Berlin. Arbeitsminister Hubertus Heil will einen Rechtsanspruch auf Homeoffice festlegen. Den Anstoß habe auch die Corona-Pandemie gegeben.

  • Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) möchte einen Rechtsanspruch auf Homeoffice durchsetzen
  • Armin Laschet (CDU) und Peter Altmaier (CDU) ein bundesweites Gesetz für nicht hilfreich
  • Das Kanzleramt hält Heils Gesetzesentwurf nicht einmal für eine Abstimmung zwischen den Bundesministerien geeignet
  • Was genau plant Heil und wie stehen seine Chancen auf Erfolg? Eine Übersicht

Seit Beginn der Corona-Pandemie im Herbst, arbeiten vielen Menschen vermehrt im Homeoffice. Ansteckungen könnten den eigenen Betrieb lahmlegen. Hubertus Heil nennt es einen „ungeplanten Großversuch“.

Die Erfahrungen mit dem Homeoffice sind so gut, dass der Arbeitsminister einen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten schaffen will. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der SPD-Mann auf den Weg gebracht. Der „Bild am Sonntag“ sagte er, „wo es möglich ist, sollen alle Angestellten einen gesetzlichen Anspruch von mindestens 24 Tagen pro Jahr für mobile Arbeit bekommen“. Doch bis ins Kanzleramt mehrt sich der Widerstand Heils Initiative.

Kann Heil seine Pläne durchsetzen?

Der Arbeitsminister braucht seinen Koalitionspartner, die Union. Die Christdemokraten haben ihm zum Teil nicht zugetraut, dass er seiner Ankündigung im April Taten folgen lässt. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte im Frühjahr vor „staatlicher Gängelei“.

Seitdem mehrt sich der Widerstand und auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zeigte sich ablehnend: „Ich finde, es hilft nicht.“ Der stellvertretende CDU-Vorsitzende glaubt nicht, dass sich der Anspruch auf Homeoffice durch ein Bundesgesetz festlegen lasse. In manchen Unternehmen sei man schon weiter aber in anderen Bereichen sei Präsenz nun einmal erforderlich.

Zudem hält das Bundeskanzleramt Heils Gesetzesentwurf nicht geeignet für eine weitere Abstimmung zwischen den Bundesministerien. Wenn sich die verschiedenen Ressorts nicht abstimmen, scheitert Heils Gesetzesinitiative. Das Bundeskanzleramt verwies zur Begründung auf den Koalitionsvertrag. Darin stehe explizit ein Auskunftsrecht, aber kein Rechtsanspruch auf Homeoffice.

Kann der Vorstoß in Sachen Homeoffice für Heil gefährlich werden?

Politisch können Heil und die SPD nicht verlieren. Wenn sie den Rechtsanspruch nicht durchsetzen, haben sie ein Wahlkampfthema. Auch Grüne, Linke und FDP halten einen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten für überfällig. Spätestens bei Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Bundestagswahl dürfte das Thema wieder aufploppen.

Worauf setzt der Arbeitsminister?

Auf die Kraft des Faktischen. Gut ein Drittel der Beschäftigten hat nach einer Studie seines Ministeriums im Frühjahr und Sommer mobil gearbeitet: „Das Virus hat uns gelehrt, dass viel mehr mobiles Arbeiten möglich ist, als wir dachten.“ Ganz Europa droht im Herbst eine zweite Welle. Die Folge könnte sein, dass mehr Arbeitnehmer länger im Homeoffice bleiben – und dass nicht wenige nach einem Ende der Pandemie daran festhalten wollen.

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Wie kann die Regel umgesetzt werden?

In vielen Unternehmen dringen Betriebsräte auf Regelungen für mobiles Arbeiten. Heil weiß das und versteht seinen 24-Tage-Vorschlag als einen Anfang. „Arbeitnehmer und Arbeitgeber können natürlich individuell in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen mehr vereinbaren.“ Ein gesetzlicher Minimalanspruch auf 24 Tage mobiles Arbeiten im Jahr wäre der neue Ausgangspunkt für jeden Betriebsrat.

Kann Arbeitnehmern jetzt mobiles Arbeiten vorgeschrieben werden?

Viele Aufgaben können gar nicht zu Hause erledigt werden. Das gilt für die originäre industrielle Produktion wie auch für manche Dienstleistungen. Aber: Ein Arbeitgeber soll nach Heils Gesetzentwurf den Wunsch nach mobiler Arbeit nur ablehnen, wenn er dafür nachvollziehbare organisatorische oder betriebliche Gründe hat. „Zu vielen Menschen wird mobiles Arbeiten aus Prinzip verwehrt. Das ist nicht mehr zeitgemäß, hier stärken wir den Arbeitnehmern den Rücken“, so Heil. Als Arbeitgeber einfach nur Nein zu sagen, das gehe nicht.

Was sind die Vorteile?

Heil argumentiert lebensnah: Arbeitnehmer müssten sich nicht mehr am Wochenende in die Schlange bei der Post stellen, sondern könnten das Paket zu Hause erhalten. „Für den Handwerkertermin muss man sich auch nicht einen ganzen Tag freinehmen.“ Auch das Familienleben würde enorm erleichtert. Wenn beide Eltern einen Beruf haben, in dem mobiles Arbeiten machbar ist, könnte nach seinem Vorschlag jede Woche abwechselnd ein Elternteil einen Tag lang von zu Hause aus arbeiten.

Wie tief greift Heil ein?

Der Minister beschränkt sich nicht auf die 24-Tage-Regelung. Beispiel Arbeitsmittel: Grundsätzlich muss jeder Arbeitgeber heute schon für Arbeitsmittel sorgen. Beim Homeoffice sollen das Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell aushandeln dürfen. „Manche Mitarbeiter wollen lieber den privaten Laptop nutzen, andere wollen ein Diensthandy.“ Beispiel Unfallversicherung: Sie umfasst den Weg zur Arbeit. Beim mobilen Arbeiten soll in Zukunft etwa auch der Weg zu Kita oder Schule und zurück ins Homeoffice versichert sein.

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