Berlin. Zur Fastenzeit kann man auf vieles verzichten. Vorschnelles Bilden einer Meinung zum Beispiel. Nachdenken vorm Posten als Ansatz.

Und nun? Die Aschermittwochsreden sind gehalten, die Sau ist raus, die Schenkel sind geklopft. Einmal im Jahr schaltet die Politik auf Ausnahmezustand – danach ist wieder Alltag. In den Stadthallen, Tennis-Centern und Bierkellern wird gelüftet, die Redner spülen sich den Mund aus und machen weiter wie vorher.

Dabei wäre die eigentliche Pointe doch, jetzt eben nicht wieder zum Alltag zurückzukehren, sondern nach dem Aschermittwochsritual auch ein Fastenritual anzuschließen. Oder?

Manche verzichten auf Plastik, die Kirche ruft zur Wahrheit auf

Gut, der eine oder andere Spitzenpolitiker macht das privat. Sie verzichten auf Alkohol oder Süßigkeiten oder halten es wie Malu Dreyer, Regierungschefin in Rheinland-Pfalz, die diesmal vor allem auf Plastikverpackungen verzichten will.

Auch das Fastenmotto der evangelischen Kirche, „Sieben Wochen ohne Lügen“, ist für Politiker nicht optimal – hieße das doch, dass sie so was normalerweise regelmäßig tun.

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Innehalten statt nachplappern - es lohnt sich

Wieso aber dreht sich alles nur um Verzicht? Klar, wer fastet, übt sich in Abstinenz und Selbstkontrolle. Doch in der Fastenzeit geht es auch darum, Gewohnheiten zu überdenken und neue zu erproben.

Warum also nicht mal ein deutschlandweites „Sieben Wochen mit …“? Nicht nur für die Politik, für das ganze Land: Sieben Wochen mit mehr Rücksicht, mehr Vorsicht, mehr Umsicht. Das fängt bei der Sprache an: Kurz mal nachdenken, bevor man unkontrolliert irgendeinen Mist in die Whats­App-Gruppe schreibt, bei Facebook postet oder via Twitter raushaut.

Kurz mal innehalten, bevor man nachplappert, was die realen oder die virtuellen Nachbarn so daherreden. Kurz mal die Frage stellen, was besser ist: die nächste Sau durchs Dorf zu treiben oder einfach saugut seinen Auftrag zu erfüllen. Als Politiker, aber auch als Staatsbürger. Das ist schwerer als sieben Wochen ohne Schokolade. Aber es lohnt sich.