Nossentiner Hütte. Zwei Eurofighter der Bundeswehr sind abgestürzt. Ein Pilot konnte sich retten, der andere starb. Die Blackboxes werden nun ausgewertet.

Nach dem tödlichen Absturz von zwei Eurofighter-Kampfjets der Luftwaffe in Mecklenburg-Vorpommern hat ein verletzter Pilot das Krankenhaus wieder verlassen. Der Oberstleutnant war bei einem Zusammenstoß zweier Jets mit dem Schleudersitz ausgestiegen und wurde später in einer Baumkrone gefunden. Ein zweiter Pilot war bei dem Unfall gestorben.

Der Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz hat derweil Forderungen aus der Politik zurückgewiesen, die Übungsflüge über besiedeltem Gebiet einzustellen.

Landes- und Bündnisverteidigung machten es „weiterhin notwendig, über dem realen Gebiet zu üben“, sagte Gerhartz unserer Redaktion. Die heutigen Kampflugzeuge erforderten entsprechend dimensionierte Übungsräume. „Unter Berücksichtigung der Besiedelungsdichte in Deutschland wird sich daher ein Überfliegen von gänzlich unbewohntem Gebiet nicht darstellen lassen.“

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Es würden viele Maßnahmen getroffen, um Kollisionen zu vermeiden, betonte Gerhartz und verwies auf die Einhaltung von Sicherheitsabständen und auf genaue Vorflugbesprechungen über die geplanten Manöver. „Da es sich um sehr komplexe Systeme handelt, lässt sich ein Risiko zwar minimieren, ein Restrisiko bleibt jedoch immer erhalten“, sagte er.

Eurofighter-Absturz: Kameraden gedenken des verstorbenen Piloten

Inzwischen sind auch die beiden Flugdatenschreiber der abgestürzten Eurofighter gefunden worden. Sie werden nun ausgewertet.

Aus Anteilnahme und Verbundenheit mit den Angehörigen des am Montag tödlich verunglückten Kameraden wurde ein geplanter Familientag auf dem Stützpunkt in Wittmund am Samstag abgesagt. Gefeiert werden sollte die Gründung des Jagdgeschwaders 71 vor 60 Jahren. In Wittmund ist eine Alarmrotte mit diesen Jagdflugzeugen zur Überwachung des norddeutschen Luftraumes stationiert.

Eurofighter-Absturz: Lebender Pilot gehört zu erfahrensten des Geschwaders

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur handelt es sich bei dem Piloten, der überlebte, um einen der erfahrensten Fluglehrer der Luftwaffe. Er hatte über 3700 Flugstunden absolviert. Der bei dem Zusammenstoß von zwei Kampfjets am Vortag ums Leben gekommene zweite Pilot war ein jüngerer Pilot.

Der Pilot war nach Angaben der Luftwaffe 27 Jahre alt und hatte bisher etwa 400 Stunden Flugerfahrung und gerade eine verbandsinterne Weiterbildung durchgeführt, wie ein Sprecher der Luftwaffe mitteilte. Schlüsse zum Hergang der Unglücks könnten daraus aber nicht gezogen werden.

Entsprechend sind noch einige Fragen offen. Unter anderem ist unklar, wie es zu dem Unglück kam. Die Bundeswehr hatte die Untersuchung der Unfallursache übernommen. Auch am Mittwoch sollen Such- und Bergungsarbeiten fortgesetzt werden. Mit insgesamt etwa 500 Soldaten – statt bisher etwa 300 – soll das riesige bewachte Sperrgebiet mit den zwei Absturzstellen bei Nossentin und Nossentiner Hütte systematisch abgesucht werden.

Eurofighter-Absturz: Das Wichtigste zum Unglück in Kürze

  • Nahe des Fleesensees in Mecklenburg-Vorpommern sind zwei Eurofighter abgestürzt
  • Sie waren bei einer Übungsmission unterwegs
  • Ein Pilot ist bei dem Unglück gestorben
  • Der zweite Pilot wurde lebend in einem Baum gefunden
  • Er konnte das Krankenhaus wieder verlassen

Zwei Eurofighter über Norddeutschland abgestürzt

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    Am Montag waren die beiden Jets bei Luftkampfübungen zusammengestoßen und abgestürzt. Die Piloten konnten die Schleudersitze betätigen, wie die Luftwaffe mitteilte

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    Einen von ihnen entdeckten Rettungskräfte kurz nach dem Absturz in einer Baumkrone und bargen ihn. Vom zweiten fehlte zunächst jede Spur, später wurden in der Nähe des Absturzortes Leichenteile entdeckt.

    Über verletzte zivile Personen war der Polizei zunächst nichts bekannt. Die Brände an den Absturzstellen waren am Nachmittag wieder gelöscht. Die Flugzeuge seien nicht bewaffnet gewesen, teilte die Luftwaffe auf Twitter mit.

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    Vom Stützpunkt Laage werden in dieser Woche voraussichtlich keine Jets mehr starten. Wegen der unklaren Ursache des Unglücks werde der Flugbetrieb ausgesetzt. Auch die Crews müssten den Vorfall erst verarbeiten. Es ist das schwerste Unglück der Bundeswehr in Deutschland seit Jahren.

