Washington. Neue Wende der Nahost-Politik der USA: Die Trump-Regierung hält den israelischen Siedlungsbau nicht für illegal. Die EU widerspricht.

Erneut eine Kehrtwende der US-Regierung in der Nahost-Politik: Sie sieht im israelischen Siedlungsbau im Westjordanland keinen Verstoß gegen internationales Recht mehr. US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Montag in Washington, der Bau von israelischen Siedlungen im Westjordanland „ist nicht per se unvereinbar mit internationalem Recht“.

Es habe den Friedensprozess im Nahen Osten nicht vorangebracht, die Siedlungen für illegal zu erklären. Der Schritt reiht sich ein in eine Serie einseitig proisraelischer Entscheidungen der Regierung von US-Präsident Donald Trump.

EU distanziert sich von US-Kehrtwende in Nahostpolitik

Die Europäische Union will sich der neuen Politik Washingtons nicht anschließen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini unterstrich das Festhalten der EU an ihrer bisherigen Politik. „Die Position der Europäischen Union zur israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Palästinensergebieten ist klar und bleibt unverändert: Alle Siedlungsaktivitäten sind nach dem Völkerrecht illegal und unterhöhlen die Tragfähigkeit der Zwei-Staaten-Lösung und die Perspektiven für einen dauerhaften Frieden.“

US-Außenminister Mike Pompeo erklärte am Montag, die USA hielten die Siedlungspolitik Israels in den besetzten Palästinensergebieten nicht für illegal.
US-Außenminister Mike Pompeo erklärte am Montag, die USA hielten die Siedlungspolitik Israels in den besetzten Palästinensergebieten nicht für illegal. © Reuters | YARA NARDI

Am Montag hatte die Palästinenserführung den Vorstoß der USA kritisiert. „Israelische Siedlungen stehlen palästinensisches Land, beschlagnahmen palästinensische natürliche Ressourcen und beuten sie aus“, teilte Saeb Erekat, Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) mit. Die Siedlungen beschränkten zudem das Recht auf Bewegungsfreiheit der palästinensischen Bevölkerung. Nabil Abu Rudeineh, Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, sagte, die US-Regierung trage „die volle Verantwortung für jegliche Auswirkungen dieses gefährlichen Schritts“.

Harsche Kritik kam auch von den militanten Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad. Hamas-Sprecher Abdul Latif al-Kanu sagte, Pompeos Ankündigung sei eine „offizielle Beerdigung“ des Osloer Friedensabkommens. Der Islamische Dschihad, dessen Anführer Israel vor wenigen Tagen gezielt getötet hatte, erklärte, die Antwort auf Pompeos Ankündigung sei der Ausbau des Widerstands gegen israelische Siedlungen.

UN-Sicherheitsrat forderte zu Siedlungsstopp auf

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler in mehr als 200 Siedlungen. Die Palästinenser wollen auf dem Gebiet einen unabhängigen Staat gründen.

Die Siedlungspolitik Israels ist hoch umstritten. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel im Dezember 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert.

Siedlungen wurden in der Resolution 2334 als Verstoß gegen internationales Recht und als großes Hindernis für einen Frieden in Nahost bezeichnet. Auch die Amerikaner lehnten die Erweiterung israelischer Siedlungen in diesen Gebieten bislang ab. Zuletzt forderte auch das EU-Parlament einen Stopp des Siedlungsbaus von Israel.

Der Siedlungsbau ging jedoch weiter. Israel genehmigte nach Angaben der Friedensorganisation Peace Now allein im Oktober den Bau von 2342 Siedlerwohnungen im besetzten Westjordanland. Seit Jahresbeginn sei der Bau von insgesamt 8337 Wohnungen in israelischen Siedlungen gebilligt worden – deutlich mehr als im Vorjahr.

Netanjahu begrüßt Kurswechsel der US-Regierung

Die israelische Regierung begrüßte den Kurswechsel der US-Regierung. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von der Korrektur einer „historischen Fehlentscheidung“.

Mit der rechtlichen Kehrtwende der Amerikaner bekommt Israel nun kraftvolle Unterstützung für die eigene Siedlungspolitik. Die Trump-Regierung hat in den vergangenen Jahren bereits eine ganze Reihe einseitig proisraelischer Entscheidungen getroffen: Sie erkannte den israelischen Anspruch auf die besetzten Golanhöhen ebenso an wie Jerusalem als Israels Hauptstadt.

Sie verlegte die US-Botschaft auch dorthin. Die Palästinenser beanspruchen den Ostteil der Stadt als Hauptstadt des von ihnen angestrebten eigenen Staates. Die Palästinenser werfen der US-Regierung vor, vor allem die Interessen Israels zu vertreten. Deshalb lehnen sie inzwischen d Vereinigten Staaten als Vermittler im Nahost-Konflikt ab.

Darum ist Jerusalem als Hauptstadt so umstritten

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    Israel kritisierte die Entscheidung als diskriminierend. Die USA äußerten sich ebenfalls besorgt und beklagten, die Vorgabe diene lediglich dazu, Boykotte gegen Israel zu fördern. (les/dpa/moi)