Seoul. Seit Tagen wird über den Gesundheitszustand von Kim Jong Un spekuliert. Nun hat sich der Diktator wieder in der Öffentlichkeit gezeigt.

Wie geht es Kim Jong Un? Lebt er noch? Rund drei Wochen war der nordkoreanische Diktator von der Bildfläche verschwunden – nun hat er sich nach Berichten der Staatsmedien wieder in der Öffentlichkeit gezeigt.

Kim habe an einer Zeremonie zur Fertigstellung einer Düngemittelfabrik nördlich von Pjöngjang teilgenommen, hieß es am Samstag. Die Feierlichkeiten hätten am Freitag stattgefunden. Die offizielle Zeitung „Rodong Sinmun“ zeigte Bilder von Kim, wie er in einem dunklen Mao-Anzug ein rotes Band zerschneidet oder sich lächelnd im Kreis von Funktionären bewegt.

US-Präsident Donald Trump sagte angesprochen auf den Bericht: „Ich möchte das lieber noch nicht kommentieren.“ Man werde sich zu gegebener Zeit äußern.

Der inszenierte Auftritt Kims dürfte aber nach Ansicht von Beobachtern die Spekulationen um seinen Gesundheitszustand vorerst beenden.

Spekulationen über schlechten Gesundheitszustand von Kim Jong Un

Untermalt wurden die Gerüchte über einen möglichen Tod von Kim Jong Un auch durch das weltweit beachtete Buch „Kim – Nordkoreas Diktator aus der Nähe” von Anna Filfield. Darin schildert sie eine Begebenheit über den nordkoreanischen Machthaber, die angesichts dramatisch klingender Bulletins über seinen Gesundheitszustand heute neu ausgeleuchtet wird.

Danach analysierten Ärzte schon vor einigen Jahren unveröffentlichtes Video-Material von einem Zusammentreffen Kims mit Südkoreas Präsident Moon Jae In.

Dabei pflanzten die Staatschefs als Symbol neuen Tauwetters zwischen den verfeindeten Ländern eine Kiefer. Während Moon Jae In den Spatenstich mit links erledigte, atmete der rund 30 Jahre jüngere Machthaber aus Pjöngjang über 30 Mal pro Minute und „keuchte und schnaufte” wie ein alter Mann.

Ist Kim Jong Un krank? Ein Medienbericht hat Spekulationen über den Gesundheitszustand des nordkoreanischen Machthabers ausgelöst. Noch am 11. April hatte Kim Jong Un ein wichtiges Parteitreffen in Pjöngjang geleitet.
Ist Kim Jong Un krank? Ein Medienbericht hat Spekulationen über den Gesundheitszustand des nordkoreanischen Machthabers ausgelöst. Noch am 11. April hatte Kim Jong Un ein wichtiges Parteitreffen in Pjöngjang geleitet. © dpa | Lee Jin-Man

Kim Jong Un krank? Südkorea bestätigt nichts

Bei einer Körpergröße von 1,73 Meter und rund 135 Kilogramm Gewicht (Bodymass-Index um die 45) kein Wunder, sagt die Reporterin der „Washington Post”. Herz- und Kreislaufprobleme stellen aus ihrer Nah-Sicht seit langem das „größte Risiko” für den stark rauchenden Herrscher einer der letzten stalinistischen Diktaturen der Erde dar.

Und jetzt gibt es Spekulationen darüber, dass eben jene Gebrechen Kims Nordkorea vorübergehend führerlos und instabil gemacht haben könnten; Dementis inklusive. Auslöser waren Äußerungen des TV-Senders CNN. Dort wurde am Montagabend gemeldet, das Weiße Haus „prüfe” Informationen eigener Geheimdienste.

Danach befinde sich der auf 36 Jahre geschätzte Diktator (ein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt) nach einem chirurgischen Eingriff in „ernsthafter Gefahr”. Der Nachrichtendienst Bloomberg ergänzte, Kims Zustand habe sich „verschlechtert“. Details? Genaue Quellen? Fehlanzeige. Fast zeitgleich hatte die renommierte Politik-TV-Moderatorin Katy Tur via Twitter unter Berufung auf zwei Regierungsoffizielle erklärt, Kim sei nach einer Herz-Operation in ein Koma gefallen und „gehirntot”.

