Berlin. Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm ist seit einer Blutvergiftung 2019 von den Schultern abwärts gelähmt. Erstmals spricht er darüber.

  • Norbert Blüm ist seit dem vergangen Jahr von den Schultern abwärts gelähmt
  • Auslöser der Lähmung war eine Blutvergiftung
  • Mit bewegenden Worten schildert der ehemalige Arbeitsminister seinen Gesundheitszustand in der „Zeit“
  • Nach langer Behandlung im Krankenhaus ist er nun wieder zuhause

Er beginnt den Text mit einem klassischen Norbert-Blüm-Satz: „Ich bin an Armen und Beinen gelähmt. Basta! Der Rollstuhl ist der Standort, von dem aus ich die Welt jetzt betrachte.“

Der ehemalige Arbeitsminister Norbert Blüm ist seit einer Blutvergiftung im vergangenen Jahr von den Schultern abwärts gelähmt. In der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ schreibt der ehemalige Politiker ausführlich über seine Krankheit. Aktualisierung vom 24. April 2020: Norbert Blüm ist im Alter von 84 Jahren gestorben, sagte sein Sohn der Deutschen Presse-Agentur in Bonn.

„Noch nehme ich das Urteil nicht ganz so ernst, wie ich eigentlich müsste“, schreibt Blüm in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung, „weil mein Lebensgefühl es nicht akzeptiert, auf Dauer gelähmt zu sein.“

Norbert Blum: Wenn es juckt, kann er sich nicht mehr kratzen

Nach einer Sepsis, einer Blutvergiftung, war Blüm in ein Koma gefallen und kann seitdem weder Arme noch Beine bewegen. Das Krankenhaus hat er nach monatelangen Aufenthalten in der vergangenen Woche wieder verlassen.

„Ich fühle mich wie eine Marionette, der sie die Fäden gezogen haben, so dass ihre Teile zusammenhangslos in der Luft baumeln“, schreibt Blüm in dem „Zeit“-Beitrag, den er seiner Frau diktierte. „Meine Lähmung verändert die Proportionen. Aus Bagatellen werden Problemfälle. Mich reizt gerade unter dem linken Auge ein Jucken. Früher hätte ich mit einem Handstrich den Juckreiz beseitigt. Heute kann meine Hand das nicht. Und so muss ich geduldig ausharren, bis der Reiz aufgibt.“ Seit seiner Lähmung, schreibt Blüm, sei er von Alpträumen geplagt: Darin werde er gekidnappt, unter einem Haus verschüttet oder eingesperrt.

Seit seiner Lähmung ist Blüm von Alpträumen geplagt

Er habe ein intensives öffentliches Leben geführt – „zeitweise als Rummelboxer der Politik“, schreibt Blüm. Im Horizont des Rollstuhls falle der Rückblick anders aus als in der herkömmlichen Panoramasicht. „Ich beurteile manche Ereignisse meines Lebens anders als bisher, und der Rollstuhl bildet die Wasserscheide.“ Er habe sich nun wieder in die Arme der Familie geflüchtet. „Ich bin daheim.“

Norbert Blüm ist 84 Jahre alt und war 16 Jahre lang in den Kabinetten Helmut Kohls Minister für Arbeit und Sozialordnung. 2018 mischte sich Norbert Blüm in den Kampf um den CDU-Vorsitz ein: Er sei kein Fan von Friedrich Merz, sagte er.

Blutvergiftungen können dramatische Konsequenzen haben. In Deutschland sterben Zehntausende jährlich an Blutvergiftungen. Vergangenes Jahr starb ein Mann an einer Sepsis, nachdem sein Hund ihn über das Gesicht geschleckt hatte. In Großbritannien wäre ein Mann beinahe gestorben, weil er durch ständiges Nägelkauen eine Blutvergiftung bekommen hatte. (lah)