Berlin . Tut die katholische Kirche genug gegen den sexuellen Missbrauch? Bei „Anne Will“ berichtete dazu am Sonntagabend ein besonderer Gast.

Bei „Anne Will“ ging es am Sonntagabend um den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. Der Umgang damit ist unter Papst Franziskus etwas transparenter geworden.

Eine eigene Konferenz zu dem Thema fand in den vergangenen Tagen allerdings deutliche Kritik: Kirchenrechtler und Betroffene bezeichneten die Ergebnisse und auch die Rede von Franziskus als völlig unzureichend.

Existiert in der katholischen Kirche überhaupt der Wille zur Aufklärung?

„Anne Will“ - das waren die Gäste:

• Bischof Stephan Ackermann

• Betroffene Agnes Wich

• Opfervertreter Matthias Katsch

• Journalist Heribert Prantl

• Missbrauchsbeauftrage der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig

Worum ging es in der Debatte?

Vor allem um den Papst. In der Runde war man sich schnell einig, dass Franziskus mit der Konferenz viel zu kurz gesprungen ist. „Die Kirche steckt in einer Jahrtausendkrise“, fasste Heribert Prantl von der „Süddeutschen Zeitung“ die Lage zusammen. Doch statt entsprechend große Reformen zu verkünden, habe der Papst nur Selbstverständlichkeiten erklärt.

Da hatte er Recht, schließlich

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– und machte deutlich, dass jetzt mit dem Vertuschen Schluss sein müsse. Eigentlich ein Armutszeugnis für die katholische Kirche. Doch Bischof Stephan Ackermann konnte dem dennoch Gutes abgewinnen:

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– und so einen wichtigen Kulturwandel angeschoben.

Bezeichnend war allerdings, dass sich auch Ackermann offen enttäuscht vom Ausgang der Konferenz zeigte. Die erhoffte konkrete To-Do-Liste gebe es noch nicht. Und: „Wir haben noch keine echte Aufarbeitung.“ Auch wäre ohne äußeren Druck nichts passiert.

Die treffendste Analyse...

... wurde in der gesamten Runde erarbeitet und betraf die Ursachen des massenhaften sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Zum einen benannten Anne Wills Gäste dazu die enge Verflechtung von Kirche und Staat. Zu oft käme die Kirche damit durch, die Fälle selbst regeln zu wollen. „Die Paralleljustiz muss ein Ende haben“, forderte zusammenfassend Opfervertreter Matthias Katsch.

• Kommentar:

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Doch wodurch werden die Taten ermöglicht? Hier war sich die Runde einig, dass vor allem das Machtgefälle schuld ist. „Priester waren gottgleiche Wesen, die Eltern waren ein Stück weit auch abhängig von ihnen“, sagte dazu Agnes Wich.

Der besondere Gast

Diese Feststellung formulierte Wich anhand eigener Erfahrungen. Als Neunjährige wurde sie mehrfach von einem Priester vergewaltigt, der auch noch ihr Religionslehrer war. Wegen dessen Macht wagte sie nicht, sich jemandem anzuvertrauen. Mit 18 Jahren trat Wich aus der Kirche aus – und begab sich auf die Suche nach einer neuen spirituellen Heimat. Ein Buddhist riet ihr schließlich, sich ihrer Pein zu stellen. Im Alter von 61 trat Wich wieder in die katholische Kirche ein: „Ich möchte ein Stück Heilung für diese Verletzungen bringen“, sagt sie heute.

Und lobte den Papst sogar insgesamt, auch wenn dieser sie bei der Konferenz enttäuscht habe.

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    Das Fazit

    Diese Ausgabe von „Anne Will“ machte deutlich, wie tiefgreifend die Krise der katholischen Kirche ist – und wie langsam der Apparat darauf reagiert. Doch die Zeit der Kopf-in-den-Sand-Strategie ist vorbei. Die drastische Kritik am Ausgang der Konferenz zeigt: Das Fundament ist getroffen und wird weiter erodieren, wenn kein grundsätzlicher Wandel stattfindet.

    Allerdings wird dieser Wandel die Eckpfeiler der Kirche in Frage stellen. „Jetzt müssen die großen Fragen angegangen werden“, forderte Heribert Prantl. „Die Sexualmoral, der Zölibat und die Rolle der Frau.“