Berlin. Das Verhältnis zwischen Angela Merkel und US-Präsident Trump ist zerrüttet. Die Kanzlerin hat aber einen Weg gefunden, damit umzugehen.

Es gibt eine Schlüsselszene für das Verhältnis zwischen Angela Merkel und Donald Trump. Bei ihrem ersten Besuch im Weißen Haus im März 2017 überraschte Trump bei einer Pressekonferenz mit den Worten: „Zumindest haben wir etwas gemeinsam.“ Da entgleisten selbst der beherrschten Merkel irritiert die Gesichtszüge. Trump spielte auf Vorwürfe an, Obama habe ihn angeblich abhören lassen. Wie einst Merkel durch die NSA.

Dass es mit Donald Trump schwerer werden würde als mit seinem Vorgänger Barack Obama, darüber hat sich Merkel nie Illusionen gemacht. Zu unterschiedlich sind die beiden: Dort der impulsive Geschäftsmann, der multilaterale Formate verachtet und starke Frauen suspekt findet; hier die vorsichtige Physikerin, deren Politik auf Bündnissen und Fakten basiert. Ein Gegensatz, der sich auch im Umgang mit Corona zeigt.

Lange folgte Angela Merkel dem Grundsatz: Wenn jemand im Amt ist, muss man auch mit ihm klarkommen. Doch ihr Versuch, mit Trump ein funktionierendes Arbeitsverhältnis aufzubauen, scheiterte. Schon beim ersten Besuch waren Merkel-Vertraute entsetzt, wie wenig Trump über internationale Politik wusste. Beim Fototermin gab er trotz mehrfacher Aufforderung der Kameraleute Merkel nicht die Hand. Später sagte er, er habe die Bitte nicht gehört.

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Das Bild spricht Bände: Merkel und Trump beim G7-Gipfel 2018 in Kanada.
Das Bild spricht Bände: Merkel und Trump beim G7-Gipfel 2018 in Kanada. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Jesco Denzel

Merkel glaubt nach wie vor an transatlantische Partnerschaft

Ein weiterer Tiefpunkt: der G7-Gipfel im kanadischen La Malbaie 2018. Mühsam hatte Merkel Trump dazu bekommen, die Abschlusserklärung zu unterzeichnen. Kurz nach Abreise widerrief Trump. Er hatte sich über Äußerungen von Gastgeber Justin Trudeau geärgert.

Erst seit sich ihr eigener Rückzug abzeichnet, erlaubt sich Merkel eine deutlichere Haltung. Im Sommer gab sie Trump einen Korb für den G7-Gipfel, der für Ende Juni in den USA geplant war. Offiziell wegen Corona. Sicher ist aber auch, dass sie keinen Anlass sah, ausgerechnet Trump mit Gipfel-Bildern Wahlkampfhilfe zu leisten.

Im Kanzleramt stellt man sich auf alles ein: Gewinnt Joe Biden, wird Merkel ihre verbleibende Amtszeit für eine Neubelebung der Beziehungen nutzen. Gewinnt Trump, wird sie ihn stoisch ertragen – und Konflikte ihrem Nachfolger überlassen.

Mit Trump hat Merkel abgeschlossen, mit dem transatlantischen Verhältnis aber nicht. Für sie bleibt es der Garant von Stabilität in einer Welt, in der China und Russland zunehmend die alte Ordnung aufmischen.