Bagdad. Er kam, sah und begeisterte: Der Papstbesuch im Irak hat begonnen - für die christliche Minderheit eine Visite von unschätzbarem Wert.

Kardinal Louis Raphael Sako ist beeindruckt. Was den chaldäischen Patriarchen im Irak bewegt, ist nicht nur die Begeisterung seiner Christen, sondern die Euphorie, die der Papstbesuch im Land auch bei den Muslimen ausgelöst hat. „Es herrscht eine außergewöhnliche Erwartung“, erzählt er Radio Vatikan.

Es ist der erste Visite eines katholischen Oberhaupts im Irak. Gleich zum Auftakt der viertägigen Reise rief der 84-Jährige Franziskus Iraks Führung am Freitag auf, allen religiösen Gruppen Rechte und Schutz zu gewähren. Er verschafft den Christen im Land die Aufmerksamkeit, die sie sich dringend erhofft hatten.

Papst: „Die Waffen sollen schweigen.“

Die verfolgte christliche Gemeinde ist in den vergangenen Jahrzehnten stark geschrumpft. Insbesondere in den von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Gebieten litten alle religiösen Minderheiten. Einst lebten mehr als eine Million Christen im Irak. Heute sollen es noch 250.000 bis 400.000 sein.

„Niemand darf als Bürger zweiter Klasse angesehen werden“, rief der Pontifex bei einem Empfang mit Staatschef Barham Salih im Präsidentenpalast aus. Zugleich forderte er ein Ende der Gewalt im Land: „Die Waffen sollen schweigen. “

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Trotz Corona: Gläubige beim Empfang für Franziskus

Die Kirchen des Landes ließen ihre Glocken läuten, als die Papstmaschine in Bagdad landete. Außerhalb des Flughafens versammelten sich Gläubige und schwenkten Fahnen des Irak. Viele Menschen standen trotz der Corona-Pandemie dicht gedrängt. Auf einem mehr als zehn Meter großen Poster stand „Francis, you are welcome in Iraq!“ – „Franziskus, du bist willkommen im Irak“.

Staatschef Salih sagte, die Reise sei Beweis für die Sorge des Papstes um das Land. „Ihre Anwesenheit erfüllt die Iraker mit Stolz.“ Christen in der Region hätten viel Leid erfahren und Krisen erlebt, die sie zur Auswanderung gezwungen haben, erklärte er weiter. Ohne Christen sei die Region aber nicht vorstellbar.

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Am Sonntag besucht er die Gemeinden im Nordirak

Tatsächlich betritt der Papst einen für Christen geschichtsträchtigen Boden. Abraham wurde hier geboren und Jona vom Wal verschluckt - so steht es in der Bibel.

Demonstrativ besucht auch der Papst die Bagdader Kathedrale Sajjidat-al-Nadscha („Unserer Lieben Frau der Erlösung“). Die Kirche war 2010 Ziel eines blutigen Angriffs des Terrornetzwerks Al-Kaida. Damals wurden mindestens 50 Gläubige getötet.

Im Mittelpunkt der Papstvisite steht der interreligiöse Dialog. Am Sonntag reist Franziskus zu den Gemeinden in die nordirakischen Städte Mossul und Karakosch. (san)

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