Berlin. Der neue IMK-Vorsitzende Thomas Strobl (CDU) über den Kampf gegen mutierte Coronaviren und Cyberangriffe auf die Impfstoffproduktion.

An diesem Montag übernimmt Thomas Strobl für ein Jahr den Vorsitz der Innenministerkonferenz (IMK). Die Pandemie will er mit drastischen Maßnahmen bekämpfen. „Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass in dieser Situation überhaupt touristische Reisen stattfinden“, sagt der baden-württembergische Innenminister, der auch stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender ist, im Telefoninterview mit unserer Redaktion.

Herr Strobl, lassen sich Coronaviren an Staatsgrenzen aufhalten?

Thomas Strobl: Die mutierten Coronaviren sind eine sehr große Gefahr. Sie sind auch schon in Deutschland, aber wir müssen einen weiteren Eintrag so gut es geht verhindern. Alles andere wäre blauäugig und fahrlässig. Die Einreise aus Hochrisikogebieten und Mutationsgebieten muss heruntergefahren werden, so weit das irgend möglich ist. Ich bin hier für strikte Einreiseverbote – mit allem, was das deutsche Verfassungsrecht und das europäische Recht hergeben.

Wie weit würden Sie gehen?

Strobl: Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass in dieser Situation überhaupt touristische Reisen stattfinden. Wie kann man jetzt in vollgestopften Flugzeugen fröhlich herumreisen? Das ist nicht in Ordnung. Wir müssen den Flugverkehr – zumindest aus Ländern, in denen sich Corona-Mutationen ausbreiten – auf nahe null bringen. Frachtflugzeuge mögen eine Ausnahme sein. Auch Grenzschließungen wie im Frühjahr – so schmerzhaft sie sind – dürfen kein Tabu sein.

Ist ein deutscher Alleingang klug?

Strobl: Natürlich wünsche ich mir ein einheitliches Vorgehen in Europa. Aber wenn es um den Schutz von Menschenleben, um den Schutz vor aggressiven Corona-Mutanten geht, kann man nicht auf Europa warten.

Was bringen drastische Reisebeschränkungen, wenn gleichzeitig Schulen und Kitas wieder öffnen? Baden-Württemberg ist da besonders forsch …

Strobl: Das stimmt nicht. Vorerst machen wir Schulen und Kitas nicht auf. Wie es weitergeht, hängt vom Infektionsgeschehen ab. Freilich muss man bei Kindern auch besonders auf die psychosozialen Faktoren achten: Kinder brauchen andere Kinder, brauchen das Miteinander. Deshalb sind wir uns in der Landesregierung einig, dass Schulen und Kitas Vorrang haben, sobald Lockerungen möglich sind.

Thomas Strobl will als Vorsitzender der Innenministerkonferenz noch striktere Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie durchsetzen.
Thomas Strobl will als Vorsitzender der Innenministerkonferenz noch striktere Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie durchsetzen. © imago images/7aktuell | imago stock

Der Lockdown ist bis 14. Februar befristet. Was soll danach geschehen?

Strobl: Die traurige Wahrheit ist, dass das heute noch niemand verlässlich sagen kann. Alles hängt von der Entwicklung der Lage ab. Für mich ist völlig klar: Die Einschränkungen gibt es nur so lange, wie es unbedingt notwendig ist. Freilich wäre es fatal, jetzt den Fehler des Lockdowns light im November zu wiederholen. Damals wurden Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Maßnahmen gemacht, die enttäuscht werden mussten.

Es hat Cyberangriffe auf Impfstoffhersteller gegeben. Ist die Herstellung der Vakzine bedroht?

Strobl: Cyberattacken sind ein sehr großes Problem für die Wirtschaft – auch für die gesamte Lieferkette von Impfstoffen. Dort kann das so weit gehen, dass die Produktion von Impfstoffen lahmgelegt wird. Die Cyberangriffe kommen aus der ganzen Welt. Unsere Polizei und unsere Verfassungsschützer haben ein scharfes Auge darauf.

In Baden-Württemberg beraten wir auch Unternehmen, wie sie sich schützen und ihre Informationstechnik robust machen können. Unser Land hat in der Pandemie erfreulicherweise einen großen Sprung bei der Digitalisierung gemacht. Aber je mehr wir uns digitalisieren, desto angreifbarer werden wir. Als Vorsitzender der Innenministerkonferenz werde ich das Thema Cybersicherheit – die digitale Abwehr von Straftaten, Sabotage und Spionage – zu einem besonderen Schwerpunkt machen.

Auch die „Querdenken“-Bewegung hat die Impfkampagne ins Visier genommen …

Strobl: Die „Querdenker“ sind eine Gefahr für unsere Demokratie. Aus dem legitimen Protest gegen Corona-Maßnahmen ist eine Staats- und Demokratiefeindlichkeit in bedenklichem Ausmaß geworden. Insofern ist die Entscheidung unseres Landesamts für Verfassungsschutz richtig, die operative Ebene der „Querdenker“ mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten. Wir müssen wissen, was diese Leute im Schilde führen.