einem eingeklemmten Nerv im Rücken. Der Politiker schrieb bei Instagram, dass die Rückenschmerzen in sein rechtes Bein ausstrahlten und zu Lähmungserscheinungen führten. Ärzte und Anwälte fürchten, dass er das Beim verlieren könnte. Auch im linken Bein habe er nun allmählich kein Gefühl mehr, schrieb Nawalny.

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Auch die russische Allianz der Ärzte – eine unabhängige Gewerkschaft – hatte einen offenen Brief an den Strafvollzug geschrieben mit dem Appell, Nawalny rasch medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Der Strafvollzug sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, der prominente Gegner von Präsident Wladimir Putin werde gefoltert – durch die Verweigerung einer Behandlung und zusätzlich durch Schlafentzug. Nawalny schrieb bei Instagram, dass er nachts acht Mal geweckt werde.

So sieht Nawalnys Straflager aus

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    Nawalny-Protest: Gefängnisbehörde widerspricht Vorwürfe

    Die Gefängnisbehörde bestritt die Vorwürfe am Mittwoch in einer Erklärung. „Die Vollzugsbeamten halten sich strikt an das Recht aller Häftlinge auf einen ununterbrochenen achtstündigen Schlaf.“ Die anderen Häftlinge fühlten sich durch die nächtlichen Kontrollen nicht gestört, fügte die Behörde hinzu.

    Alexej Nawalny ist in einen Hungerstreik getreten. Der in einem Straflager inhaftierte Kreml-Kritiker kämpft damit nach eigenen Angaben um ärztliche Hilfe.
    Alexej Nawalny ist in einen Hungerstreik getreten. Der in einem Straflager inhaftierte Kreml-Kritiker kämpft damit nach eigenen Angaben um ärztliche Hilfe. © dpa | Alexander Zemlianichenko

    „Ich liege nun hungrig, aber noch mit beiden Beinen“, sagte Nawalny. Er habe das Recht auf einen Arzt und auf Medikamente, bekomme aber beides nicht. Mitgefangene hätten ihn wissen lassen, dass das Leben eines Häftlings in dem Lager weniger wert sei als eine „Schachtel Zigaretten“. Lesen Sie hier:Alexej Nawalny: So sieht es in russischen Straflagern aus

    Nawalny war nach Giftanschlag in Deutschland behandelt worden

    Nawalny, der als der größte Widersacher Putins gilt, war im vergangenen August in Russland Opfer eines Giftanschlags geworden, für den er den russischen Geheimdienst und den Kreml verantwortlich macht. Der 44-Jährige wurde nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charité behandelt.

    Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Moskau im Januar wurde er dann festgenommen. Im Februar wurde Nawalny in einem international kritisierten Verfahren wegen angeblicher Verstöße gegen seine Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Haft in einem Straflager verurteilt.

    Die EU und die USA kritisieren das Vorgehen als politisch motiviert. Sie fordern Nawalnys Freilassung und haben gegen Russland Sanktionen verhängt. Der Oppositionelle ist in der berüchtigten Strafkolonie Nr. 2 in der Kleinstadt Pokrow inhaftiert. In der vergangenen Woche hatte Nawalny bei der Strafvollzugsbehörde eine offizielle Beschwerde wegen seiner Haftbedingungen eingereicht. (dpa/afp/fmg)