Berlin. AfD-Chef Gauland beklagt in einem Text eine Takt bestimmende „globalistische Klasse“. Historiker sehen Parallelen zu einer Hitler-Rede.

Ein Gastbeitrag von AfD-Chef Alexander Gauland aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat eine Debatte über angebliche Parallelen zu einer Rede von Adolf Hitler ausgelöst. Historiker sehen in dem Gastbeitrag Gaulands rhetorische Ähnlichkeiten zur Rede des Diktators aus dem Jahr 1933 in Berlin-Siemensstadt.

Duktus und Argumentation erinnerten daran, schreibt der Antisemitismus- und NS-Forscher Wolfgang Benz in einem Artikel für den „Tagesspiegel“. Gaulands Text sei „ganz offensichtlich eng an den Hitlers geschmiegt“. Es handele sich nicht um ein Plagiat, aber um eine Paraphrase. Gauland selbst wies die Anschuldigungen zurück. Er kenne keine entsprechende Passage von Hitler, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Benz schrieb, es wirke so, „als habe sich der AfD-Chef den Redetext des Führers von 1933 auf den Schreibtisch gelegt, als er seinen Gastbeitrag schrieb“. Darin hatte Gauland die angebliche Heimatlosigkeit der Eliten angeprangert. Eine „globalistische Klasse“ gebe kulturell und politisch den Takt vor. Ihre Mitglieder fühlten sich in einer abgehobenen Parallelgesellschaft als Weltbürger. Ihnen gegenüber stünden „diejenigen, für die Heimat noch immer ein Wert an sich ist und die als Erste ihre Heimat verlieren, weil es ihr Milieu ist, in das die Einwanderer strömen“.

Auch Ex-SPD-Chef Gabriel sieht Parallelen

Hitler wiederum hatte den Historikern zufolge in seiner Rede von 1933 gegen „eine kleine, wurzellose, internationale Clique“ Front gemacht, die überall und nirgends zu Hause sei, heute in Berlin lebe und morgen in Brüssel. Das Volk aber könne ihnen nicht nachfolgen, es sei „gekettet an seine Heimat, ist gebunden an die Lebensmöglichkeiten seines Staates, der Nation“.

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    Der Historiker Benz schreibt dazu nun im „Tagesspiegel“, Gauland habe die Kritik an der „internationalen Clique“ für den heutigen Sprachgebrauch modernisiert. Der Zeithistoriker Michael Wolffsohn sagte dem Blatt: „Es ist schlimm, dass Gauland seinen gebildeten Anhängern signalisiert, dass er Rede und Duktus Hitlers kennt und dass er die gegen die Juden gerichteten Vorwürfe Hitlers nun auf die Gegner der AfD von heute überträgt.“ Wer die Hitler-Rede dagegen nicht kenne, dem jubele Gauland „Adolf Hitler light“ unter.

    Auch der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erkenne bei Gaulands Text und Hitlers Siemensstadt-Rede Parallelen: „Hitlers Anhänger verstanden ihn und schrien bei seinen Parolen gegen die internationalen Eliten ,Juden’ dazwischen – selbst dort, wo er sie nicht direkt erwähnte.“ Genau das solle dieser Text von Gauland jetzt wieder erreichen. „Nur dass nicht die Juden gemeint sind, sondern wir. Die Demokraten dieses Landes“, schreibt Gabriel.

    Zunächst hatte ein Twitter-User auf die vermeintlichen Parallelen aufmerksam gemacht. Die Rede von Hitler sei ihm aus dem Geschichtsstudium geläufig, sagte der Nutzer @znuznu dem „Tagesspiegel“. Die Rede des Diktators ist auch auf der Seite Archive.org und auf YouTube dokumentiert. (epd/les)