Die NBC-Journalistin zog den Beitrag später zurück: „Warte auf mehr Infos. Entschuldigung.” Das Weiße Haus, in dem sich Präsident Donald Trump trotz erfolgloser Atom-Gipfel eines „hervorragenden” Verhältnisses zu Kim rühmt, blieb stumm.

Rätselraten um die Amtsfähigkeit des in einem Schweizer Internat groß gewordenen Potentaten gab es bereits vor sechs Jahren, als Kim sechs Wochen nicht in der Öffentlichkeit auftrat. Seoul erklärte später unter Verweis auf Geheimdienstquellen, dass sich Kim nach einem Belastungsschaden durch Übergewicht am rechten Sprunggelenk operieren ließ. Der Diktator zeigte sich danach zeitweilig mit Krückstock.

Südkorea und China können Berichte nicht bestätigen

Dementis und Relativierungen zu der Nachricht, Kim sei in schlechtem gesundheitlichem Zustand, kamen dann aus der Region. Kim lebe und sei „wohlauf“, sagte der Sicherheitsberater der südkoreanischen Regierung, Moon Chung In, dem US-Sender CNN. Kim halte sich seit zwei Wochen in der Ferienstadt Wonsan im Osten von Nordkorea auf. Südkorea habe keine „verdächtigen Bewegungen“ in Nordkorea festgestellt.

Auch US-Experten erklärten, sie hätten Kims Privatzug an der Ostküste Nordkoreas gesichtet. Die auf Nordkorea spezialisierte Nachrichtenseite „38 North“ veröffentlichte dazu Satellitenbilder. Der Zug könnte bereits vor dem 21. April an einem Bahnhof eingetroffen sein, der für die stalinistische Führung reserviert ist. Am 23. April sei er noch immer dort gewesen, so „38 North“.

Das Außenministerium in Peking sagte laut Stellungnahme, von einer „kritischen Erkrankung” Kims wisse man nichts. China ist der wichtigste Partner der seit Jahren hauptsächlich auf Betreiben der USA mit einem Wirtschafts-Embargo belegten Diktatur in Pjöngjang. Und was stimmt nun?

Auch Geheimdienste deuten Geschehen in Nordkorea falsch

Experten wie der frühere US-Sonderbotschafter Joseph Yu betonten in US-Medien, dass jede Information über Nordkorea mit Vorsicht genommen werden müsse, weil das Land extrem abgeschottet ist und unabhängige Recherche so gut wie nicht möglich sei. Vor allem sei das zeitnahe Durchsickern sensibler Informationen, die den Machthaber direkt betreffen, eher unwahrscheinlich.

Nordkorea: Männer verbeugen sich Mitte April vor den Statuen von Kim Il Sung (l) und Kim Jong Il am Großmonument Mansudae anlässlich des 108. Geburtstages von Kim Il Sung, dem Staatsgründer.
Nordkorea: Männer verbeugen sich Mitte April vor den Statuen von Kim Il Sung (l) und Kim Jong Il am Großmonument Mansudae anlässlich des 108. Geburtstages von Kim Il Sung, dem Staatsgründer. © dpa | -

So war der Schlaganfall von Kims Vater und Vorgänger Kim Jong Il 2008 erst „viele Monate später” bekannt geworden sei. Jong Un folgte ihm im Amt des Staats- und Regierungschefs nach dessen Tod 2011. Das Ableben von Jong Il wurde erst mit zweitägiger Verspätung öffentlich.

Dass auch Geheimdienste das Geschehen in Nordkorea falsch deuten, zeigte sich bereits vor vier Jahren. Damals berichteten Medien, dass der frühere nordkoreanische Militärchef Ri Yong Gil wegen Korruption hingerichtet worden sei. Einige Wochen später tauchte Ri in nordkoreanischen Medien auf – quicklebendig.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un – Mehr zum Thema

Zuletzt hatte Nordkorea wieder einmal mit Tests von Kurzstreckenraketen Schlagzeilen gemacht. Die Atom-Gespräche mit den USA sind seit Monaten festgefahren: Nordkoreas Diktator Kim testet Waffen – und die Amerikaner. Der junge Diktator präsentiert sich in Nordkorea als Held: Kim Jong Un inszenierte sich sogar auf einem Schimmel – und erntete großen Spott im Netz. (fmg)