Auf diese Bestätigung hätte Saskia Esken wahrscheinlich gern verzichtet. Als die SPD-Chefin im Zusammenhang mit dem Tod von George Floyd in den USA erklärte, dass es auch in Deutschland latenten Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte gebe, brach ein Sturm der Entrüstung über sie herein.

Man wüsste gern, was die Esken-Kritiker dazu sagen, dass in Hessen offenbar zum wiederholten Male Ressourcen der Polizei dazu genutzt wurden, rechtsextreme Morddrohungen zu verschicken. Doch dazu hört man nichts.

Nein, es sollen hier nicht alle Polizisten pauschal der rechten Umtriebe verdächtigt werden, und auch nicht eine Mehrheit. Aber Vertreter des Staates, die so tief in die Freiheiten des Einzelnen eingreifen, in Extremsituationen gar Waffengewalt anwenden können, müssen den höchsten Ansprüchen genügen – und ob sie das tun, muss überprüfbar sein.

Ein Innenminister ist nicht nur seinen Beamten verpflichtet, sondern allen Bürgern. Wenn einige dieser Bürger immer wieder berichten, dass sie wegen ihres Aussehens von der Polizei anders behandelt werden als andere, dann sollte jemand wie Horst Seehofer hellhörig werden, nicht defensiv.

Wenn man aber als Innenminister bei Hunderttausenden Polizisten im Land nicht mal wissen will, wie viele davon vielleicht rassistischen Denkmustern folgen, dann ist das nicht nur ignorant, sondern auch gefährlich – zuallererst für die Menschen, die Opfer von Extremisten im Staatsdienst werden können. Gefährlich aber auch für die Polizei selbst. Denn die vielen Beamten, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sind für ihre Arbeit darauf angewiesen, dass Bürger ihnen vertrauen. Doch Vertrauen lässt sich nicht von oben anweisen. Die Polizei muss sich als vertrauenswürdig erweisen, indem sie Problemfälle offen angeht.