Mainz. Die Punkrocker sind im Bauhaus Dessau nicht erwünscht. Kultursenator und Bauhaus-Verbund-Chef Klaus Lederer kritisiert die Absage.

Mehr als 100 Künstler standen bereits für das ZDF auf der Bühne des Bauhaus Dessau, doch bei Feine Sahne Fischfilet reicht die Stiftung nun ihr Veto ein. Der Auftritt der Punkrock-Band um Sänger Jan Gorkow solle abgesagt werden, verlangte sie und machte dabei von ihrem Hausrecht Gebrauch. Rechte Gruppierungen hätten zuvor in sozialen Netzwerken gegen das Konzert mobil gemacht.

Der diesjährige Vorsitzende des Bauhaus Verbundes, Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), kritisierte die Absage. Er widerspreche entschieden den Äußerungen der dortigen Stiftung, das Bauhaus sei ein "bewusst unpolitischer Ort", schreibt Lederer in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an die Mitglieder des Museumsverbundes. Die Kunstschule fordere nach ihren eigenen Erfahrungen in der Nazi-Zeit und der DDR zu einer klaren Haltung gegen alle Einschüchterungsversuche auf.

"Angriff auf die Kunstfreiheit"

Lederer betonte, die Mobilisierung gegen das Konzert sollte als Angriff auf die Kunstfreiheit verstanden werden und nicht als Begründung für eine Absage herhalten. "Wir können und wollen die politischen Wurzeln des Bauhauses nicht einfach ignorieren", schrieb er. "Lassen Sie uns also das 100-jährige Jubiläum nutzen, um mit Selbstvertrauen für Kultur und Demokratie einzustehen!"

Zu dem Bauhaus Verbund haben sich die drei Bauhaus-Standorte Weimar, Dessau und Berlin mit zahlreichen Bundesländern und der Bundesregierung zusammengeschlossen, um das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der weltberühmten Designschule 2019 gemeinsam auszurichten.

Feine Sahne Fischfilet kritisiert Bauhaus Dessau fürs „Einknicken“

Zuvor hatte das ZDF enttäuscht auf den Schritt reagiert. Es hatte aber wissen lassen, dass das nicht das endgültige Aus für das Konzert bedeuten solle.

Auch die Band selbst hatte deutlich Position bezogen. „Es ist doch wohl klar, dass wir am 6.11 in Dessau spielen werden!“, leiten die Musiker ihr Statement ein, das sie am Freitagabend auf Facebook veröffentlichten. Der Rest ist eine deutliche Abrechnung mit dem Bauhaus Dessau und denen, die sich gegen den ursprünglich geplanten Auftritt ausgesprochen hatten.

„Dass das Bauhaus einknickte vor dieser rechten Allianz, setzt neue Maßstäbe in Sachen Erbärmlichkeit“, heißt es in dem Facebook-Post weiter. „Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die CDU schüchtert zusammen mit der AfD und Neonazis eine Kultur- und Bildungsstätte ein, um ein Konzert von uns in Dessau zu verhindern. [...] Wenn man so etwas unwidersprochen lässt, kann man sich schon mal auf die Zukunft freuen und warm anziehen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die CDU mit der AfD koalieren wird.“

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Der Rahmen stünde noch nicht fest, so die Band weiter. Dass es am 6. November zu einem Konzert in Dessau kommen werde, stehe nun aber fest.

ZDF suchte neuen Veranstaltungsort für Feine Sahne Fischfilet

Das ZDF hatte vorher angeblich umdisponieren und einen anderen Ort für das geplante Konzert suchen wollen. „Das ZDF plant weiterhin die Aufzeichnung eines Konzerts zum aktuellen Album der Band, das dem Sendungskonzept entsprechend in Moderationen und Interviews journalistisch eingebettet wird. Nach einem alternativen Veranstaltungsort wird derzeit gesucht“, hieß es.

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    Der Feine-Sahne-Fischfilet-Auftritt im Bauhaus Dessau war für den 6. November geplant – und offenbar sehnsüchtig erwartet worden.

    Feine-Sahne-Fischfilet-Konzert schnell ausverkauft

    „Wie stark, dass sich scheinbar so viele Menschen in Sachsen-Anhalt über das Konzert am 6.11. gefreut haben und dat Ding nach ein paar Sekunden ausverkauft war. Wir freuen uns drauf“, schrieb die Band noch am Dienstag auf Facebook. Doch ähnlich stark wie die Unterstützung war die Gegenwehr.

    „Die linksfaschistische Band ‘Feine Sahne Fischfilet’ tritt nun auch in Dessau auf“, zitierten die Punkrocker einen Aufruf der rechten Gruppierung „Patriotisches Köthen“. Und weiter: „Das lassen wir uns nicht bieten & streben eine Aktion gegen diesen Wahnsinn an.“

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    Hakenkreuz vor Bauhaus Dessau geschmiert

    Aufrufe wie dieser bewegten offenbar die Stiftung Bauhaus Dessau dazu, das ZDF um Absage des Konzerts zu bitten. Das Bauhaus, das zum Unesco-Welterbe gehört, befürchte Demonstrationen vor der eigenen Tür,

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    teilte eine Sprecherin mit.

    Aufgeheizte Stimmung bei AfD-Demo in Chemnitz

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      Dort gab es zuletzt mehrere Demos von Rechtsextremen. In der Nacht zum Donnerstag war laut der Bauhaus-Chefin auf dem Boden vor dem Eingang des Hauptgebäudes ein Hakenkreuz geschmiert worden.