    Bundeswehr untersucht Unfallhergang

    Da die Aufarbeitung des Unglücks im Zuständigkeitsbereich der Luftwaffe liege, seien alle Ermittlungen der Bundeswehr übergeben worden, teilte das Polizeipräsidium Neubrandenburg am Montagabend mit. Die Leitung der Untersuchung liegt beim General Flugsicherheit, das ist eine Position mit eigener Abteilung im Luftfahrtamt der Bundeswehr.

    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen war noch am Montag in das Unglücksgebiet an der Mecklenburgischen Seenplatte geflogen. Die Gegend ist eine beliebte Urlaubsregion. Sie traf dort mit dem Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, und Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) zusammen.

    „Heute ist der Tag der Trauer und des Schmerzes über den Verlust unseres Soldaten“, sagte von der Leyen beim Besuch der Absturzstelle.

    Bundesregierung äußert Bedauern

    Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte: „Schreckliche Nachricht vom Flugunfall in Mecklenburg-Vorpommern. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und Freunden des Verunglückten.“ Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich tief bestürzt.

    Das Unglück wurde laut Luftwaffe vom Piloten eines dritten Kampfjets beobachtet. Dieser habe von zwei Fallschirmen berichtet, die zu Boden gegangen seien. Seine Hauptaufgabe ist die Ausbildung der deutschen „Eurofighter“-Piloten. Bei Bedarf ist das Geschwader „Steinhoff“ gemeinsam mit zwei anderen Jagdverbänden auch für die Sicherung des deutschen Luftraums zuständig.

    Eine Eurofighter-Maschine ging kurz hinter einer Ortschaft nieder

    Absturz Eurofighter
    Absturz Eurofighter © twitter.com/polizei_pp_nb | Polizei Neubrandenburg

    Das Dorf Nossentiner Hütte entging bei dem Unglück nur knapp einer Katastrophe. Eine Maschine stürzte unmittelbar neben dem Ortsrand auf eine Freifläche, die andere wenige Kilometer entfernt in ein Waldgebiet nahe Silz und Jabel.

    „Ich bin von Bürgern angerufen worden, die am Drewitzer See waren und den Zusammenstoß der beiden Maschinen sahen“, berichtete Bürgermeisterin Birgit Kurth. Dann sei sie rausgelaufen und habe einen Fallschirm runtergehen sehen.

    Später sei ein Hubschrauber in der Gegend gekreist, offenbar auf der Suche nach dem Piloten.

    Die Gemeinde mit ihren knapp 700 Einwohnern habe Glück im Unglück gehabt, sagte Kurth. Im Dorf seien Trümmerteile gesichtet worden. Feuerwehren der Region hätten den Brand an der Absturzstelle am Ortsrand von Nossentiner Hütte unter Kontrolle gebracht, sagte Kurth.

    Auf dieser Karte ist die Region zu sehen, in der die beiden Maschinen abgestürzt.

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    Auf dem Fliegerhorst Laage bei Rostock starten zwei Eurofighter zu einer Übung (Symbolbild).
    Auf dem Fliegerhorst Laage bei Rostock starten zwei Eurofighter zu einer Übung (Symbolbild). © dpa | Bernd Wüstneck

    Polizei warnt vor Trümmerteilen

    Der andere „Eurofighter“ stürzte nach Angaben des Schweriner Innenministeriums nahe der zehn Kilometer entfernten Ortschaft Jabel in ein Waldstück. In diese Richtung seien Rauchschwaden zu sehen gewesen, sagte Kurth.

    Die Polizei warnte vor gefährlichen Trümmerteilen im Bereich Malchow (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte). „Bitte nicht nähern! Bitte machen Sie den Weg für Rettungskräfte frei und umfahren Sie den Bereich“, twitterte das Polizeipräsidium Neubrandenburg.

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    Kampfjet fliegt mit doppelter Schallgeschwindigkeit

    Der Eurofighter ist ein von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien entwickelter Kampfjet. Er ist das Rückgrat der Kampfflugzeugflotte. Er kann mit Mach 2,3 fliegen, also mit mehr als der doppelten Schallgeschwindigkeit. Die Voraussetzung für einen Überschalleinsatz ist ein entsprechendes Training. Das Fliegen mit extremen Geschwindigkeiten erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Piloten, Radarleitoffizieren und der zivilen Flugsicherung.

    Die Luftwaffe der Bundeswehr unterhält nach eigenen Angaben 140 Maschinen vom Typ Eurofighter. Der Jet hat gewöhnlich einen Sitz (zwei bei der Ausbildung) und ist fast 16 Meter lang. Er kann sowohl für Luft-Luft- als auch für Luft-Boden-Kämpfe bewaffnet und eingesetzt werden.

    Wenn alles funktioniert, sendet die Ausrüstung des Piloten ein Notsignal. Das hilft, ihn zu orten, zu finden und zu bergen. Zumeist haben die Piloten auch ein Funkgerät bei sich, oft zudem ein Handy. Warum zum zweiten Piloten kein Kontakt bestand, ist noch unklar.

    (dpa/rtr/ac/aba/san)