Berlin. Nun geht es fix: Der neue CDU-Chef wird am 25. April auf einem Sonderparteitag gekürt. Er soll Favorit auf die Kanzlerkandidatur sein.

Die scheidende Vorsitzende ist genervt. So genervt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer nicht nur in internen Sitzungen verbal austeilt, sondern auch bei einer Pressekonferenz im Anschluss klare Worte zum Machtkampf in ihrer Partei findet.

Sie kann am Montagmittag nur ein Ergebnis ihrer Bemühungen um eine einvernehmliche, integrierende Lösung verkünden: Am 25. April will die CDU auf einem Sonderparteitag in Berlin ihren Vorsitz neu bestimmen. Das Bemühen um eine Team-Lösung ist jedoch Makulatur.

Denn am Abend erfährt unsere Redaktion als Erste von den Plänen von Friedrich Merz, noch einmal für den CDU-Vorsitz zu kandidieren. Er will sich am heutigen Dienstag in der Bundespressekonferenz erklären. Details seiner Kandidatur blieben am Abend noch offen.

Bisher gab nur der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen (54) offiziell seine Kandidatur bekannt. Wie sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verhalten, war am Abend noch unklar.

Neuer CDU-Chef soll auch Favorit auf Kanzlerkandidatur sein

Merz’ Kandidatur wird in der Partei durchaus kritisch gesehen. Die Lesart ist, dass CSU-Ministerpräsident Markus Söder einen Kanzlerkandidaten Merz aller Voraussicht nach nicht akzeptieren würde. Aber dass es Merz, so munkeln manche in der Partei, vor allem um die Kanzlerkandidatur ginge. Auch einige Merz-Anhänger plädierten mittlerweile für eine einvernehmliche Lösung, bei der sich Merz etwa bereit erklärt, in ein Kabinett als Minister einzutreten.

Die Vorstellung, dass ein CDU-Chef Merz mit einer Kanzlerin Merkel klarkommen muss und umgekehrt, halten viele für unvorstellbar. Auch die mangelnde Verankerung von Merz im Führungskreis der Partei wird angeführt. Doch es sind gerade an der Basis viele Parteimitglieder, die einen Vorsitzenden Merz herbeisehnen. So oder so: Es wird eine Abstimmung in Berlin mit Siegern und Verlierern geben.

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Wieder steht eine Kampfkandidatur um den Vorsitz an

Das wollte Kramp-Karrenbauer eigentlich verhindern. Im Bundesvorstand wurde sie deshalb sehr deutlich: Ihr Ziel sei eine nachhaltige Klärung der Führungsfrage gewesen, betont sie. Die von vielen bevorzugte Variante war und wäre, dass es unter den Beteiligten eine Einigung gebe. Diese Lösung sei „leider nicht zu erreichen“ gewesen, betonte sie. Sie habe am Montagmorgen die letzten Gespräche unmittelbar vor der Gremien-Sitzung geführt. Ohne Erfolg.

Die Stimmung im Vorstand und auch zuvor im Präsidium sei angespannt, so berichten es Teilnehmer. „Alle spüren, dass es um alles geht in diesen Wochen“, beschreibt ein Teilnehmer hinterher die Gemütslage. Auch die Vorsitzende will die Probleme nicht mehr unter der Decke halten. Sie will keine Harmonie mehr vorgaukeln, wo es keine gibt.

AKK spricht es offen aus. Sie habe bei der Ankündigung ihres Rückzugs ursprünglich vorgeschlagen, die Vorsitzendenfrage vor dem Sommer zu klären, sei dann aber vom Präsidium vor zwei Wochen um Zeit gebeten worden. Sie hätte sich gewünscht, dass dies in der Öffentlichkeit mal erwähnt worden wäre. Vielleicht stünde diese Episode auch dafür „wie wir zurzeit miteinander umgehen“, sagt sie verbittert.