      Punkrocker im Verfassungsschutzbericht genannt

      Feine Sahne Fischfilet war vor einigen Jahren wegen Gewaltaufrufen gegen Polizisten im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern genannt worden.

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      Die Diskussion über das Konzert bewegt auch die Landespolitik in Sachsen-Anhalt. Als schwer bis nicht nachvollziehbar hatte ein Regierungssprecher die Einladung der polarisierenden Punkband bezeichnet. In Staatskanzlei und Kulturministerium gab es die Befürchtung, dass die Marke Bauhaus beschädigt werden könnte.

      Das „Wir sind mehr“-Konzert in Chemnitz

      In Chemnitz spielen am Montag Bands unter dem Motto „#wirsindmehr“ gegen Rechts. Mit dabei: Marteria, Kraftklub und die Toten Hosen. Als Erstes betrat der in Chemnitz geborene Dancehall-Sänger Trettmann die Bühne.
      In Chemnitz spielen am Montag Bands unter dem Motto „#wirsindmehr“ gegen Rechts. Mit dabei: Marteria, Kraftklub und die Toten Hosen. Als Erstes betrat der in Chemnitz geborene Dancehall-Sänger Trettmann die Bühne. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Die Bands wollen damit ein Zeichen gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt setzen.
      Die Bands wollen damit ein Zeichen gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt setzen. © dpa | Sebastian Willnow
      „Toleranz ist supi cool!“: Konzertbesucher machen mit Schildern ihre Haltung klar. Die Stadtverwaltung teilte mit, dass bis zum frühen Abend rund 50.000 Besucher gekommen waren
      „Toleranz ist supi cool!“: Konzertbesucher machen mit Schildern ihre Haltung klar. Die Stadtverwaltung teilte mit, dass bis zum frühen Abend rund 50.000 Besucher gekommen waren © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Herz und Hirn statt Hetze: Auch das war eine der Forderung der Besucher.
      Herz und Hirn statt Hetze: Auch das war eine der Forderung der Besucher. © dpa | Julian Stratenschulte
      Über Facebook hatten sich sogar weit mehr als 30.000 Besucher für die Veranstaltung angekündigt. Wegen des erwarteten Andrangs musste das Konzert auf einen größeren Platz verlegt werden.
      Über Facebook hatten sich sogar weit mehr als 30.000 Besucher für die Veranstaltung angekündigt. Wegen des erwarteten Andrangs musste das Konzert auf einen größeren Platz verlegt werden. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Vor dem ersten Musik-Act wurde eine Schweigeminute für den auf einem Chemnitzer Stadtfest getöeteten Daniel H. abgehalten.
      Vor dem ersten Musik-Act wurde eine Schweigeminute für den auf einem Chemnitzer Stadtfest getöeteten Daniel H. abgehalten. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Tausende Konzert-Besucher skandierten „Nazis raus!“, bevor die Bands loslegten.
      Tausende Konzert-Besucher skandierten „Nazis raus!“, bevor die Bands loslegten. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Der Rapper Trettmann durfte in seiner Heimatstadt als Erster auf die Bühne.
      Der Rapper Trettmann durfte in seiner Heimatstadt als Erster auf die Bühne. © dpa | Sebastian Willnow
      Nicht nur mit Sprechchören, sondern auch mit Bannern und ihre Kleidung wollten viele Besucher Zeichen gegen Nazis setzen.
      Nicht nur mit Sprechchören, sondern auch mit Bannern und ihre Kleidung wollten viele Besucher Zeichen gegen Nazis setzen. © Getty Images | Matthias Rietschel
      Laut Stadtverwaltung waren am frühen Abend rund 50.000 Besucher zu dem Konzert gekommen.
      Laut Stadtverwaltung waren am frühen Abend rund 50.000 Besucher zu dem Konzert gekommen. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Jan „Monchi“ Gorkow beim Auftritt von Feine Sahne Fischfilet.
      Jan „Monchi“ Gorkow beim Auftritt von Feine Sahne Fischfilet. © dpa | Sebastian Kahnert
      Tarek (links) von K.I.Z. beim Auftritt der Berliner Rap-Kombo.
      Tarek (links) von K.I.Z. beim Auftritt der Berliner Rap-Kombo. © dpa | Sebastian Kahnert
      Einige Zuschauer mussten ihre Kletterkünste unter Beweis stellen, um einen freien Blick auf die Bühne zu bekommen.
      Einige Zuschauer mussten ihre Kletterkünste unter Beweis stellen, um einen freien Blick auf die Bühne zu bekommen. © REUTERS | HANNIBAL HANSCHKE
      Maxim und der Rest von K.I.Z. setzen sich bei „Wir sind mehr“ nicht zum ersten Mal gegen Nazis ein.
      Maxim und der Rest von K.I.Z. setzen sich bei „Wir sind mehr“ nicht zum ersten Mal gegen Nazis ein. © dpa | Sebastian Kahnert
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      Kritik an Absage von ZDF-Konzert in Dessau

      SPD, Linke und Grüne sehen hingegen den Versuch der Einflussnahme. „Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Freiheit von Medien und Kunst und in die Programmautonomie des ZDF, den wir ausdrücklich zurückweisen“, hieß es aus der Linken-Fraktion. Die SPD-Fraktion zeigte sich „sehr besorgt“ über die Intervention.

      Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann ergänzte: „Vage Indizien einer Bedrohungslage, die durch die Anmeldung einer rechtsextremen Kundgebung in der Nähe des Veranstaltungsortes auftreten, dürfen kein Grund sein, das Konzert abzusagen.“ (dpa/cho)