Moskau. Im Fall Nawalny gibt es eine Wende. Russland ist zur Zusammenarbeit bereit. Gleichzeitig wurde ein Mitarbeiter Nawalnys verprügelt.

Im Fall des vergifteten russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny scheint es eine Wende zu geben. Nach Kremlangaben ist Russland jetzt doch zur internationalen Zusammenarbeit bereit. Russland werde Kontakt aufnehmen mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW), nachdem Deutschland seine Untersuchungsergebnisse zu dem „Berliner Patienten“ übergeben habe, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag.

Nawalny soll in Russland mit einem international geächteten Nervengift der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sein. Der 44 Jahre alte Nawalny, einer der schärfsten Gegner von Kremlchef Wladimir Putin, wurde am 20. August bei einem Inlandsflug in Russland bewusstlos. Auf Drängen seiner Familie wurde er nach einer Erstbehandlung in Sibirien nach Berlin in die Charité verlegt. Die Bundesregierung sieht es nach Untersuchungen in einem Spezial-Labor der Bundeswehr als erwiesen an, dass er mit einem militärischen Nervenkampfstoff vergiftet wurde.

Russische Politiker: Nawalny wurde vielleicht in Deutschland vergiftet

Unterstützer Nawalnys vermuten Moskau hinter der Tat. Von deutscher Seite habe es bisher keine Reaktion gegeben, trotz entsprechender Anfragen der russischen Generalstaatsanwaltschaft, Untersuchungsergebnisse zur Verfügung zu stellen, sagte Peskow.

Russland sah bisher keinen Grund, überhaupt etwas zu unternehmen. Der russische Vertreter bei der OPCW, Alexander Schulgin, teilte mit, dass von Berlin bisher keine Unterlagen übergeben worden seien. Lesen Sie hier: Fall Nawalny: So mordeten Geheimdienste in der Vergangenheit

Auch Peskow hatte betont, Nawalny sei den Deutschen im August ohne Vergiftungserscheinungen übergeben worden. Russische Ärzte hatten dem lange bewusstlosen Nawalny eine Stoffwechselstörung und niedrigen Blutzucker bescheinigt. Russische Politiker meinten, Nawalny sei womöglich in Deutschland vergiftet worden. Peskow betonte nun erneut, dass die russischen Spezialisten kein Gift nachgewiesen hätten.

Mike Pompeo: Russische Funktionäre könnten beteiligt gewesen sein

Mit Nachdruck wiesen Peskow und Russlands Chefdiplomat Sergej Lawrow Äußerungen von US-Außenminister Mike Pompeo als nicht hinnehmbar zurück, russische Funktionäre könnten an einer Vergiftung beteiligt gewesen sein. Russland werde dem Westen kein Wort mehr glauben zur Situation um Nawalny, sagte Lawrow vor Journalisten in Moskau.

Videografik- So wirken Nervengifte

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    Kremlsprecher Peskow informierte außerdem darüber, dass Präsident Wladimir Putin den Fall auch mit dem italienischen Regierungschef Giuseppe Conte besprochen habe. Dabei sei es lediglich um russische Prüfungen zu Vorermittlungen in dem Fall gegangen. Es gebe aber weiter keine Grundlage, ein Strafverfahren einzuleiten, sagte Peskow.

    Mitarbeiter von Nawalny wurde zusammengeschlagen

    Wie ebenfalls bekannt wurde, ist ein Mitarbeiter von Alexej Nawalny vor der bevorstehenden Regionalwahl in der Großstadt Tscheljabinsk zusammengeschlagen worden. Der Koordinator von Nawalnys Stab in der Stadt am Ural sei in der Nacht zum Donnerstag von Unbekannten angegriffen worden, teilte das Team mit. Er habe möglicherweise schwere Verletzungen am Kopf erlitten. Die Polizei kündigte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax an, den Fall zu prüfen.

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    Mehrere Nawalny-Helfer sollen nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen zahlreiche Drohungen bekommen haben. In Tscheljabinsk wird am Wochenende das Regionalparlament gewählt. Nawalnys Team will dort die Dominanz der Kremlpartei Geeintes Russland brechen. Auch in der Stadt Nowosibirsk sei vor einigen Tagen das Büro angegriffen worden, in dem Nawalnys Team arbeitet, hieß es. (msb/dpa)