Berlin. Die CO2-Steuer ist im Kern richtig. Doch als Schnellschuss könnte sie die Bürger überfordern. Abwarten ist aber keine Alternative.

Es gab eine Zeit, in der Angela Merkel als Klimakanzlerin gefeiert wurde. Damals wurden ehrgeizige Ziele festgelegt, um das Klimagas CO2 zu reduzieren. Diese Zeit ist vorbei. Die Klimaziele für 2020 kann Deutschland nicht erreichen. Auf den letzten Metern ihrer Kanzlerschaft versucht Merkel, nun wenigstens die Ziele für 2030 erreichbar zu machen.

Eine mögliche CO2-Steuer könnte helfen. Doch gerade weil diese Steuer von allen Seiten als eine Art „Wunderwaffe“ gepriesen wird, sind Zweifel angebracht.

CO2-Steuer: Einnahmen sollen zurückgegeben werden

In der Theorie funktioniert eine CO2-Steuer ganz einfach: Sie verteuert alles, was das klimaschädliche Kohlendioxid produziert. Fossile Brennstoffe wie Öl und Gas werden unattraktiver. Die Bürger sparen Energie. Gleichzeitig werden die Einnahmen für einen guten Zweck verwendet: für besseren öffentlichen Nahverkehr oder für niedrigere Sozialbeiträge.

So soll das zusätzlich eingenommene Geld den Steuerzahlern zurückgegeben werden. Geringverdiener sollen stärker profitieren als Gutverdiener – Umverteilung ist also auch dabei.

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    Lösungen zur CO2-Vermeidung nutzen auch der Wirtschaft

    Der Gedanke ist im Kern gut und richtig. Mehr Klimaschutz ist nötig, und die Zeit drängt. Industrienationen wie Deutschland müssen dabei vorangehen – nicht nur, weil wir selbst vom Klimawandel betroffen sind.

    Wir können Umstellungsprozesse eher bewältigen als ärmere Länder. Vor allem aber können wir wirtschaftlich profitieren, wenn wir technische Lösungen zur CO2-Vermeidung anbieten können. Zum klimaneu­tralen Umbau der Wirtschaft gehört auch ein Steuersystem, das finanzielle Anreize für ökologisches Handeln setzt. So weit die Theorie.

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    CO2-Steuer verteuert Heizen, Autofahren, Lebensmittel

    In der Praxis aber wird ein Umbau des Steuersystems schwierig. Schon heute beeinflussen die Kfz-Steuer, die Stromsteuer oder die Energiesteuer (die früher Mineralölsteuer hieß) den Verbrauch von Energie. Daneben gibt es die Abgabe für die Förderung erneuerbarer Energien, die in den vergangenen Jahren für steigende Strompreise gesorgt hat.

    Das alles ließe sich irgendwie in eine CO2-Steuer umetikettieren, integrieren oder überführen. Sie würde trotzdem dort ansetzen, wo es jeder Bürger merkt: beim Heizen, beim Autofahren, bei der Stromrechnung und bei Lebensmitteln.

    Kann man Schulzes Aussagen trauen?

    Überall dort würde das Leben teurer. Und wo würde es billiger? Umweltministerin Svenja Schulze sagt, niemand müsse Angst vor einer solchen Abgabe haben. Das Geld werde den Bürgern zurückgegeben, und jeder werde technische Möglichkeiten haben, CO2 zu vermeiden.

    Dieselfahrer kennen die Argumentation, sie dürfte ihnen wie Hohn vorkommen. Sie haben bis heute keine technischen Möglichkeiten, um Fahrverbote zu vermeiden – es sei denn, sie geben viel Geld für ein neues Auto aus.

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      Warum sollte eine CO2-Steuer erfolgreicher sein als die „Ökosteuer“?

      Das Beispiel Diesel zeigt, dass gut gemeinte Regeln (Grenzwerte für saubere Luft) schnell ins Gegenteil umschlagen und die Bürger ratlos zurücklassen können. Und auch der Plan, die Umwelt zu schützen und dabei die Lohnnebenkosten zu senken, ist nicht neu.

      Die 1999 eingeführte „Ökosteuer“ (gemeint waren Energie- und Stromsteuer) sollte Energie verteuern und die Rente sicherer machen. Das erste Ziel ist erreicht:

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      Das zweite Ziel wurde deutlich verfehlt. Warum sollte eine CO2-Steuer mehr Erfolg haben? Wie sozial ausgewogen kann sie überhaupt sein?

      Wie teuer darf der Klimaschutz sein?

      Noch liegt kein konkretes Konzept für eine solche Abgabe vor. Noch suchen Politik, Wirtschaft und Experten eine Antwort auf die Frage, wie teuer der Klimaschutz sein darf. Fakt ist aber: Wenn eine CO2-Steuer schnell wirken soll, dann droht sie die Bürger zu überfordern. Kommt sie langfristig und berechenbar, dann wird Deutschland seine ehrgeizigen Klimaziele vermutlich erneut reißen.

      (Philipp Neumann)