Kiel. Die Umfragen sind miserabel. CSU und CDU stehen in Bayern und Hessen vor einem Desaster. Kommt der Appell zur Geschlossenheit zu spät?

Angesichts der drohenden schweren Verluste bei den Wahlen in Bayern und Hessen haben führende Unionspolitiker CDU und CSU zu Zusammenhalt aufgerufen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Kiel an beide Parteien, „dass wir uns jetzt an die Wähler wenden und nicht miteinander Fingerhakeln machen“. Viele Wähler hätten sich noch nicht entschieden. Sie würden es aber nicht gutheißen, wenn es Streit gebe und sie noch nicht einmal verstünden, um was es gehe.

Die anhaltenden Personaldebatten und

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sorgen in der Union für Nervosität eine Woche vor der Wahl in Bayern und drei Wochen vor der Abstimmung in Hessen.

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Merkel hob hervor, die heutige Zeit sei „extrem entscheidend für die Weiterentwicklung von CDU, von CSU, unseres Parteiensystems insgesamt“.

Jens Spahn: „Wir wollen uns nicht spalten lassen“

Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief die Union zu Zusammenhalt auf. „Wir als Union, wir wollen uns nicht spalten lassen, nicht als Partei, nicht als Land, nicht als Bürger. Wir wollen Zusammenhalt durch Zuversicht“, rief Spahn den Delegierten und Gästen auf dem Deutschlandtag zu.

Natürlich würden auch ihn die Umfragen umtreiben. Es gelte jetzt, auf Sachthemen zu setzen, Veränderungen anzustoßen und zu gestalten. Er wies eine Zusammenarbeit mit Linkspartei und AfD kategorisch zurück. Er wolle nicht mit denen koalieren, er wolle die Wähler zurückgewinnen. Spahn, der beim Unions-Nachwuchs gut gelitten ist, erhielt großen, aber nicht überschwänglichen Beifall.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beschwor nach den erbitterten Streitigkeiten den Zusammenhalt der Schwesterparteien. „Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU ist unverrückbar, auch wenn wir uns im Detail mal unterscheiden“, sagte er. Die CSU gibt vor allem Merkel und ihrer großen Koalition die Schuld an den miserablen Umfragewerten in Bayern. Dennoch hielt sich Dobrindt in seiner Rede mit Kritik und Schuldzuweisungen an die Kanzlerin sehr zurück.

Merkel: Koalition mitverantwortlich für schlechte Umfragen

Merkel ihrerseits bezeichnete den lang anhaltenden Streit mit der CSU über die Migrationspolitik als Ursache für die schlechten Umfragewerte vor den beiden Landtagswahlen. Dobrindt sagte, die Union verstehe sich als Heimat für ein großes bürgerliches Spektrum, das von der Mitte bis zur demokratischen Rechten reiche.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Kiel.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Kiel. © dpa | Carsten Rehder

Offensichtlich mit Blick auf diesen Streit der vergangenen Monate rief Merkel den Delegierten zu: „Lassen Sie uns nicht anfangen, uns wieder in Gruppen zu teilen: die Migranten und die Deutschen, die im Osten und die im Westen, die Griechen und die Italiener und die Deutschen. Das Erste sind die Vorurteile, die kommen, das Zweite sind die ausgesprochenen Gedanken, die Sprache, die Verhetzung, und das Dritte sind die Taten gegen andere Gruppen.“ Merkel erhielt durchaus wohlwollenden Beifall des ihr in der Regel sehr kritisch gegenüberstehenden Unions-Nachwuchses.

Kanzlerin ruft auch EU zu einheitlicher Linie auf

Die CDU-Vorsitzende forderte einen gemeinsamen Plan der Union in der Flüchtlingspolitik. Man solle sich nicht permanent mit der Vergangenheit beschäftigen, sondern nach vorne schauen, verlangte sie. Es gehe darum, den Flüchtlingszuzug aus Afrika oder Asien vor allem über eine neu ausgerichtete Entwicklungszusammenarbeit einzudämmen. Diese müsse in den nächsten zehn Jahren deutlich ausgeweitet werden. Ziel sei eine eigene selbsttragende Wirtschaft in den afrikanischen Ländern, sonst werde der Flüchtlingszuzug nicht begrenzt werden können.

Die Bundeskanzlerin rief Europa erneut auf, in zentralen Politikfeldern endlich gemeinsame Strategien zu entwickeln. Wenn Deutschland weiterhin in der globalisierten Welt vorne mitspielen wolle, gehe das nur zusammen in Europa. Als zentrale Bereiche für gemeinsame Strategien nannte sie vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie Forschung und Entwicklung. Es gehe um ein „gemeinsames Auftreten als globaler Akteur“, etwa gegenüber Russland, China oder in Afrika, sagte sie. (dpa/ba)