München. Nach mehr als fünf Jahren ist im NSU-Prozess das Urteil gesprochen worden. Die Rechtsterroristin Beate Zschäpe bekam die Höchststrafe.

Im NSU-Prozess ist die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige am Mittwoch des zehnfachen Mordes schuldig.

Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer kündigte an, Revision einzulegen. Gleiches erwägen die Opfer-Anwälte sowie die Verteidiger von Ralf Wohlleben.

Mit dem historischen Urteilsspruch folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft und verurteilte Zschäpe als Mittäterin an den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Urteile gab es auch gegen die vier Mitangeklagten Wohlleben, André E., Holger G. und Carsten S.

Wohlleben wurde als Waffenbeschaffer für den „Nationalsozialistischen Untergrund“ zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach ihn der Beihilfe zum Mord schuldig.

Mehrere Jahre Haft auch für André E. und Holger G.

André E. erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Gericht sprach E. am Mittwoch allerdings nicht der Beihilfe zum versuchten Mord schuldig, wie dies die Bundesanwaltschaft gefordert hatte. Es verurteilte den 38-Jährigen, der bei der Tarnung des NSU-Trios im Untergrund geholfen haben soll, lediglich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Die Verteidiger hatten einen Freispruch von sämtlichen Anklagepunkten für ihren Mandanten gefordert.

Holger G. wurde wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mit drei Jahren Haft belegt. G. hatte zugegeben, dem NSU-Trio einmal eine Waffe übergeben und den Untergetauchten mit falschen Papieren geholfen zu haben. Die Bundesanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft gefordert, die Verteidiger hatten für eine Strafe von „unter zwei Jahren“ plädiert.

Szenen vom NSU-Urteilstag

Im NSU-Prozess ist am Mittwochmorgen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Wir zeigen Bilder vom Urteilstag.
Im NSU-Prozess ist am Mittwochmorgen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Wir zeigen Bilder vom Urteilstag. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest.
Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Eine Schlange aus Zuschauern hat sich am Mittwochmorgen vor dem Eingang am Oberlandesgericht München gebildet.
Eine Schlange aus Zuschauern hat sich am Mittwochmorgen vor dem Eingang am Oberlandesgericht München gebildet. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Gegen 7 Uhr warteten bereits rund 150 Menschen auf dem Vorplatz des Gerichts, einige waren bereits seit dem späten Dienstagabend dort.
Gegen 7 Uhr warteten bereits rund 150 Menschen auf dem Vorplatz des Gerichts, einige waren bereits seit dem späten Dienstagabend dort. © dpa | Matthias Balk
In den Saal dürfen nur 50 Zuschauer hinein.
In den Saal dürfen nur 50 Zuschauer hinein. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Auch Elif Kubasik nimmt an der Urteilsverkündung teil. Sie ist die Witwe des ermordeten Mehmet Kubasik, der am 4. April 2006 in seinem Kiosk in Dortmund von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurde.
Auch Elif Kubasik nimmt an der Urteilsverkündung teil. Sie ist die Witwe des ermordeten Mehmet Kubasik, der am 4. April 2006 in seinem Kiosk in Dortmund von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurde. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Die Tochter des Ermordeten im Gerichtssaal.
Die Tochter des Ermordeten im Gerichtssaal. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Abdulkerim Simsek (M.), Sohn des NSU-Opfers Enver Simsek.
Abdulkerim Simsek (M.), Sohn des NSU-Opfers Enver Simsek. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Neonazi-Sympathisant Karl-Heinz Statzberger kurz vor Einlass ins Gericht.
Neonazi-Sympathisant Karl-Heinz Statzberger kurz vor Einlass ins Gericht. © dpa | Matthias Balk
Vor dem Gericht hält eine Person ein Transparent mit der Aufschrift „NSU Staat & Nazis Hand in Hand“ in die Luft.
Vor dem Gericht hält eine Person ein Transparent mit der Aufschrift „NSU Staat & Nazis Hand in Hand“ in die Luft. © REUTERS | MICHAELA REHLE
„Wieviel Staat steckt im NSU?
„Wieviel Staat steckt im NSU?" fragt dieser Demonstrant. © dpa | Tobias Hase
Klare Forderung.
Klare Forderung. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Semiya Simsek, Tochter des von dem NSU ermordeten Enver Simsek, Blumenhändler in Nürnberg, kommt mit ihrem Kind zum Oberlandesgericht.
Semiya Simsek, Tochter des von dem NSU ermordeten Enver Simsek, Blumenhändler in Nürnberg, kommt mit ihrem Kind zum Oberlandesgericht. © dpa | Matthias Balk
Ismail Yozgat und Ayse Yozgat, Eltern des in Kassel am 6. April 2007 von dem NSU ermordeten Halit Yozgat, kommen zum Oberlandesgericht.
Ismail Yozgat und Ayse Yozgat, Eltern des in Kassel am 6. April 2007 von dem NSU ermordeten Halit Yozgat, kommen zum Oberlandesgericht. © dpa | Matthias Balk
Anja Sturm (l.) und Wolfgang Heer (r.), Pflichtverteidiger von Zschäpe, erreichen das Oberlandesgericht.
Anja Sturm (l.) und Wolfgang Heer (r.), Pflichtverteidiger von Zschäpe, erreichen das Oberlandesgericht. © dpa | Matthias Balk
Auf einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht werden Bilder der Opfer des NSU gezeigt.
Auf einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht werden Bilder der Opfer des NSU gezeigt. © dpa | Matthias Balk
Ein Fahrzeugkonvoi mit Angeklagten kommt zum Gebäude des Oberlandesgerichts. Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ hatte zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Menschen in Deutschland ermordet.
Ein Fahrzeugkonvoi mit Angeklagten kommt zum Gebäude des Oberlandesgerichts. Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ hatte zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Menschen in Deutschland ermordet. © dpa | Sven Hoppe
Polizeikräfte sorgen für Sicherheit.
Polizeikräfte sorgen für Sicherheit. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Sicherheitszäune sind rund um das Gericht aufgestellt worden.
Sicherheitszäune sind rund um das Gericht aufgestellt worden. © dpa | Matthias Balk
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Carsten S. nach Jugendstrafrecht verurteilt

