New York. Beim UN-Gipfel geht es laut Initiatoren um nicht weniger als die Rettung der Welt. Angela Merkel trifft am Rande auf Greta Thunberg.

Es sind nur fünf Minuten Redezeit. Fünf Minuten, in denen die deutsche Kanzlerin das Engagement Deutschlands gegen die Klimaerwärmung erläutert. Drastischer ausgedrückt: Angela Merkel erklärt, wie Deutschland dazu beitragen will, diese Welt zu retten.

Denn - da sind sich die Initiatoren sicher - um nichts weniger geht es beim UN-Gipfel der Vereinten Nationen, der am Montag in New York stattfindet.

„Wir haben den Weckruf der Jugend gehört“, sagt Merkel. „Es gibt keinen Zweifel, dass der Klimawandel, eine globale Herausforderung ist, die nur gemeinsam bewältigt werden kann“, betont die deutsche Regierungschefin.

Die Industriestaaten seien die Verursacher der Erderwärmung. „Wir haben die Pflicht, zu handeln.“ Sie kündigt an, dass Deutschland 2050 klimaneutral sein werde. „Wir sehen uns und unser Land vor einem tiefgreifende Wandel.“ Die Kanzlerin sagt aber auch: „Es gibt auch Zweifler“. Aufgabe der Politik müsse sein, alle Menschen mitzunehmen. „Dieser Aufgabe stellt sich Deutschland“.

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Merkel auf UN-Gipfel: Deutschland hat eine Vorbildfunktion bei Klimapolitik

Die Klimakanzlerin will der Welt klar machen, dass es Deutschland ernst ist. Ernst ist mit dem Schutz des Klimas. Klarmachen, dass die reiche Industrienation Verantwortung übernimmt. Die 65 Jahre alte deutsche Regierungschefin ist überzeugt: Wenn Deutschland ein Prozent der Weltbevölkerung stellt, aber für zwei Prozent der CO2-Ausstöße ist, dann muss man handeln. Deutschland hat eine Vorbildfunktion. Es ist Merkels tiefe Überzeugung.

Doch man gibt sich in der deutschen Delegation auch keinen Illusionen hin. Ohne die USA, China und Indien werden alle Klimaanstrengungen vergeblich sein. Das weiß auch UN-Generalsekretär António Guterres.

Er kämpft mit dem Gipfel hart dafür, die Forderungen und die Energie der Straßenproteste in größtmöglichen Druck auf die Mitgliedsstaaten umzuwandeln - dafür sucht er auch den Schulterschluss mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg. Das Rederecht vergab er nur an Staatschefs und Regierungsvertreter, die Konkretes zu bieten haben.

Vom Hocker reißen die deutschen Pläne die Klimadiplomaten nicht

Es ist also kein Zufall, dass das Klimakabinett am Freitag - drei Tage vor dem Gipfel - liefern sollte. Nun hat Merkel die mühevoll ausgehandelten „Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030“ in der Tasche.

Neben vielen Förderplänen und Anreizen enthalten sie einen gesetzlichen Rahmen, über den in den kommenden Jahren beim Klimaschutz nachgesteuert werden soll. Und die Einführung eines CO2-Preises für die Bereiche Verkehr und Heizen.

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    Er soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern. Allerdings fällt der CO2-Preis ab 2021 erst mal so niedrig aus, dass er Experten zufolge erst mal kaum wirken dürfte. Auch der Kohleausstieg bis spätestens 2038 ist darin enthalten. Heizen bis Kfz-Steuer – das bedeutet das Klimapaket.

    Kann sie sich damit auf internationaler Bühne sehen lassen? Vom Hocker reißen Deutschlands Pläne die Klimadiplomaten eher nicht. Mit dem Kohleausstieg sind einige Länder früher dran, die es allerdings mit dem Atomausstieg auch deutlich weniger eilig haben als die Deutschen. Auch ein CO2-Preis ist keine neue Idee.

    Und daran, dass Deutschland sein Klimaschutz-Ziel für 2020 reißen wird, ändert ein Programm für 2030 auch nichts. Aber immerhin, es gibt auch Neues, was bei der vorigen UN-Klimakonferenz in Polen und auch bei den Zwischenverhandlungen in Bonn nicht auf dem Tisch lag. Und im Vergleich mit anderen Ländern - vor allem den USA - kann Merkel mit dem Paket zumindest etwas glänzen.

    Greta Thunberg redet den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen

    Im Mittelpunkt steht allerdings Greta Thunberg. Die Vereinten Nationen hätten sich wohl niemand besseres wünschen können, der den Staats- und Regierungschefs auf der großen Bühne persönlich ins Gewissen redet. Die 16-jährige Schwedin, Symbolfigur der Klimabewegung, kommt mit dem Mandat der Straße zum Gipfel: Am Freitag waren weltweit Millionen Menschen Thunbergs Aufruf für einen globalen Klimastreik gefolgt. Sie selbst hatte in New York vor Zehntausenden gesprochen.

