Brüssel. EU-Staaten, die gegen Rechtsstaatlichkeit verstoßen, sollen die Mittel aus Brüssel gekürzt werden können. Dafür gab es eine Einigung.

Nach rund dreiwöchigen Verhandlungen in Brüssel ist nun klar: Regierungsvertreter aus EU-Staaten und das Europaparlament haben sich auf ein Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit geeinigt. Das bestätigten Abgeordnete und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag.

Mit dem neuen Mechanismus könnte es erstmals in der Geschichte der Europäischen Union möglich werden, die Missachtung von grundlegenden EU-Werten im großen Stil finanziell zu ahnden. Konkret soll dies zum Beispiel dann der Fall sein, wenn eine mangelnde Unabhängigkeit von Gerichten in einem Empfängerstaat den Missbrauch von EU-Mitteln ermöglicht oder ganz klar fördert. Vor allem Ungarn und Polen wurde zuletzt immer wieder vorgeworfen, den Einfluss der Regierung auf die Justiz auszubauen.

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EU-Mittel können bei Verstoß gegen Rechtsstaatlichkeit gekürzt werden

Brisant ist die Einigung, weil die Regierungen in Ungarn und Polen mit einer Blockade von wichtigen EU-Entscheidungen zum langfristigen Gemeinschaftshaushalt drohen, sollte der Rechtsstaatsmechanismus wirklich eingeführt werden. Dies könnte auch dazu führen, dass das geplante Corona-Konjunkturprogramm der EU nicht starten kann.

Eine Mehrheit der EU-Staaten hatte Ende September aber dennoch dafür gestimmt, Verhandlungen mit dem Parlament über den Mechanismus zu beginnen. Wegen des Drucks der Abgeordneten wird das Bestrafungsinstrument nun sogar schärfer werden, als es von der Mehrheit der EU-Staaten angedacht war.

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Strafen können zeitlich verhängt werden

So erreichte das Parlament beispielsweise, dass Strafen zeitlich schneller verhängt werden können und dass schon dann gehandelt werden könnte, wenn wegen Brüchen der Rechtsstaatlichkeit ein Missbrauch von EU-Mitteln droht.

Der ursprünglich auf dem Tisch liegende Vorschlag sah vor, Kürzungen von EU-Finanzhilfen nur dann zu ermöglichen, wenn Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit „in hinreichend direkter Weise Einfluss“ auf die Haushaltsführung und die finanziellen Interessen der Union haben. (dpa/les)