Berlin. Politiker fordern am Tag der Deutschen Einheit, Populismus keinen Raum zu geben. Angela Merkel sieht Einheit weiter als Prozess.

Am 28. Jahrestag der Wiedervereinigung haben Politiker die Deutschen aufgerufen, lauter ihre Stimme gegen Rechtspopulismus und Fremdenhass zu erheben. Gleichzeitig plädierten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Kanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (beide CDU) für mehr Dialog und gegenseitiges Zuhören, um Polarisierung und Gräben im Land zu überwinden.

Cellist Daniel Müller-Schott spielt beim Abschlusskonzert des Bürgerfest unter dem Titel
Cellist Daniel Müller-Schott spielt beim Abschlusskonzert des Bürgerfest unter dem Titel "#1HEIT" auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor. © dpa | Jens Büttner

„Auch in Deutschland begegnet uns die populistische Anmaßung, wieder das „Volk“ in Stellung zu bringen, gegen politische Gegner, gegen vermeintliche und tatsächliche Minderheiten, gegen die vom Volk Gewählten“, sagte Schäuble bei einem Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in Berlin.

Niemand habe aber das Recht zu behaupten, er allein vertrete „das Volk“. Obwohl es Deutschland gut gehe, dominiere Pessimismus, beklagte er und warb für mehr Mut und Vertrauen in das Handlungsvermögen der Gesellschaft. „Selbstvertrauen, Gelassenheit, Zuversicht“ bildeten den „Dreiklang eines zeitgemäßen Patriotismus“.

Bundesratspräsident: Rechte dürfen nicht Deutungshoheit an sich reißen

Bundesratspräsident Michael Müller sagte bei dem Festakt: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Minderheit einer neuen Rechten die Deutungshoheit über das Erreichte an sich reißt und dabei die Grundwerte unserer Gesellschaft missachtet.“ Der SPD-Politiker fügte hinzu: „Dem müssen wir Einhalt gebieten“. Es sei Zeit, offen und laut für unsere Grundwerte einzustehen. Diese seien Demokratie, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität.

Anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Festakt im Dom Bürger und Touristen im Lustgarten.
Anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Festakt im Dom Bürger und Touristen im Lustgarten. © dpa | Jörg Carstensen

Nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist die Einheit der Deutschen in Ost und West noch lange nicht vollendet. Sie sei vielmehr „ein Prozess“ und „langer Weg“. Wichtig sei, „einander zuzuhören, aufeinander zuzugehen, nicht nachzulassen“, betonte die Kanzlerin. Sie stellte fest: „Die Deutsche Einheit ist nicht beendet“, sondern fordere die Menschen bis heute immer wieder heraus.

600.000 Besucher bei Feierlichkeiten in Berlin

In diesem Jahr richtete Berlin die zentralen Feierlichkeiten zum Einheitstag aus. 600.000 Besucher kamen nach Angaben der Veranstalter zu einem bereits am Montag eröffneten Bürgerfest rund um Brandenburger Tor und den Reichstag. Der Senat hatte eine Million Menschen erwartet. Am Mittwoch war es auf der zu Wochenbeginn eröffneten Festmeile deutlich voller als zuvor.

Demo gegen rechtes Gedankengut in Berlin.
Demo gegen rechtes Gedankengut in Berlin. © dpa | Michael Kappeler

Anlässlich der Feiern demonstrierten nach Einschätzung von Beobachtern etwa 2000 Rechtsextreme und Rechtspopulisten. Die Polizei wollte sich nicht auf eine Zahl festlegen, widersprach der Einschätzung aber nicht. Es waren viele Deutschlandfahnen zu sehen, einige Teilnehmer zeigten den Hitlergruß. Weitere rund 1000 Menschen schlossen sich diversen Demonstrationen linker Gruppen an. Zu allen Veranstaltungen gab es starke Sicherheitsvorkehrungen. Die Polizei war mit rund 4000 Beamten im Einsatz.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte am Rande der Feierlichkeiten: „Das Wichtigste ist, dass die Gesellschaft mit sich selbst ins Gespräch kommt.“ Es gelte, sie zusammenzuhalten. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte eine Kraftanstrengung der politischen Mitte gegen Rechtsextremisten und Populisten von Rechts und Links.

Die zentralen Einheitsfeiern finden stets in dem Land statt, das den Bundesratspräsidenten stellt. 2019 ist Schleswig-Holstein an der Reihe. (dpa)