Brüssel. Die EU sucht nach einem Durchbruch in der Flüchtlingskrise. Eine Einigung wurde am am Mittwoch nicht erreicht. Wie geht es weiter?

Die Europäische Union sucht unter Hochdruck nach Wegen zur Entspannung der Flüchtlingskrise in Südosteuropa. Doch die Hürden sind hoch: Eine diplomatische Initiative führender EU-Politiker in der Türkei brachte noch keinen Durchbruch.

Und Vorstöße, die Staaten sollten Flüchtlinge aus griechischen Lagern aufnehmen, vor allem Kindern und Jugendlichen helfen, blieben bei einem Krisentreffen der Innenminister umstritten – eine Einigung gab es nicht. Klar ist nur, dass alle EU-Staaten Griechenland beim Schutz der EU-Außengrenze unterstützen wollen.

Im Vorfeld hatte es unter anderem in Deutschland Hoffnungen gegeben, die EU werde sich rasch zu einer humanitären Aktion entschließen, um die Lage etwa auf der Insel Lesbos zu entschärfen. Innenminister Horst Seehofer (CSU) zeigte sich offen für die Aufnahme von 5000 Kindern und Jugendlichen aus griechischen Flüchtlingslagern und warb für eine „Koalition der Willigen“.

Horst Seehofer schließt nationalen Alleingang aus

Doch das Echo in den Vorberatungen war so verhalten, dass das Thema in der Brüsseler Ministerrunde gar keine größere Rolle spielte: Bereitschaft zur Aufnahme signalisierten unter anderem Frankreich, Portugal, Finnland und Luxemburg, deutlichen Widerstand etwa Österreich und osteuropäische Länder.

Seehofer schloss einen nationalen Alleingang aus und sagte, es müsse eine europäische Lösung geben. Voraussetzung sei zudem, dass erst der Schutz der EU-Außengrenze gesichert sei. „Wenn das erledigt ist, kann man sich zeitnah den Kindern und Jugendlichen zuwenden“, sagte er.

Luxemburgs Minister Jean Asselborn äußerte sich ungeduldiger: „Wir dürfen die Augen nicht verschließen, jeder in der EU hat seine Pflicht zu tun“. Asselborn schlug vor, dass alle EU-Staaten für jeweils 500.000 Einwohner zehn minderjährige Flüchtlinge aufnehmen sollten – Luxemburg werde das jetzt im Alleingang tun. Auch aus Deutschland gibt es entsprechenden Druck: SPD-Chefin Saskia Esken sagte, alle SPD-regierten Länder hätten sich bereit erklärt, unbegleitete Kinder aus griechischen Lagern, die besonders stark unter den Umständen zu leiden hätten, aufzunehmen.

Einigkeit herrschte unter den EU-Innenministern, schnelle Hilfe für Griechenland bei der Sicherung der Grenze zur Türkei bereitzustellen. Das betrifft vor allem Ausrüstung und die hundert weiteren Einsatzkräfte für den Grenzschutz, die am Dienstag angekündigt worden waren. Die EU-Grenzschutztruppe Frontex hat keine eigenen Beamten, sondern muss auf Polizisten der Mitgliedstaaten zurückgreifen. Deutschland schickt 20 zusätzliche Bundespolizisten sowie einen Hubschrauber.

Erdogan will Unterstützung in Syrien

Die EU-Kommission kündigte Unterstützung Griechenlands bei den Asylverfahren an. Im Rahmen eines „Aktionsplans“ sollen Frontex-Beamte die Rückführung von nicht asylberechtigten Flüchtlingen organisieren. Die EU-Asylagentur Easo wird zudem 160 Experten zur schnellen Bearbeitung von Asylanträgen abstellen.

In Ankara kamen unterdessen der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und EU-Ratspräsident Charles Michel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen. Borrell erklärte dabei die grundsätzliche Bereitschaft der EU zu weiterer Hilfe, doch eine Verständigung gab es nicht. Erdogan forderte Europa auf, sein Land in den Bemühungen um eine politische Lösung für Syrien zu unterstützen. Borrell rief die Türkei auf, das Flüchtlingsabkommen wieder einzuhalten. Die EU werde zusätzlich 170 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Syrien bereitstellen.