Berlin. Beim ARD-Talk wurde Niedersachsens Ministerpräsident als SPD-Parteivorsitzender gehandelt. Weil legte sich dabei nicht endgültig fest.

Wer übernimmt das Ruder an Bord des sinkenden Schiffs SPD? Wie lassen sich Europawahldebakel und Personalkrise bewältigen? Wie erobert man Stimmen zurück? Keine Werbung für die Partei macht die Führungsriege: Reihenweise gibt das Spitzenpersonal in diesen Tagen der Partei bei der Nachfolgersuche der zurückgetretenen Partei- und Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles einen Korb.

Einer kam schnell ins Gespräch, wurde als potenzieller Nachfolger gehandelt – auch, wenn er zuerst abwiegelte. Beim ARD-Talk von Sandra Maischberger bekräftigte nun Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, dass er ebenfalls nicht zur Verfügung steht. „Ich habe nicht die Absicht, mich zu verändern“ sagte der 60-Jährige.

Getreu dem Sprichwort: Was nicht ist, kann ja noch werden, hielt sich der Sozialdemokrat, der vom Oberbürgermeister Hannovers zum Ministerpräsidenten wurde, aber alle Türen offen. Denn ausschließen wollte er ein Amt auch nicht.

Umstimmen ließ sich Weil auch nicht vom überschwänglichen Lob des Stern-Journalisten Hans-Ulrich Jörges und des Spiegel-Kolumnisten Jan Fleischhauer. Da sich die Sendung eigentlich um die Frage drehen sollte, ob die Regierung am Ende sei, waren zudem der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt zu Gast.

SPDS-Krise bei Maischberger: Viele Personalfragen – Weil sieht „Kraftakt“ beim Klima

CDU-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus (links) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) diskutierten mit Sandra Maischberger über die Große Koalition.
CDU-Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus (links) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) diskutierten mit Sandra Maischberger über die Große Koalition. © WDR/Wolfgang Borrs | WDR/Wolfgang Borrs

Das mögliche Aus der Regierung geriet allerdings in der Sendung zum Nebenschauplatz. Weil stellte klar, dass das geplante Klimaschutzgesetz ein wichtiger Indikator für die weitere Zusammenarbeit sei. Die Regierung müsse in „einem Kraftakt“ nachholen, was sie bisher verpasst habe. Brinkhaus warb für eine weitere Fortsetzung der großen Koalition.

Im Fokus standen aber die Personalfragen – vor allem die der ungeklärten Posten in der SPD. Wie groß der Einfluss der Vergabe der Spitzenposten auf die Regierungsarbeit sein wird, stellte Weil klar: „Zwischen der Fortsetzung der Regierung und den Personalentscheidungen wird es einen Zusammenhang geben, da muss man kein Prophet sein.“

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Ausschließen möchte Weil einen Posten nicht

Auch wenn er keine Absicht auf den SPD-Chefposten hege, so schloss Weil auf mehrfache Nachfrage von Maischberger einen Posten dennoch nicht aus. „Es gibt Politiker, die haben den größten Fehler in dem Moment gemacht, als sie auf ‚Schließen-Sie-aus-Fragen‘ mit Ja oder mit Nein geantwortet haben“, begründete Weil sein Ausweichen.

Einen Adressaten dürfte Weil mit dieser Formulierung gefunden haben: Immerhin kostete Martin Schulz, der nach der Bundestagswahl eine Fortsetzung der schwarz-roten Regierung ausschloss, eine solche Festlegung den Parteivorsitz.

Brinkhaus: „Kramp-Karrenbauer ist unsere Kanzlerkandidatin“

Auch bei der CDU stellte Maischberger die Personalfrage. Nach Annegret Kramp-Karrenbauers Reaktion auf das Rezo-Video wuchs zuletzt die Kritik an der CDU-Parteivorsitzenden. Dazu auch unser Kommentar:

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Wie es sich für einen loyalen Fraktionsvorsitzen ziemt, hielt Brinkhaus seiner Chefin den Rücken frei: „Sie ist als Parteivorsitzende unsere Kanzlerkandidatin“, stellte Brinkhaus klar.

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Selbst Göring-Eckardt kam um Personalien nicht herum, immerhin liegen die Grünen erstmalig in Umfragen vor der Union. Gibt es also bald einen Grünen als Kanzler? „Wir möchten gerne gestalten“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende.

SPD am Boden, CDU unter Druck: Ist die Regierung am Ende mit Ralph Brinkhaus (CDU, von links), Stephan Weil (SPD), Sandra Maischberger (Moderatorin), Katrin Göring-Eckardt (B’90/Grüne), Jan Fleischhauer (
SPD am Boden, CDU unter Druck: Ist die Regierung am Ende mit Ralph Brinkhaus (CDU, von links), Stephan Weil (SPD), Sandra Maischberger (Moderatorin), Katrin Göring-Eckardt (B’90/Grüne), Jan Fleischhauer ("Spiegel"-Autor), Hans-Ulrich Jörges (Journalist). © WDR/Wolfgang Borrs | WDR/Wolfgang Borrs

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Harmonisches Wundenlecken

Wie kommen die Regierungsparteien aus ihren Tiefs heraus? „Wir müssen dringend die Art und Weise, wie wir uns präsentieren, verändern“, forderte Weil. Das „permanente Politik-Kauderwelsch“ verstehe außerhalb des politischen Berlins niemand.

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    Kauderwelsch wurde bei Maischberger nicht gesprochen, dafür häuften sich an dem Abend die Floskeln. Vor allem Weil und Brinkhaus strahlten große Harmonie aus. Nur Jörges war als Einziger auf Krawall gebürstet und provozierte mit Sätzen wie „Andrea Nahles muss man nicht nachtrauern, ihre Zeit war abgelaufen“ und „Das Grundproblem ist, dass sie im Kanzleramt eine erschöpfte Kanzlerin sitzen haben.“

    Allerdings verpufften diese Sticheleien meist. Bestes Beispiel: Brinkhaus verteidigte energisch die SPD für deren Regierungseintritt 2018 als „verantwortungsvoll“, Weil betonte im Gegenzug seinen Wunsch auf eine Fortsetzung der großen Koalition. Falls das doch nicht klappen sollte:

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    Nach den für die ehemaligen Volksparteien niederschmetterenden Ereignissen der letzten Tagen war gegenseitiges Wundenlecken angesagt.

    Ralph Brinkhaus (CDU, links), Stephan Weil (SPD) – ihren Parteien ging es auch schon mal besser.
    Ralph Brinkhaus (CDU, links), Stephan Weil (SPD) – ihren Parteien ging es auch schon mal besser. © WDR/Wolfgang Borrs | WDR/Wolfgang Borrs

    „Wohin das führt, haben wir beim HSV gesehen“

    Zum Wundenlecken bietet es sich an, sich jemanden zu suchen, der mit Häme und Spott noch härter getroffen wurde, als man selbst. Das gelang Ralph Brinkhaus. Im Umgang mit Parteifunktionären in der Bundespolitik fand es der CDU-Fraktionsvorsitzende „befremdlich“, dass das Spitzenpersonal schon nach relativ kurzer Zeit an seinem Wirkungsgrad bemessen werde.

    „Das erinnert mich an das Fußballgeschäft“, sagte Brinkhaus und nannte die schnelle Entlassung von Trainern. Um dann anzufügen: „Wohin das führt, haben wir beim HSV gesehen.“

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