Berlin. Die USA sind gespalten. Der Versöhnungsprozess wird eine schwere Aufgabe für den neuen Präsidenten. Ebenso wie der Kampf gegen Corona.

Er erklärte sich nicht zum Wahlsieger, Joe Biden trat allerdings schon wie der designierte nächste US-Präsident auf, als er am späten Freitagabend (Ortszeit) vor Anhängern in Wilmington im Bundesstaat Delaware redete. Da wurde die Agenda des voraussichtlich nächsten US-Präsidenten deutlich.

Oberste Priorität hat der Kampf gegen Corona. Biden kündigte einen Plan an, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Mit der Umsetzung muss der 77-Jährige Demokrat freilich noch warten. Die Amtseinführung ist für den 20. Januar 2021 terminiert.

Wiewohl er wie der sichere Sieger aussieht, die Ziellinie zum Greifen nahe ist, muss sich Biden einerseits in Geduld üben, andererseits alle Vorbereitungen treffen, um gleich am ersten Tag im Weißen Haus das Krisenmanagement zur Chefsache zu machen. Der bisherige Präsident Donald Trump hatte die Pandemie im Wesentlichen verharmlost.

Joe Biden: Versöhnen statt spalten

Dabei haben die Vereinigten Staaten gerade erst am dritten Tag einen neuen Höchststand gemeldet: 127.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. Fast 240.000 Amerikaner seien bisher an den Folgen einer Infektion mit dem Covid-19 gestorben. Deren Familien sollten wissen, dass sie nicht alleine seien, sagte Biden.

Vielleicht helfen ihm sichtbare Erfolge bei der Bekämpfung der Pandemie bei einer anderen Aufgabe, die langfristig vielleicht politisch noch anspruchsvoller ist: das gespaltene Land zu einen. „Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feind e“, rief er aus. „Lasst uns den Zorn und die Dämonisierung hinter uns lassen.“ Da wurde Bidens politischer way of life deutlich: versöhnen statt spalten.

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    Natürlich will Biden „nicht zulassen, dass die Auszählungen gestoppt werden“. Gleichzeitig ist das nahe liegende Ziel, den Streit darüber schnell zu überwinden: „Wir dürfen keine weitere Zeit mit parteipolitischem Krieg verschwenden.“

    Neben dem Kampf gegen Corona kündigte er Maßnahmen an, um Wirtschaft zu stützen. Er will anders als Trump den Klimaschutz vorantreiben und gegen den strukturellen Rassismus vorgehen. Die Wähler wollten, dass das Land zusammenkommt und „nicht weiter auseinanderreißt.“ Amerika wird sich auf absehbare Zeit vornehmlich mit sich selbst beschäftigen.

    Biden kommt zugute, dass sich die Kräfteverhältnisse im Repräsentantenhaus und Senat gerade zugunsten der Demokraten drehen. Die Rahmenbedingungen im Kongress sehen sowohl für den Spitzenkandidaten als auch für seine Partei besser aus, als es noch am Wahlabend schien. Lesen Sie auch: US-Wahl 2020: In diesen Staaten wird die Wahl entschieden

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    Beim Versöhnungsprozess kann er auf einen nicht zählen: Trump. Alles, was zu einer Demokratie auch gehört, Respekt voreinander und ein Minimum an Kontinuität im Wechsel ist mit Trump nicht vorstellbar. Wenn er das Weiße Haus verlässt, hinterlässt er verbrannte Erde – und dann geht er mit der Legende eines Wahlbetrugs. Wenn er denn geht...

    Während Biden noch einmal die Nation dazu aufrief, sich in Geduld zu üben, zeigte sein Wahlkampfmanager Andrew Bates bei CNN, dass die Demokraten auch die offene Konfrontation nicht scheuen: „Die Regierung der Vereinigten Staaten ist durchaus in der Lage, Eindringlinge aus dem Weißen Haus zu eskortieren.“