Berlin . Sollen die Rechtspopulisten von der AfD beobachtet werden? Ende September kommt es auf einer Tagung der Geheimdienste zum Schwur.

In gut zwei Wochen treffen sie sich in Köln. Dann kommen die Leiter der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern zusammen. Die Konferenz findet unter ungünstigen Vorzeichen statt. Viele Amtsleiter dürften sich fragen,

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Brisanter ist der Eindruck, dass sich einige offenbar unsicher sind, ob sie in Köln noch offen über die AfD reden können.

Seit Langem wird über „undichte Stellen“ gemunkelt. Es heißt, dass Informationen über die Rechtspopulisten ihren Weg in die Öffentlichkeit nehmen – und gelegentlich gleich die direkte Abkürzung zur AfD? Zum Bild passt der Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“. Demnach hat sich der Verfassungsschutzpräsident am 13. Juni mit dem AfD-Abgeordneten Stephan Brandner getroffen.

Während der knapp einstündigen Unterredung soll er ihm Informationen gegeben haben, die zu dem Zeitpunkt vertraulich waren und erst Wochen später veröffentlicht wurden. Freilich waren es laut Brandner keine Auskünfte über die AfD selbst, sondern zum Beispiel über islamistische Gefährder und den Etat des Bundesamts. Details über die angeblich geäußerten Informationen nannte Brandner nicht.

Maaßen seit Monaten unter Druck

Brandner ist nicht irgendwer. Der AfD-Parlamentarier ist der Vorsitzende des Rechtsausschusses. Und es ist üblich, dass der Verfassungsschutz in Hintergrundgesprächen die jeweiligen Zahlen aktualisiert. Genau daran setzt Maaßen auch seine Kritik am ARD-Bericht an. Es werde der Eindruck erweckt, dass Informationen ohne rechtliche Grundlage weitergegeben worden seien. „Das ist selbstverständlich nicht der Fall“, betonte ein Sprecher. „Ich weise diese Vorwürfe entschieden zurück.“

Laut Verfassungsschutz hat Maaßen seit August 2012 insgesamt 237 Gespräche mit Politikern geführt, darunter waren nur fünf AfD-Leute. Er führe auf Wunsch des Bundesinnenministeriums Gespräche mit Abgeordneten aller Parteien. Im Amt selbst hält man dem Chef zugute, dass er Dank seiner Kontakte politisch viel rausgeholt habe: Befugnisse, Stellen, vor allem mehr Finanzmittel.

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    Maaßen steht wegen der AfD seit Monaten unter Druck. Zum einen sind viele Abgeordnete befremdet darüber, dass er sich bereits 2015 zweimal mit der damaligen AfD-Vorsitzenden, Frauke Petry, getroffen hatte, zu einem Zeitpunkt, als die Partei noch nicht im Bundestag vertreten war. Mithin gab es keinen zwingenden Grund für die Aufwartung. Zum anderen wird aus vielen Parteien die Forderung erhoben, die AfD offiziell vom Verfassungsschutz „beobachten“ zu lassen.

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    Amtsleitertagung Ende September

    Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV).
    Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). © dpa | Bernd von Jutrczenka

    Der Druck kommt aus den Ländern, zunächst aus Bayern, dann aus Baden-Württemberg. Thüringen sammelt Informationen, Niedersachsen und Bremen beobachten zumindest die Jugendorganisation der AfD. Die Berliner Behörde geht den Verbindungen von Anhängern der Jugendorganisation Junge Alternative zur „Identitären Bewegung“ nach. In Nordrhein-Westfalen sind sie wiederum über die Aktivitäten der „patriotischen Plattform“ beunruhigt. Die Chefs der Verfassungsschützer von Bund und Ländern müssen sich abstimmen.

    Die nächste Gelegenheit dazu ist die Amtsleitertagung am 24. und 25. September. Bisher hat der Präsident eine Beobachtung abgelehnt und seine Argumentation durchgehalten. Sein Amt prüfe fortlaufend, „ob Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen“. Doch seien „keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich“, die eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutzverbund begründen würden.

    Die Karriere von Hans-Georg Maaßen

    Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik.
    Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik. © REUTERS | Axel Schmidt
    Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung.
    Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa.
    Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa. © dpa | Federico Gambarini
    Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.
    Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. © dpa | Ralf Hirschberger
    In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam.
    In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam. © dpa | Andreas Seidel
    In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident.
    In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident. © dpa | Wolfgang Kumm
    Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie.
    Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
    Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten.
    Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten. © dpa | Kay Nietfeld
    Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister.
    Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister. © dpa | Kay Nietfeld
    Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss.
    Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss. © dpa | Oliver Berg
    Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben.
    Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben. © dpa | Kay Nietfeld
    Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium.
    Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium. © dpa | Michael Kappeler
    In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung.
    In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt.
    Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß.
    Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD.
    Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD. © dpa | Wolfgang Kumm
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    Die Debatte um die Krawalle in Chemnitz spielt allerdings Maaßens Kritikern in die Hände. Mit seinen Zweifeln an den Medienberichten über „Hetzjagden“ hat er ein Muster der AfD bedient: das Lamento über die ­„Lügenpresse“. Da auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von Hetzjagden sprach, herrscht zwischen der Bundesregierung und dem Verfassungsschutz Unklarheit darüber, was sich in Chemnitz genau abgespielt hat, was „authentisch“ (Maaßen) war und was schlicht unwahr ist.