Berlin. Juso-Chef Kühnert und CDU-Politiker Philipp Amthor stritten im neuen Youtube-Format „Diskuthek“. Harte Konfrontationen? Fehlanzeige.

Kevin Kühnert gegen Philipp Amthor, der „wohl mächtigste Juso-Chef aller Zeiten“ gegen die „konservative Allzweckwaffe der CDU“ – so kündigte Moderator Aimen Abdulaziz-Said das neue Debattenduell des „Sterns“, die „Diskuthek“ an.

Doch harte Konfrontationen blieben bei der Youtube-Diskussion zwischen dem Juso-Vorsitzenden und dem jüngsten CDU-Bundestagsabgeordneten weitgehend aus. Immerhin: Kevin Kühnert schloss eine Kandidatur für den Parteivorsitz der SPD nicht aus. Philipp Amthor leistete sich zwei inhaltliche Schnitzer. Eindrücke aus der Debatte:

Das Format

Gewohnt locker und lässig führte Aimen Abdulaziz-Said das Gespräch, ließ den Kontrahenten ihre Freiräume und griff nur selten ein, dann aber mit markanten Statements wie „Rezo hätte nicht so gesprochen, man versteht euch einfach nicht.“

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vor der Europawahl eine Debatte ausgelöst.

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Etwas Bewegung war ebenfalls im Format inbegriffen, da sich Kühnert und Amthor zu Thesen positionieren mussten. Stimmten sie einer Aussage zu, nahmen sie auf der linken Seite von Moderator Aimen Abdulaziz-Said Platz, lehnten sie die These dagegen ab, ging es auf die andere Seite.

Die provokante Wirkung der Thesen lief zunächst aber ins Leere. Ohne zu zögern nahm Kühnert bei der Frage, ob Privatpersonen mit Wohnungen Geld verdienen dürften, auf der ablehnenden Seite Platz. Amthor dagegen stimmte der These selbstredend zu.

Anders dagegen bei Statement Nummer zwei: Der Juso-Chef haderte zwar sichtlich bei der These, dass wirtschaftliche Überlegungen beim Klimaschutz keine Rolle spielen sollten, lehnte das Statement schließlich aber ebenso wie Philipp Amthor ab.

Eine Stärke des Formats war der Faktencheck. Die „Stern“-Redaktion nahm gewagt scheinende Aussagen unter die Lupe. Kühnerts Aussage, dass die BMW-Anteilseignerin Susanne Klatten

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hielt dem Fakten-Check stand.

Philipp Amthor fiel dagegen einmal durch den Faktencheck, als er dem Grünen-Vorsitzenden Anton Hofreiter die Worte in den Mund legte, dass fünf Euro für Spritkosten angemessen seien. Nicht nachweisbar, urteilte die „Stern“-Redaktion und der CDU-Abgeordnete kassierte ein rotes X.

CDU-Politiker Philipp Amthor spricht zum Burka-Verbot

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    So kam am Ende die provokanteste Aussage von Moderator Aimen Abdulaziz-Said. Bezüglich der Vereinbarkeit von Klimaschutz und Wirtschaft fragte er Amthor: „Ist das nicht am Ende kurz gedacht: Wenn wir am Ende keinen Planeten mehr haben, was sollen wir dann mit Arbeitsplätzen?“

    Das Alter

    Der 26-jährige Amthor und der drei Jahre ältere Kühnert werden oft als Sprachrohr für eine junge Generation betrachtet. Das will aber zumindest der Juso-Chef gar nicht sein. „Die Gesellschaft wird vielfältiger. Fünf Jahre Altersunterschied machen mitunter eine völlig andere Sicht auf die Dinge. Ich bin auch nicht der Repräsentant für 18 Jahre. Ich kriege die digitalen Trends auch nicht als Erster mit“, sagte er.

    Und wie steht der Juso-Chef zu einer altersheterogenen Besetzung an der Spitze der SPD,

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    „Ich werde hier nicht der Stichwortgeber sein, der sagt: 29-Jährige oder auch 26-Jährige könnten nicht Parteivorsitzende sein“, sagte Kühnert ausweichend.

    Ohnehin müsse das bisherige Politikmodell hinterfragt werden. „Dieser Vertretungsanspruch, dass es den einen gibt, der verstanden hat, wie die Gesellschaft funktioniert und der alle repräsentiert, das geht nicht mehr“, meinte Kühnert. Teamarbeit sei jetzt gefordert. Und Amthor leistete direkt Teamarbeit, indem er betonte, dass auch die SPD Erfolge in der Koalition verbucht habe.

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    Die Floskeln

    Den Ton der Jugend treffen – das gelang den Diskutanten nicht immer. Philipp Amthor sprach beim emotional aufgeladenen Thema Miete von „Daseinsvorsorge“ und leistete sich nebenbei noch einen inhaltlichen Fehler, als er der SPD ankreidete, die soziale Wohnungspolitik in Berlin, Bremen und Hamburg vergeigt zu haben.

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    Auch ansonsten wurde viel über Definitionen diskutiert. Kevin Kühnert konnte mit dem Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ nichts anfangen. Amthor wiederum meinte, dass „Solidarität“ nicht sein Lieblingswort sei. Als Moderator Abdulaziz-Said daraufhin fragte, warum junge Leute das Gefühl hätten, die CDU sei nicht solidarisch mit Bedürftigen, antwortete Amthor: „Ja, das kann ich ehrlicherweise auch nicht verstehen.“

    Kühnert wiederum verwies darauf, dass „wir nicht in einer großen Statistikwelt leben“ und Amthor stellte fest, dass ein

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    Von Jochen Gaugele, Theresa Martus und Philipp Neumann

    Die Aneinanderreihung an Floskeln hatten somit den Unterhaltungswert der von Kühnert angesprochenen Übertragung einer Bundestagsdebatte auf Phönix.

    Hier gibt es die „Diskuthek“ mit Philipp Amthor und Kevin Kühnert auf Youtube