Brüssel. EU-Kommissarin Violeta Bulc wirbt für ein rasches Aus der halbjährlichen Zeitwechsel. Aber es droht neuer Ärger mit den EU-Staaten.

Die EU-Mitgliedstaaten bremsen beim Ende der Zeitumstellung – doch jetzt macht sich die EU-Kommission stark für ein baldiges Aus von Sommer- und Winterzeitwechsel in Europa.

Die zuständige EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc stellt allen Bürgern Vorteile in Aussicht: Die Beendigung der saisonalen Zeitumstellung „wird sich unmittelbar auf alle in der EU lebenden Menschen auswirken und ihr Leben erleichtern“, sagte Bulc unserer Redaktion vor einem Treffen der EU-Verkehrsminister.

Die 28 Minister werden an diesem Donnerstag in Luxemburg über dieses Thema beraten. Bulcs Beamte sind ähnlich zuversichtlich wie die Kommissarin: „Bürger und Unternehmen werden davon profitieren“, heißt es in Kommissionskreisen.

Es gebe Belege, dass eine harmonisierte Abschaffung der saisonalen Zeitwechsel in Europa Vorteile für das Funktionieren des Binnenmarkts haben werde. Ob sich die Mitgliedstaaten davon überzeugen lassen?

Bulc zeigt Verständnis für Abstimmungsbedarf

Beim Treffen der Verkehrsminister wird ein Beschluss abermals vertagt, das Ende der Zeitumstellung in Europa wird auf die lange Bank geschoben. Ausgangspunkt ist ein Vorschlag der Kommission vom vergangenen September, den halbjährlichen Zeitwechsel schon in diesem Jahr zu beenden; das ist inzwischen nicht mehr realisierbar.

Auch interessant

Anders als das EU-Parlament: Es hatte sich im Frühjahr für ein Ende der Zeitumstellung 2021 ausgesprochen, kann aber nur zusammen mit dem EU-Rat die endgültige Entscheidung fällen.

Bulc lobte die Festlegung des EU-Parlaments als „deutliches Zeichen“, vermied aber zugleich Kritik am fortgesetzten Abstimmungsbedarf der Mitgliedstaaten: Sie verstehe „voll und ganz“, wie wichtig es sei, ein koordiniertes Vorgehen bei der Wahl der künftigen Standardzeit sicherzustellen, erklärte sie. Doch das Verständnis dürfte nicht genügen, um einen heftigen Streit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission abzuwenden.

Diese 5 Tipps helfen bei der Zeitumstellung

weitere Videos

    Streit um Gutachten zu den Auswirkungen

    Eine Reihe von EU-Ländern, darunter Deutschland, verlangt, dass die Kommission erst eine Folgenabschätzung zu dem Vorschlag vorlegt – also genau und fundiert erklärt, welche positiven und negativen Auswirkungen es hat, wenn in Europa künftig die Uhren nicht mehr jedes halbe Jahr umgestellt werden.

    • Kommentar:

    Auch interessant

    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich in einem Schreiben an die Nachbarländer Deutschlands schon ungehalten: „Die Bundesregierung hält es für erforderlich, dass die Folgen des Vorschlags der Europäischen Kommission noch genauer dargestellt werden und eine EU-weite Folgenabschätzung unverzüglich vorgelegt wird.“

    Der juristische Dienst des Rates der Mitgliedstaaten soll in Kürze ein Gutachten vorlegen, das diese Forderung untermauert. Doch die Mühe ist wohl vergebens: Die Kommission lehnt das Ansinnen nach Informationen unserer Redaktion klar ab. „Die Kommission beabsichtigt nicht, eine Folgeabschätzung durchzuführen“, sagte ein Beamter.

    Es gebe bereits eine ausreichende analytische Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen, die Kommission habe darauf in der Begründung ihres Vorschlags verwiesen. Und die Frage, ob im jeweiligen Land künftig dauerhaft Sommer- oder Winterzeit gelten soll, könnten die Mitgliedstaaten ohnehin besser beantworten, heißt es in Kommissionskreisen.

    Jetzt droht eine Blockade

    Das Problem: Wenn sich Kommission und Mitgliedstaaten bei der Frage eines Gutachtens zu den Auswirkungen verhaken, droht eine Blockade. Denn ohne eine solche Expertise wollen viele Regierungen nicht entscheiden. Auch die Bundesregierung nicht.

    Sie werde, erklärte Altmaier, „im Zuge der weiteren Beratungen und im Lichte der Folgenabschätzung“ endgültig festlegen, ob in Deutschland künftig dauerhaft Sommer- oder Winterzeit gelten soll.