Sanaa. Mehr als 80 Tote: Am Sonntag brannte ein Migrantenlager in Sanaa, der Hauptstadt des Jemen. Doch erst jetzt wird das Ausmaß deutlich.

Bei einem Brand in einem Migrantenlager in Sanaa, der Hauptstadt des Jemen, sind medizinischen Kreisen zufolge mehr als 80 Menschen ums Leben gekommen. Diese Zahl könnte noch steigen: Die meisten der weiteren 150 Verletzten schwebten in Lebensgefahr, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch. Die Mehrzahl der Opfer seien Migranten. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren fast 900 Migranten vorwiegend aus Äthiopien in dem Lager untergebracht.

Der Brand war schon am Sonntag ausgebrochen. Zunächst hieß es von den Behörden in dem Bürgerkriegsland, mindestens acht Menschen seien ums Leben gekommen und 170 weitere verletzt worden, davon mehr als 90 schwer. Doch schon am Sonntag gab es Zweifel an den Totenzahlen.

Brand in Sanaa: Huthi-Rebellen unterdrücken die Berichterstattung

„Die Gesamtzahl an Todesopfern ist Berichten zufolge viel höher“, teilte die IOM via Twitter mit. Ein Mitarbeiter der Einwanderungs- und Passbehörde in Sanaa sprach am Montag von „Dutzenden Toten“, nannte aber keine weiteren Details. Lesen Sie auch: Wer ist jetzt Freund, wer Feind? Das ist der neue Nahe Osten

Die Huthi-Rebellen, die den Norden des Jemen einschließlich der Hauptstadt Sanaa kontrollieren, hätten strenge Regeln in den Krankenhäusern erlassen, hieß es aus medizinischen Kreisen. Vertreter und Augenzeugen dürften nicht öffentlich über den Brand oder die Zahl der Opfer sprechen. Die Huthi-Rebellen kommentierten den Brand zunächst nicht.

Das Bürgerkriegsland Jemen wird immer wieder von schweren Kämpfen erschüttert. Am Sonntag gingen bei Luftangriffen des von Saudi-Arabien angeführten Bündnisses der Regierung mehrere Raketen auf die von den Huthi-Rebellen besetzte Hauptstadt Sanaa nieder. Dabei sollen mindestens 120 der vom Iran unterstützten Rebellen getötet worden sein.
Das Bürgerkriegsland Jemen wird immer wieder von schweren Kämpfen erschüttert. Am Sonntag gingen bei Luftangriffen des von Saudi-Arabien angeführten Bündnisses der Regierung mehrere Raketen auf die von den Huthi-Rebellen besetzte Hauptstadt Sanaa nieder. Dabei sollen mindestens 120 der vom Iran unterstützten Rebellen getötet worden sein. © dpa | Hani Al-Ansi

Haben die Aufseher des Lagers den Brand selbst verursacht?

Die Ursache des Brands blieb zunächst unklar. Die jemenitische Menschenrechtsorganisation Mwatana for Human Rights teilte mit, dass einige der Verletzten festgenommen worden seien. Ihnen werde humanitäre Hilfe und der Besuch von Angehörigen verwehrt. Die Organisation berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, dass zwischen Migranten und Huthi-Aufsehern Streit ausgebrochen sei.

Als der Streit eskalierte eskalierte, hätten die Aufseher „rauchende Projektile“ durch das Fenster geworfen. Diese seien explodiert und hätten den Brand verursacht. Im Internet kursierte ein Video, das Szenen nach dem Brand zeigen soll. In einem ausgebrannten Raum liegen mehrere verkohlte Leichen teils übereinander am Boden.

UNO warnt vor schlimmster Hungersnot im Jemen seit Jahrzehnten

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