Washington. Die US-Regierung genehmigt die Behandlung Covid-19-Kranker mit Blutplasma. Die Wirksamkeit der Behandlung ist jedoch bislang unklar.

Um vor der Präsidentschaftswahl im November positive Nachrichten bei der Bekämpfung der Coronavirus-Krise zu produzieren, die in den USA bisher über 176.000 Tote gefordert hat, treibt Präsident Donald Trump die für die Genehmigung von Therapeutika verantwortliche Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) immer rabiater vor sich her.

Am Samstag hatte Trump den innerhalb der FDA als ungeheuerlich empfundenen Vorwurf erhoben, dass die Behörde die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gegen das Virus torpediere, um vor der Wahl am 3. November Erfolgsmeldungen zu verhindern, die seiner Wiederwahl nutzen könnten.

Vertreter eines „tiefen Staates, oder wer auch immer” steckten dahinter, behauptete Trump ohne jeden Beleg und hielt FDA-Chef Stephen Hahn via Twitter zur Eile an: „Wir müssen uns auf Geschwindigkeit und das Retten von Leben konzentrieren.” 24 Stunden später lieferte Hahn, wie ihm aufgetragen war: Per Notfall-Erlaubnis machte die Zulassungsbehörde den Weg frei für den flächendeckenden Einsatz von Blutplasma ehemaliger Corona-Patienten.

Blut: Antikörper ehemaliger Corona-Patienten sollen Virus-Erreger bremsen

Die Flüssigkeit enthält Antikörper, die nach Angaben von Ärzten den Corona-Erreger bremsen können. Behandelt werden können Patientinnen und Patienten, die im Krankenhaus bettlägerig, jünger als 80 sind und nicht an Beatmungsgeräten angeschlossen waren. Zudem muss das Plasma, das nicht künstlich hergestellt werden kann, sondern auf Blutspenden basiert, in den ersten drei Tag verabreicht werden.

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All das ist nicht neu. Die bekannte Mayo-Klinik in Rochester hat die Methode nach eigenen Angaben bereits bei 70.000 Corona-Patienten durchgeführt. Dabei soll es vielversprechende Ergebnisse gegeben haben, so die FDA. Allerdings nicht im Rahmen eines klinischen Testversuchs, der empirisch belastbare Daten und wissenschaftliche akzeptierte Vergleichsmöglichkeiten böte.

Donald Trump spricht von „unglaublicher Erfolgsrate“ der Therapie

In welchem Umfang die Vergabe von Plasma die Sterberate bei Corona senkt, ist darum unklar. Gesundheitsminister Alex Azar behauptet, Plasma-Empfänger hätten eine um 35 Prozent höhere Überlebensrate als andere Corona-Patienten. Beweise dafür gibt es nicht.

Präsident Donald Trump machte sich die Zahl am Vorabend des heute (24.8.) beginnenden Präsidentschafts-Parteitags der Republikaner umgehend zu eigen. Die Plasma-Therapie zeige eine „unglaubliche Erfolgsrate” und werde „zahllose Leben retten”, erklärte er am Sonntagabend im Weißen Haus und sprach von einem „historischen Durchbruch”.

US-Präsident Donald Trump hat kurz vor dem Parteitag der Republikaner einen fragwürdigen Durchbruch beim Einsatz von Blutplasma von Ex-Coronakranken als Therapiemittel verkündet.
US-Präsident Donald Trump hat kurz vor dem Parteitag der Republikaner einen fragwürdigen Durchbruch beim Einsatz von Blutplasma von Ex-Coronakranken als Therapiemittel verkündet. © AFP | SAUL LOEB

Therapie: Experten kritisieren die Zulassung der Plasma-Therapie

FDA-Chef Hahn formulierte entschieden defensiver. Die Plasma-Therapie biete eine „potenziellen Nutzen”, der die Nebenwirkungen übersteige. Noch drastischer drückten sich renommierte Wissenschaftler wie Eric Topol aus. Der Direktor des Scripps Instituts warf der Regierung vor, aus politischen Gründen einen Durchbruch zu verkünden, wo zum jetzigen Zeitpunkt keiner ist. Was vorgelegt worden sei von der FDA als Zulassungsbegründung, „beweist gar nichts”, sagte Topol der Washington Post.

Andere Wissenschaftler erinnerten daran, dass Trump, dem massives Führungsversagen und maßgebliche Verantwortung für die im Weltmaßstab horrenden Corona-Zahlen in den USA bescheinigt werden, bereits vorher (Stichwort: Hydroxychloroquine) Therapeutika propagierte, die sich später als Reinfall oder gar lebensgefährlich erwiesen.

Impfungen gegen Corona noch vor der US-Präsidentschaftswahl?

Der Umgang mit Blutplasma hat in Kreisen von Medizin und Wissenschaft die Sorge verstärkt, dass der laut Umfragen um seine Wiederwahl fürchtende Trump auch beim Thema Impfstoff aufs Tempo drückt und dabei die langwierigen Test-Regime, die vor einer Zulassung stehen, aushebeln könnte.

In diesem Zusammenhang sorgt ein Bericht der „Financial Times” in London für Gesprächsstoff. Das Blatt berichtet, dass Trump einen in der Entwicklung stehenden Impfstoff von der Firma AstraZeneca und der Universität Oxford von der FDA so beschleunigt zu genehmigen gedenkt, dass US-Bürger noch vor der Präsidentschaftswahl am 3. November damit behandelt werden können.

Trumps eigene Experten um den Virologen Dr. Anthony Fauci hatten ein so frühes Datum bisher stets als illusionär bezeichnet. Auf Nachfragen von Journalisten verweigerten Trump und die FDA dazu am Sonntag jede Aussage.