Berlin. Viele Probleme lassen sich in der Gastronomie lösen. Eine vorsichtige Öffnung kann funktionieren. Andernfalls sollte geholfen werden.

Das beliebte Ausflugsrestaurant am See war am Wochenende ordnungsgemäß geschlossen, der angrenzende Biergarten gesperrt. Und trotzdem lag Bratwurst-Geruch in der Luft.

Da Straßenverkauf weiter erlaubt ist, entschied sich der findige Gastronom, in einer improvisierten Bude zu grillen und Getränke auszuschenken. Das fand Anklang, die Menschen tummelten sich dicht gedrängt, als würde es keine Pandemie geben.

Corona-Krise: Straßenverkauf als ein Stück Normalität

Das zeigt zweierlei: Zum einen scheinen es einige Menschen trotz wochenlanger Einschränkungen immer noch nicht verstanden zu haben, wie man sich in dieser Krise verantwortungsvoll verhält. Diese Beobachtung wurde jüngst sogar in einer internationalen Studie bestätigt. Die Deutschen zeigen bisweilen wenig Disziplin bei den Anti-Corona-Maßnahmen.

Dabei ist der Straßenverkauf ein schönes Zugeständnis. Er ermöglicht ein Stück weit Normalität. Einzige Bedingung: Abstand halten – und somit im Zweifel zum Verzehr ein paar Meter weitergehen. So viel Verantwortung sollte von jedem erwartet werden können.

Zum anderen zeigt es aber auch die Probleme, die mit den derzeitigen Regelungen einhergehen. Hätte der Biergarten geöffnet gehabt, mit klaren Korridoren und abgesteckten Bereichen, wäre der Sicherheitsabstand wahrscheinlich problemlos gewährleistet gewesen. Der Unmut der Gastronomen, warum sie dennoch weiter schließen müssen, ist daher durchaus nachvollziehbar.

Aufstockung des Kurzarbeitergeldes könnte in der Corona-Krise helfen

Der Unmut wird sich in dieser Woche noch verschärfen, wenn kleine Geschäfte des Einzelhandels in den meisten Bundesländern wieder öffnen dürfen, während Hotels und Restaurants geschlossen bleiben. Und nicht nur der Unmut wird sich verschärfen. Es geht um wirtschaftliche Existenzen. Restaurants und Hotels stehen in der Corona-Krise vor einer Pleitewelle.

Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur der Zentralredaktion.
Tobias Kisling, Wirtschaftsredakteur der Zentralredaktion. © Anja Bleyl | Anja Bleyl

Wer im Hotel- und Gastronomiegewerbe angestellt ist, verdient oft wenig. Das Kurzarbeitergeld schützt derzeit viele Arbeitnehmer vor Entlassungen. Wenn Unternehmen aber ganz geschlossen und die sogenannte „Kurzarbeit null“ haben, bleiben den Arbeitnehmern nur noch maximal 67 Prozent des eigentlichen Lohns am Monatsende übrig – für viele Geringverdiener der Branche reicht das kaum, um über die Runden zu kommen. Eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes würde helfen.

Besuch von Restaurants könnte an Reservierungen gekoppelt werden

Aber man muss auch den Arbeitgebern helfen. Es geht darum, ihre Betriebe zu retten. Zumal sich vermeintliche Ungerechtigkeiten auftun. Warum darf der Einzelhandel mit Flächen bis zu 800 Quadratmetern öffnen, Restaurants müssen aber geschlossen bleiben? Eine Begründung sieht die Bundesregierung darin, dass sich nicht zu viele Passanten in der Innenstadt aufhalten sollen.

Dabei wäre dieses Problem in der Gastronomie lösbar: Eine Bewirtung könnte beispielsweise an Reservierungen geknüpft werden, mit der Wirte zudem Abstandsregelungen garantieren können.

Wenn eine Lockerung nicht in Betracht kommt, muss geholfen werden

Wenn die Politik aber zu einer Lockerung nicht bereit ist, sollte sie die finanziellen Hilfen für Unternehmen, die vor der Krise gesund waren, ausweiten. Die jetzigen Verluste mit den Gewinnen des Vorjahres in der Steuer zu verrechnen, könnte eine solche Möglichkeit sein.

Auch Fördergelder für Betriebe, die in der Krise aushelfen wollen, würden schnell helfen: Viele Hotels wollten zuletzt ihre Zimmer für die Behandlung von Erkrankten zur Verfügung stellen. Hier finanziell zu unterstützen wäre nicht nur leichter zu begründen, als eine bedingungslose Einmalzahlung. Es würde auch dem System im Notfall helfen.

Was dagegen nicht hilft, ist die unabgestimmte Art, mit der Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ihre Vorschläge präsentierten. Es braucht keinen Überbietungswettbewerb an Ideen. Wichtig wäre ein koordinierter und gemeinsam kommunizierter Fahrplan, wie konkret geholfen werden soll.

Ansonsten werden viele liebgewonnene Restaurants und Hotels schließen müssen, die wir in der Zeit nach Corona schmerzlich vermissen werden.

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