Brüssel. Ein Frontex-Bericht warnt vor einer neuen Vertreibung von Menschen aus Syrien. Auch aus anderen Ländern könnten Flüchtlinge einreisen.

Keine Entwarnung für die Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union: Die EU-Grenzschutztruppe Frontex hält eine „neue, unkontrollierbare Flüchtlingswelle“ aus Syrien für möglich. Wenn syrische Regierungstruppen wie erwartet eine Offensive zur Rückeroberung der nordsyrischen Provinz Idlib starten sollten, „könnte das zur Vertreibung von Hunderttausenden Menschen in die Türkei führen“, warnt ein neuer Bericht, den Frontex-Chef Fabrice Leggerie in Brüssel vorlegte.

Die Offensive in der Hochburg der syrischen Opposition sei zwar wegen einer türkisch-russischen Absprache verschoben, die syrische Regierung sei aber entschlossen zur Rückeroberung der Gebiete. In einem solchen Fall „könnte eine neue Migrationswelle nach Europa schwer zu zügeln sein“, heißt es in dem Frontex-Report „Risiko-Analyse für 2019“. Leggerie sagte: „Wir müssen die Lage genau beobachten“. Nicht nur wegen der Flüchtlinge, sondern auch wegen ausländischer Dschihadisten, die in einem solchen Fall versuchen könnten, nach Europa zu entkommen.

EU-Grenzschutz stehen weitere Prüfungen bevor

Syrien ist nicht die einzige Sorge der

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Frontex rechnet auch mit mehr Einreiseversuchen aus Afrika und sieht Migrationsdruck aus Südamerika. „Wir haben gerade keine brennende Krise, aber der Druck lässt nicht nach. Und der Druck wird bleiben“, sagte der Frontex-Chef.

Dem EU-Grenzschutz stünden damit weitere Prüfungen bevor. Längerfristig dürfte die Zahl der Migranten zwar abnehmen, je stärker Transitländer die Durchreise erschwerten, so der Report. Kurzfristig sei aber mit einer steigenden Zahl von Migrationswünschen zu rechnen – und nur wenige Migranten würden sich von ihrem Ziel, die EU zu erreichen, abbringen lassen, warnt der Bericht.

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    Rückgang der Ankunftszahlen auf Mittelmeerroute

    Dabei klingt die Frontex-Bilanz für 2018 auf den ersten Blick eher beruhigend:

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    – vor allem wegen eines dramatischen Rückgangs der Ankunftszahlen auf der zentralen Mittelmeerroute nach Italien. Doch dafür kommen immer mehr Flüchtlinge über die westliche Mittelmeerroute von Marokko nach Spanien – die Zahl der illegalen Grenzübertritte sei hier 2018 um 160 Prozent auf 57.000 gestiegen.

    Hintergrund:

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    Ein Beamter der Bundespolizei im Hafen von Vathy auf der griechischen Insel Samos.
    Ein Beamter der Bundespolizei im Hafen von Vathy auf der griechischen Insel Samos. © dpa | Christian Charisius

    Auch auf der östlichen Mittelmeerroute wurde ein Drittel mehr illegaler Grenzübertritte registriert, insgesamt 56.000. Eine wachsende Zahl von Migranten habe jetzt leichten Zugang zu Ländern wie Marokko und der Türkei – also den beiden Ländern, über die trotz eigener Schutzvorkehrungen und massiver Unterstützung durch die EU jetzt mehr Flüchtlinge nach Europa kämen. Für Migranten aus West-Afrika sei die Route über Marokko – das für sie legal und visafrei erreichbar sei – inzwischen der bevorzugte Weg.

    Einreisezahl aus Venezuela könnte steigen

    Neues Zuwanderungspotenzial sieht der Risiko-Report auch in Süd- und Mittelamerika. Allein 2018 stellten schätzungsweise 42.000 Menschen aus dieser Region einen Asylantrag in der EU, zwei Drittel wählten Spanien als Zielland. Viele dieser Migranten kämen regulär und ohne Visa nach Europa. Angesichts der Entwicklungen in Süd- und Mittelamerika, vor allem der Krise in Venezuela, könnten die Einreisezahlen steigen, heißt es in dem Frontex-Report weiter.

    Erst vor wenigen Tagen hatte bereits die EU-Asylagentur in einem neuen Bericht gewarnt, bereits jeder fünfte Asylantrag in der EU stamme von Menschen, die mit dem Pass ihres Heimatlandes ganz regulär und ohne Visum in die EU einreisen dürfen – am häufigsten Bürger aus Venezuela. (Siehe Bericht „Immer mehr Asylbewerber kommen legal – sogar aus Südamerika“ von Sonntag).

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    Aktuell 1500 Frontex-Beamte im Einsatz

    Frontex drängte angesichts der weiter angespannten Lage auf eine Verstärkung der Grenzschutztruppe. Aktuell sind rund 1500 Beamte im Einsatz, vor allem in ständigen Operationen in Spanien, Griechenland und Italien. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, Frontex sehr schnell bis 2020 auf 10.000 Beamte aufzustocken und mit mehr Kompetenzen auszustatten. Doch den Mitgliedstaaten, die den Großteil des Personals stellen müssten, geht das zu schnell, sie blockieren einen Beschluss. Voraussichtlich wird der Ausbau der Grenzschutztruppe frühestens 2025 abgeschlossen sein.