Berlin. Seit die Beziehung zu den USA bröckelt, schaut Russland interessiert nach Berlin. Merkel und Putin trafen sich zuletzt erstaunlich oft.

Viele Schlagworte warfen Wladimir Putin und Angela Merkel in Richtung der Mikrofone und Kameras der Journalisten: Krieg in Syrien, Konflikt in der Ukraine, Atomwaffenabkommen mit dem Iran. Es gebe „viele ernste Konflikte weltweit“, sagte die Kanzlerin am Samstag in ihrem kurzen Statement in der Abendsonne vor dem Schloss Meseberg in Brandenburg.

Vor dem bilateralen Gespräch der beiden Politiker sprach Putin vor allem davon, wie wichtig ihm die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland seien. Allein 5000 deutsche Firmen seien in seinem Land tätig, mit 270.000 Beschäftigten. Doch auch Putin wollte mit Merkel über Syrien sprechen. Die Versorgung etwa mit Wasser, Heizungen und Medikamenten müsse wieder funktionieren, damit syrische Flüchtlinge aus Jordanien und der Türkei zurückkehren könnten in ihre Heimat.

„Wir müssen die humanitäre Hilfe für Syrien stärken“, sagte Putin, dessen Militär den syrischen Diktator Baschar al-Assad an der Macht gehalten hat. Die Statements der beiden Politiker in Meseberg dauerten wie angekündigt nur wenige Minuten. Dann verschwanden Merkel und Putin im Schloss. Die Gespräche in kleiner Runde dauerten gut drei Stunden, danach gab es keine neuen Informationen über die Inahlte.

Putin als Überraschungsgast auf Hochzeit

Bereits zum zweiten Mal innerhalb von gut drei Monaten haben sich Merkel und Putin zu einem Gespräch über die Konflikte in Syrien und der Ostukraine getroffen. Doch Merkel war nicht die einzige europäische Politikerin, der Putin am Samstag seine Aufwartung machte.

Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl tanzt bei ihrer Hochzeit in der Steiermark mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Die österreichische Außenministerin Karin Kneissl tanzt bei ihrer Hochzeit in der Steiermark mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. © REUTERS | POOL

Zuvor war der 65-jährige Putin zur Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl in die Steiermark gereist, hatte mit der Braut getanzt und als Überraschung zehn Don-Kosaken mitgebracht. Diese unterhielten das Brautpaar mit mehreren Liedern. Der ungewöhnliche Besuch, der in Österreich umstritten war, dauerte nur 90 Minuten. Dann brach Putin gen Meseberg auf.

Erneutes Treffen deutet auf Entspannung hin

In der Weltpolitik findet derzeit ein Ball Paradox statt. Deutschland, von den USA jahrzehntelang als strategisch wichtiger Partner umworben, wird in Washington zum bündnispolitischen Schmuddelkind.

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Es importiere zu viel Gas von dem Rohstoff-Giganten im Osten.

Mit der wachsenden transatlantischen Gereiztheit schaut der Kreml interessiert nach Westen: Die Attraktivität Berlins steigt. Merkel war Mitte Mai in den russischen Badeort Sotschi gereist, wurde dort von Putin mit weißen Rosen empfangen. Anschließend hatte Merkel Ende Juli den russischen Außenminister Sergej Lawrow und Generalstabschef Waleri Gerassimow in Berlin empfangen – ein ungewöhnlicher Vorgang.

Dass jetzt schon wieder ein bilaterales Treffen stattfindet, das erste in Deutschland seit 2014, wird als Zeichen der Entspannung gesehen. Die deutsch-russischen Beziehungen hatten unter der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim vor vier Jahren schwer gelitten.

Häufige Telefonate zwischen Berlin und Moskau

Doch Merkel und Putin telefonieren häufig miteinander. In bedeutenden Fragen der internationalen Politik pflegen die beiden langjährigen Staatenlenker eine Arbeitsbeziehung. Es ist ein punktuelles Zweckbündnis, getragen von Einsicht: Ohne Russland lassen sich keine Fortschritte erzielen.

Themen in Meseberg gab es viele: etwa den Bau der

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Merkel bezeichnet den geplanten Bau der Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland zwar als privatwirtschaftliches Vorhaben. Aber sie unterstützt das vom russischen Konzern Gazprom vorangetriebene Projekt, an dem auch deutsche Energieunternehmen wie die BASF-Tochter Wintershall und Uniper beteiligt sind.

Hintergrund: Die westeuropäischen Gasquellen werden bald versiegen und russisches Gas ist preisgünstig. Viel billiger jedenfalls als das im umstrittenen Fracking-Verfahren gewonnene Flüssiggas, das Trump den Europäern verkaufen will.

US-Sanktionen gegen Russland könnten auch deutsche Firmen treffen

Es gibt allerdings in Europa große Vorbehalte, vor allem in der Ukraine und in Polen. Kiew befürchtet, als Transitland überflüssig zu werden: Für die Gaslieferung zwischen Russland und Europa kassierte die Ukraine pro Jahr Gebühren zwischen zwei und drei Milliarden Dollar.

Merkel will, dass Kiew auch in Zukunft im Geschäft bleibt. Der US-Kongress könnte allerdings querschießen. Er hat angekündigt,

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Das trifft möglicherweise auch die deutschen Firmen, die bei Nordstream 2 mit im Boot sind.

Deutschland dringt auf „Minsker Abkommen“

Weiteres Thema ist die Ukraine: Deutschland vermittelt zusammen mit Frankreich in dem festgefahrenen Konflikt zwischen den prorussischen Separatisten und Regierungstruppen in der Ostukraine. Dabei geht es auch um die Frage, ob und wie eine Blauhelmtruppe der Vereinten Nationen einen möglichen Waffenstillstand überwachen könnte. Zunächst erklärte sich Moskau nur bereit, die UN-Soldaten entlang des rund 400 Kilometer langen Frontverlaufs (Kontaktlinie) im Donbass zu akzeptieren.

Außenminister Heiko Maas (SPD) war vor dem Treffen verhalten optimistisch, dass Fortschritte gelingen können. Es gebe Chancen für eine internationale Friedenstruppe der UN, sagte der SPD-Politiker der „Welt am Sonntag“. Noch lägen die Vorstellungen, wie diese Mission gestaltet werden solle, allerdings weit auseinander.

Russland wichtigste Ordnungsmacht in Syrien-Krise

Innerhalb der EU und vermehrt auch aus der SPD gibt es Forderungen nach einem Ende der Sanktionen gegen Russland. Der SPD-Politiker bekräftigte jedoch, eine Akzeptanz der russischen Besatzung berge die Gefahr, andere zu völkerrechtswidrigem Handeln einzuladen. Daher seien die Sanktionen richtig.

Auch in der Syrien-Krise gibt es Redebedarf, Russland ist die wichtigste Ordnungsmacht. Moskau sicherte kürzlich zu, dass es israelische Sicherheitsinteressen wahren möchte – und seinen Bündnispartner Iran bewegen will, sich aus Syrien zurückzuziehen.