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      Bei den Vereinten Nationen spricht Greta zornig, mit heiserer Stimme. Sie erwähnt das Leid der Menschen, die unter den Folgen des Klimawandels leiden müssen. „Wir werden Euch niemals verzeihen hier ist die rote Linie“, ruft sie den Delegierten zu. „Wie könnt ihr es wagen, hierher zu kommen und zu sagen, ihr tut genug...Ihr verratet die junge Generation. Das lassen wir Euch nicht durchgehen. Die Welt wacht auf“, ruft sie in die Generalversammlung. Es ist ein eindrucksvoller Auftritt. Greta kämpfte bei dem UN-Klimagipfel mit den Tränen.

      Am Rande des Gipfels traf sich Merkel auch mit Greta, zumindest auf ein kurzes Gespräch am Rande des Gipfels. Merkel achtet die Schwedin, sie erwähnte sie bei der Pressekonferenz zum Klimakabinett ausdrücklich: „Wenn mich etwas beeindruckt, dann ist das, wenn Greta Thunberg sagt: ,Unite behind the Science’“ – zu deutsch also: „Versammelt Euch hinter der Wissenschaft“.

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      Merkel war auch die Unions-Politikerin, die als erstes die Macht der Bewegung der jungen Greta erkannte - und ihren Respekt offen aussprach. Auch für die Schüler, die freitags statt zum Unterricht zu gehen, ihr Anliegen auf die Straße brachten.

      „Ich unterstütze sehr, dass Schülerinnen und Schüler für den Klimaschutz auf die Straße gehen und dafür kämpfen“, hatte die CDU-Politikerin bereits Anfang März diesen Jahres gesagt. „Ich glaube, dass das eine sehr gute Initiative ist.“

      Auch wenn die Unterstützung für den Klimaschutz national und international riesig angewachsen scheint: So einfach ist es nicht. Besonders die Union muss Überzeugungsarbeit leisten. Es ist davon auszugehen, dass Merkel - hätte sie allein entschieden - den Einstiegspreisen für die CO2-Bepreisung deutlich höher als zehn Euro angesetzt hätte. Die Naturwissenschaftlerin in ihr - Merkel ist Doktor der Physik - ist überzeugt, dass die Beweise für den menschengemachten Klimawandel ausreichen. Doch sie ist auch Realpolitikerin.

      Merkel weiß um die Bedenken in ihrer eigenen Partei

      Dass sie und CSU-Chef Markus Söder überhaupt eine Bepreisung durchsetzen konnten, sieht sie als Erfolg an. Schließlich war das große Unions-Anliegen, in dieser Legislatur keine Steuern zu erhöhen und den Soli-Zuschlag komplett abzubauen. Das ist nur zu 90 Prozent passiert und egal wie man die Bepreisung auch dreht und wendet - es wird für den Bürger teurer.

      An der Basis wird der Schwenk der Union durchaus kritisch gesehen. „Das sind sehr rabiate Maßnahmen, die einen breiten gesellschaftlichen Diskurs erfordert hätten“, sagte etwa Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Ein großer Teil der Menschen ist mit den Entscheidungen überfordert.“

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      Merkel weiß um die Bedenken in ihrer Partei. Die Union wird erst allmählich begreifen, was ihnen ihre Kanzlerin im Herbst ihrer Amtszeit da eigentlich zugemutet hat.

      Die Bundeskanzlerin hatte sich einst den Beinamen „Klimakanzlerin“ erworben, unter anderem wegen einer Reise im Jahr 2007 mit ihrem damaligen SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel, mit dem sie in roter Outdoor-Jacke vor einem grönländischen Gletscher posiert hatte.

      Merkel kämpfte gegen erheblichen Widerstand des Wirtschaftsflügels

      Aus Sicht von Umweltverbänden hat Merkel diesen Namen aber längst nicht mehr verdient. Aktivisten werfen Merkel unter anderem vor, in Brüssel strengere Klimaschutzvorgaben für die Autoindustrie verhindert zu haben. Auch die Tatsache, dass sie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrer Delegation in einer zweiten Maschine fliegen ließ, obwohl der Weg an die US-Ostküste derselbe war, ficht sie nicht an.

      Der Airbus A340 sollte erst in New York zwischenlanden und dann weiter nach Washington fliegen. Das Verteidigungsministerium hatte sich darauf eingestellt, aus dem Kanzleramt kam aber eine Absage. Man dürfe das nicht vermischen, es seien zwei unterschiedliche Reisen, bei denen jeweils nichts dazwischen kommen solle - vor allem nicht bei Kramp-Karrenbauers Antrittsbesuch als deutsche Verteidigungsministerin, heißt es.

      Sieht sie sich selbst als Klimakanzlerin? Merkel macht für sich deutlich, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien seit ihrer Amtszeit als Bundesumweltministerin entscheiden angestiegen sind - zuletzt wurden 46 Prozent am Stromverbrauch gemessen. Und sieht hat Deutschland sowohl aus der Atomkraft als auch perspektivisch zumindest aus der Kohleverstromung geführt — auch gegen erheblichen Widerstand des mächtigen Wirtschaftsflügels ihrer Partei. Was ihre Energiebilanz angeht - da ist Merkel mit sich im Reinen.