Berlin. Deutschland schickt mehr Asylsuchende in EU-Staaten zurück als es aufnimmt. Beim Bamf sind 300 Mitarbeiter allein damit beschäftigt.

Die Bundesregierung geht rigoros gegen Flüchtlinge vor, die aus anderen Staaten der Europäischen Union nach Deutschland wandern – die sogenannte Sekundärmigration. Im zweiten Quartal hintereinander hat Deutschland mehr Asylsuchende zurückgestellt als von Dublin-Staaten aufgenommen. Im zweiten Quartal hat die Bundesrepublik 2422 Geflüchtete in andere Dublin-Staaten überstellt, aber nur 1972 übernommen. 2017 war der Saldo noch negativ (1652).

Die Zahlen gehen aus der Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Sie sind für Linken-Politikerin Ulla Jelpke „keine Erfolgsmeldung“. Immer wieder heiße es,

Auch interessant

sei gescheitert. „Noch schlimmer ist es aber, wenn Dublin funktioniert“, sagte sie unserer Redaktion. Schutzsuchende würden hin- und hergeschoben: „Das ist inhuman.“

Meiste Überstellungen nach Italien

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind 313 Mitarbeiter nur mit Dublin-Verfahren beschäftigt. Sie dauerten im ersten Halbjahr im Schnitt nur noch 1,5 Monate und machten 37,2 Prozent aller Asylverfahren aus. Zwei Drittel der Betroffenen werden durch einen Abgleich ihrer Fingerabdrücke im Eurodac-System überführt. So sieht man, ob sie schon in einem EU-Staat registriert sind.

"Asyltourismus", Masterplan: Die sieben wichtigsten Stichwörter im Asylstreit

weitere Videos

    Die meisten Überstellungen gehen in steigendem Maße nach

    Auch interessant

    Viktor Orban, Ministerpraesident von Ungarn, aufgenommen im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin, 05.07.2018. Berlin Deutschland *** Viktor Orban Prime Minister of Hungary admitted at a press conference in Berlin 05 07 2018 Berlin Germany PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xFlorianxGaertner/photothek.netx
    Von Bettina Gabbe und Michael Backfisch

    Größte Nationalitätengruppe (14,2 Prozent) sind nigerianische Flüchtlinge. Schutz vor Überstellungen finden sie vor deutschen Gerichten. Diese haben jede vierte Überstellung nach Italien und fast zwei Drittel nach Bulgarien gestoppt.

    Jelpke: Regierung handelt nach „Wildwestmanier“

    Auch juristisch zieht das Innenministerium alle Register. Es beruft sich in bilateralen Verträgen formal nicht auf Dublin, um Migranten leichter abweisen zu können: „Das sind Abkommen, um vor Grenzübertritt an der Grenze direkt in das Land eines ersten Asylantrags zurückzuweisen“, so das Innenministerium. Der Unterschied: Dublin setzt einen Asylantrag in Deutschland voraus, sprich: nach Grenzübertritt.

    Die Regierung hat sich verpflichtet, bis Jahresende 2000 Flüchtlinge aus Griechenland zur Familienzusammenführung aufzunehmen. Im Gegenzug wird die Bundespolizei Mi­granten aus Griechenland vor Übertritt der Grenze zurückweisen. Monatelang hatte Deutschland Anträge aus Griechenland zur Familienzusammenführung abgeblockt. Jelpke vermutet, bestehende Rechtsansprüche seien als „Faustpfand“ genutzt worden,

    Auch interessant

    „das ist natürlich ein Unding“. Die Bundesregierung handele nach „Wildwestmanier“.

    Niedersachsen für Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer

    Unterdessen kündigte Niedersachsen an, im Bundesrat für die Einstufung der Maghreb-Staaten

    Auch interessant

    zu stimmen. Minister­präsident Stephan Weil sagte unserer Redaktion, dafür müsse die Bundesregierung zügig Rücknahmeabkommen mit Marokko, Algerien und Tunesien schließen, um schneller abschieben zu können: „Ansonsten nützen die schönsten Gesetze nichts.“

    Weil gibt dem verärgerten Koalitionspartner CDU/CSU damit das Zeichen, dass die SPD vertragstreu ist. Der Berliner SPD-Landesverband um Regierungs- und Parteichef Michael Müller hatte gegen die Linie der Bundespartei beschlossen, dass das rot-rot-grün regierte Berlin im Bundesrat Nein sagen soll.