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    Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD in den Bundestag geführt. Sie holten insgesamt 12,6 Prozent für die Partei. Wir stellen beide Spitzenpolitiker vor.
    Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD in den Bundestag geführt. Sie holten insgesamt 12,6 Prozent für die Partei. Wir stellen beide Spitzenpolitiker vor. © dpa | Uli Deck
    Im April 2017 wurde Weidel auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Gauland bildet sie die Parteispitze.
    Im April 2017 wurde Weidel auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Gauland bildet sie die Parteispitze. © Getty Images | Sascha Schuermann
    Weidel trat im Jahr 2013 in die AfD Baden-Württemberg ein. Zwei Jahre später wurde sie in den Bundesvorstand der Partei gewählt.
    Weidel trat im Jahr 2013 in die AfD Baden-Württemberg ein. Zwei Jahre später wurde sie in den Bundesvorstand der Partei gewählt. © imago/Christian Thiel | imago stock&people
    Nach dem Abitur studierte Weidel Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth und schloss als eine der Jahrgangsbesten ab. 2005 arbeitete sie als Analystin im Bereich Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs in Frankfurt am Main.
    Nach dem Abitur studierte Weidel Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth und schloss als eine der Jahrgangsbesten ab. 2005 arbeitete sie als Analystin im Bereich Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs in Frankfurt am Main. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
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    Weidel ist mit einer Film- und Fernsehproduzentin liiert. Mit ihr und deren Kindern lebt das Paar im schweizerischen Biel. Ihren Hauptwohnsitz hat Weidel in Überlingen am Bodensee. © dpa | Christian Deutzmann
    Obwohl die AfD für die „traditionelle Familie als Leitbild“ in ihrem Parteiprogramm plädiert – und hierbei offen lässt, ob eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit Kindern ebenso als Familie gilt – sieht Weidel die AfD als „Garant der Rechte von Homosexuellen“.
    Obwohl die AfD für die „traditionelle Familie als Leitbild“ in ihrem Parteiprogramm plädiert – und hierbei offen lässt, ob eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit Kindern ebenso als Familie gilt – sieht Weidel die AfD als „Garant der Rechte von Homosexuellen“. © imago/photothek | Thomas Trutschel/photothek.net
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    Wirtschaftspolitisch spricht sie sich den Euroaustritt Deutschlands aus. Außerdem schlägt sie vor, Spanien und Portugal aus der Eurozone zu entlassen. © Getty Images | Thomas Lohnes
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    Im Wahlkampf konnten Weidel und Gauland auf prominente Wahlkampfhilfe zählen – ausgerechnet von der aus der CDU ausgetreten Erika Steinbach. © dpa | Sebastian Gollnow
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    Der Abgang aus der ZDF-Sendung „Wie geht’s Deutschland?“ am 5. September 2017 war wohl einer der größten Eklats im AfD-Wahlkampf. © Screenshot ZDF | Screenshot ZDF
    Zuwanderung und Asylpolitik waren im Wahlkampf die wichtigsten Themen der AfD. Weidel und Gauland forderten eine Schließung der Mittelmeerroute und die Einrichtung von Asylzentren, um weitere Einwanderungswellen nach Deutschland zu stoppen.
    Zuwanderung und Asylpolitik waren im Wahlkampf die wichtigsten Themen der AfD. Weidel und Gauland forderten eine Schließung der Mittelmeerroute und die Einrichtung von Asylzentren, um weitere Einwanderungswellen nach Deutschland zu stoppen. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
    Am 14. April 2013 wurde Alexander Gauland auf dem Gründungsparteitag der Euro-kritischen AfD gemeinsam mit Patricia Casale und Roland Klaus zum stellvertretenden Sprecher gewählt.
    Am 14. April 2013 wurde Alexander Gauland auf dem Gründungsparteitag der Euro-kritischen AfD gemeinsam mit Patricia Casale und Roland Klaus zum stellvertretenden Sprecher gewählt. © imago stock&people | Reiner Zensen
    Seit 1973 war Gauland Mitglied der CDU, bis er 2013 zum Gründungsmitglied der AfD wurde. Seit 2014 ist er Fraktionsvorsitzender seiner Partei und Alterspräsident im Landtag Brandenburg.
    Seit 1973 war Gauland Mitglied der CDU, bis er 2013 zum Gründungsmitglied der AfD wurde. Seit 2014 ist er Fraktionsvorsitzender seiner Partei und Alterspräsident im Landtag Brandenburg. © picture alliance / Rolf Vennenbe | dpa Picture-Alliance / Rolf Vennenbernd
    Alexander Gauland wurde nach der Wende Herausgeber der „Märkischen Allgemeine Zeitung“.
    Alexander Gauland wurde nach der Wende Herausgeber der „Märkischen Allgemeine Zeitung“. © imago/Detlev Konnerth | imago stock&people
    In seinem Büro der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ publizierte er vielfältig. Unter anderem auch die „Anleitung zum Konservativsein“.
    In seinem Büro der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ publizierte er vielfältig. Unter anderem auch die „Anleitung zum Konservativsein“. © imago/Detlev Konnerth | imago stock&people
    1987 wurde Gauland Staatssekretär und somit Chef der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden unter Ministerpräsident Walter Wallmann.
    1987 wurde Gauland Staatssekretär und somit Chef der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden unter Ministerpräsident Walter Wallmann. © picture alliance / Tim Brakemeie | dpa Picture-Alliance / Tim Brakemeier
    Damals noch zusammen für die Alternative für Deutschland: Alexander Gauland, Björn Hoecke , Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke (v.r.n.l.) im September 2015 bei einer Bundeskonferenz in Berlin. Das Gründungsmitglied Bernd Lucke trat nach seiner Abwahl im Juli 2015 aus der AfD und gründete die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA).
    Damals noch zusammen für die Alternative für Deutschland: Alexander Gauland, Björn Hoecke , Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke (v.r.n.l.) im September 2015 bei einer Bundeskonferenz in Berlin. Das Gründungsmitglied Bernd Lucke trat nach seiner Abwahl im Juli 2015 aus der AfD und gründete die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA). © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
    Alice Weidel und Alexander Gauland verstehen sich gut – die Arbeitsaufteilung zwischen den Spitzenkandidaten ist klar: Während Gauland die Rechtsnationalen bedient, umgarnt Weidel das liberal-konservative Lager.
    Alice Weidel und Alexander Gauland verstehen sich gut – die Arbeitsaufteilung zwischen den Spitzenkandidaten ist klar: Während Gauland die Rechtsnationalen bedient, umgarnt Weidel das liberal-konservative Lager. © dpa | Michael Kappeler
    Die zwei Spitzenkandidaten und die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch.
    Die zwei Spitzenkandidaten und die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch. © Getty Images | Sascha Schuermann
    12,6 Prozent hat das ungleiche Spitzenduo bei der Bundestagswahl geholt.
    12,6 Prozent hat das ungleiche Spitzenduo bei der Bundestagswahl geholt. © REUTERS | REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE
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