Frankfurt/Main. Die Aufsichtsräte deutscher Unternehmen sind weiblicher geworden. Dennoch berufen die Kontrollgremien kaum Frauen in den Vorstand.

Der Sprung in die obersten Etagen deutscher Konzerne ist für Frauen weiterhin deutlich schwieriger als für ihre männlichen Kollegen. Der Grund: Vorstandsposten werden fast ausschließlich von Männern besetzt, wie eine Untersuchung der gemeinnützigen Allbright Stiftung ergeben hat.

Auch dass inzwischen im Schnitt 30 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich seien, habe an dieser Ungleichverteilung nichts geändert, heißt es in der Studie. In den zuständigen Aufsichtsratsausschüssen, die maßgeblich für die Berufung von Vorständen sind, seien Frauen bislang nur mit 16,8 Prozent vertreten. Zudem seien die Chefs des Kontrollgremiums – eine Schlüsselfigur im Besetzungsprozess – fast immer männlich.

Laut den Forschern lag der Frauenanteil in der Führungsetage der 160 Unternehmen der Dax-Indexfamilie zum 1. Februar bei 8,8 Prozent. Im September 2018 waren es 8,0 Prozent gewesen. Demnach bestünden die Vorstände zu gut 91 Prozent aus Managern.

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    53 der 160 ausgewerteten Unternehmen haben das Ziel „null Frauen“

    Zudem seien sich die Männer in Top-Positionen oft sehr ähnlich. Ein Teil der Aufsichtsratschefs (19 Prozent) war demnach zuvor im Vorstand, 12 Prozent waren Vorstandschefs im selben Unternehmen. Das trage zu einer großen Homogenität im deutschen Top-Management bei und verzögere dringend notwendige Erneuerungen, kritisieren die Autoren. Ausgewertet wurden die 160 Unternehmen, die in den Börsenindizes Dax, MDax und SDax notiert sind.

    Die etwa 100 größten börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen in Deutschland müssen mindestens 30 Prozent der Posten in ihren Kontrollgremien mit Frauen besetzen. Zudem müssen sich 1747 Firmen Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand setzen. Es ist allerdings möglich, keine Managerinnen in der Führungsetage anzustreben. Den Angaben zufolge formulieren die Aufsichtsräte von 53 der 160 ausgewerteten Unternehmen ausdrücklich das Ziel „null Frauen“.

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    Giffey fordert mehr politischen und gesellschaftlichen Druck

    Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) Mitte März bei einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und des Deutschen Frauenrates zum „Equal Pay Day“ auf dem Pariser Platz in Berlin.
    Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) Mitte März bei einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und des Deutschen Frauenrates zum „Equal Pay Day“ auf dem Pariser Platz in Berlin. © dpa | Bernd von Jutrczenka

    Insgesamt trifft dies nach Angaben des Bundesfrauenministeriums auf 757 der Unternehmen zu, die unter die Vorschrift fallen, weitere 664 meldeten gar keine Zielgröße. Frauenministerin Franziska Giffey bezeichnete dies als nicht akzeptabel.„Deshalb werden wir die bestehenden gesetzlichen Regelungen gemeinsam mit dem Justizministerium so ändern, dass diese Zielgröße künftig zumindest fundiert begründet werden muss, sonst wird das sanktioniert“, kündigte die SPD-Politikerin an. „Es braucht politischen und gesellschaftlichen Druck, damit Frauen auch in Führungspositionen der Chefetagen großer Unternehmen angemessen vertreten sind.“

    Die Geschäftsführer der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg, kritisierten: „Wenn Aufsichtsräte keine Frauen für die Vorstände rekrutieren und sich auch noch das ausgesprochene Ziel „Null Frauen“ für den Vorstand stecken, kann man das nur als Aufsichtsratsversagen bezeichnen, als eine Entscheidung gegen die Unternehmensinteressen“.

    Der „Männer-Kreislauf“ in der Rekrutierung müsse durchbrochen werden: „Zum Beispiel mehr Frauen in die Ausschüsse berufen, auch und gerade als Ausschussvorsitzende. Es ist Sache des Aufsichtsratsvorsitzenden, dafür zu sorgen, und die Aktionäre sollten das von ihm einfordern“, mahnten Ankersen und Berg.

    Die deutsch-schwedische Stiftung setzt sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft ein.

    (dpa/ba)