Diesmal gibt es keine Regionalkonferenzen

Jetzt spart die Saarländerin selbst nicht mit Spitzen: Die erklärten und potenziellen Bewerber hätten ihr „ganz klar“ versichert, dass sie jedes Ergebnis des Parteitages „selbst nach einer strittigen Entscheidung“ respektieren würden und sich danach „sichtbar“ in die weitere Arbeit der Partei einbringen wollten, erklärt sie den Journalisten spitz.

Es ist der Hinweis darauf, dass Merz, der ihr beim Parteitag in Hamburg unterlegen war, zwar seine Untersützung zugesichert, jedoch ein Parteiamt abgelehnt hatte. Und sich außerdem mit öffentlicher Kritik nicht zurückhielt. Einer der potenziellen Kandidaten, Jens Spahn, meldet sich im Bundesvorstand zu Wort: Es sei gut, wenn das Verfahren jetzt schnell ginge. Er dankt AKK für „vertrauliche Gespräche“ und attestiert ihr, die Partei zusammenhalten zu wollen. Das sei auch nötig. Denn wenn die CDU bei 15 Prozent lande, dann hat die CDU mit Angela Merkel für lange Zeit die letzte Kanzlerin gestellt.

NRW-Ministerpräsident Laschet wehrt sich wiederum gegen die Unterstellung des Kandidaten Röttgen, man kungele um den Parteivorsitz. Er weise zurück, dass ein Miteinanderreden als Hinterzimmergespräch bezeichnet werde. Dafür gibt es spontanen Beifall im Gremium. Röttgen hat mit seiner Spontan-Kandidatur hier viele verärgert.

Auch der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, meldet sich zu Wort. Er ist einer derjenigen, die stets mit der Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer über Kreuz lagen. Er nimmt Laschet beim Wort. Es sei gut, dass man eine Mannschaftsaufstellung versuche. Es werde vonseiten der Jungen Union keine Forderungen geben, die Mitglieder würden dennoch intern nach ihrer Präferenz befragt. AKK antwortet spitz, sie fände, die JU könne künftig über ihre eigene Spitze ebenfalls die Mitglieder befragen.

Thüringen und Hamburg haben die CDU in die Krise gestürzt

Und es droht in der Tat Ungemach von einer weiteren Seite. AKK führt aus, dass die Wahl des neuen Vorsitzenden auf dem Parteitag am 25. April „für uns auch das klare Signal für den Kanzlerkandidaten oder die Kanzlerkandidatin“ der Union sei. Die Antwort aus München erfolgt prompt. „Man sei sehr verwundert über das Vorgehen, das sei so nicht abgesprochen gewesen“, hieß es aus der CSU-Spitze.

Die CSU gehe fest davon aus, dass die Suche nach dem gemeinsamen Kanzlerkandidaten wie in der Vergangenheit auch Sache der dann amtierenden Parteichefs von CDU und CSU sei. Söder twitterte am Montag, er sitze gerade am Manuskript für seine traditionelle Aschermittwochsrede aus Passau: Die CDU-Spitze wird sich da auf allerlei gefasst machen können.

Am Montag bekommt auch die SPD noch die Laune der CDU-Chefin zu spüren. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil behaupte seit Monaten, die Bundes-CDU habe ein Problem mit der Abgrenzung zur AfD. Das sei eine „Schmutzkampagne“, wettert Kramp-Karrenbauer.

Es gebe in der CDU jedoch eine „ganz klare Brandmauer“ zur AfD, jegliche Form der Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten sei mit den Kerngedanken der Christdemokraten nicht vereinbar. Wenn die SPD der CDU in diesem Punkt nicht traue, dann solle sie eben aus der Regierung gehen. Klingbeil wiederum weist die Vorwürfe umgehend zurück.

Bleibt noch das formale Verfahren – anders als 2018 will die CDU diesmal auf Regionalkonferenzen zur Präsentation der Kandidaten verzichten. Die Zentrale soll vielmehr in Abstimmung mit den Kandidaten ein Verfahren für den Weg bis zum Parteitag ausarbeiten. Kandidaten müssen von mindestens einem Kreisverband unterstützt werden. Es ist allerdings möglich, dass ein neuer Kandidat noch während des Parteitags von einem Delegierten vorgeschlagen wird. Es bleibt spannend.

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