Berlin. Fast 870.000 Kinder wachsen bei einem alleinerziehenden Elternteil in Hartz IV auf. Linke-Chefin Kipping fordert finanzielle Entlastung.

Knapp 870.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen nach Angaben der Bundesregierung bei einem alleinerziehenden Elternteil in Hartz IV auf. Die Gesamtzahl der Hartz IV-Haushalte, in denen Unterachtzehnjährige nur mit der Mutter oder dem Vater aufwachsen, lag zuletzt bei fast 530.000, wie aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt.

Die jüngsten Zahlen stammen von 2019 und sind in den Vorjahren stetig zurückgegangen. Im Jahr 2016 lebten noch rund 963.000 Kinder und Jugendliche bei einem alleinerziehenden Elternteil. Das waren etwa 94.000 mehr als 2019. Die Gesamtzahl der Hartz-IV-Haushalte, in denen Kinder nur mit Vater oder Mutter aufwuchsen, lag 2016 bei 606.000. Das waren rund 80.000 mehr als vier Jahre danach.

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Linke-Chefin kritisiert geteilten Hartz IV-Regelsatz

Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping kritisierte die Politik der Bundesregierung vor allem in jenen Fällen, in denen getrennte Elternteile jeweils in eigenen Hartz IV-Haushalten leben und sich im Wechsel um die gemeinsamen Kinder kümmerten. Derzeit würden der Hartz IV-Regelsatz der Kinder sowie das Sozialgeld „entsprechend der Aufenthaltsdauer zwischen den Elternteilen aufgeteilt“. Unberücksichtigt blieben dabei jedoch Ausgaben, „die durch die Wahrnehmung des geteilten Umgangsrechts zusätzlich entstehen“, sagte Kipping unserer Redaktion.

Als Beispiele nannte Linke-Politikerin „doppelt und in beiden Haushalten benötigte Gegenstände des Kindes wie Bettwäsche, Zahnbürste, Schlafanzug, Spielzeug und Rucksack“. Hinzu kämen die „kindbezogenen Fixkosten für Strom, Heizung, Haushaltsgeräte oder Vereinsbeiträge beim Elternteil, bei dem sich das Kind gerade nicht aufhält“. Diese Kosten liefen weiter, ohne dass sie durch den staatlichen Leistungsbezug abgedeckt seien, kritisierte die Linke-Chefin.

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Kipping fordert einen „Umgangsmehrbedarf“

Kipping forderte daher die Einführung eines sogenannten Umgangsmehrbedarfs. Für Fälle, in denen beide Eltern in Hartz IV getrennt voneinander lebten, müsse der jeweilige Kindersatz „um fünfzig Prozent erhöht werden“, verlangte die Linken-Politikerin. Dagegen sei die derzeitige tagesgenaue Berechnung der Leistung „aufwendig und führt zu Bürokratiekosten“.

Überdies erschwere es eine konfliktfreie Absprachen der getrennten Eltern über den Umgang, wenn sich beide in einer Situation befänden, in der „jeder Euro dreimal umgedreht werden muss“. (ape)

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