Gegen Carsten S. verhängte das Gericht drei Jahre Jugendstrafe wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen. Das Gericht verurteilte ihn nach Jugendstrafrecht, weil er zur Tatzeit noch Heranwachsender war. S. hatte gestanden, dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ die „Ceska“-Pistole übergeben zu haben, mit der die Neonazi-Terroristen später neun Menschen erschossen.

Die Anklage hatte eine Jugendstrafe von drei Jahren gefordert – und dabei die Aufklärungshilfe und das Schuldeingeständnis von Carsten S. positiv gewertet. Die Verteidiger hatten dagegen Freispruch gefordert – ihr Mandant habe nichts von den geplanten Morden des NSU gewusst.

Das sind die Opfer und Tatorte des NSU

Morde, Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle: Die rechtsextreme Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) hat eine blutige Spur der Gewalt durch Deutschland gezogen. Mitglieder der Gruppe haben über mehrere Jahre hinweg Menschen in Deutschland umgebracht. Sie töteten fast immer Leute, die in anderen Ländern geboren wurden. Oder die Vorfahren aus anderen Ländern hatten. Die beiden Männer Uwe Böhnhardt (M.) und Uwe Mundlos, die die Taten begingen, sind mittlerweile tot. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (l.) ist im NSU-Prozess am 11. Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Wir zeigen NSU-Opfer und Tatorte.
Morde, Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle: Die rechtsextreme Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) hat eine blutige Spur der Gewalt durch Deutschland gezogen. Mitglieder der Gruppe haben über mehrere Jahre hinweg Menschen in Deutschland umgebracht. Sie töteten fast immer Leute, die in anderen Ländern geboren wurden. Oder die Vorfahren aus anderen Ländern hatten. Die beiden Männer Uwe Böhnhardt (M.) und Uwe Mundlos, die die Taten begingen, sind mittlerweile tot. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (l.) ist im NSU-Prozess am 11. Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Wir zeigen NSU-Opfer und Tatorte. © dpa | Frank Doebert
Die Bildkombo zeigt undatierte Porträtfotos der zehn durch die NSU Ermordeten: (oben, v.l.) Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic und die Polizistin Michele Kiesewetter, sowie (unten, v.l) Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik und Halit Yozgat.
Die Bildkombo zeigt undatierte Porträtfotos der zehn durch die NSU Ermordeten: (oben, v.l.) Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic und die Polizistin Michele Kiesewetter, sowie (unten, v.l) Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik und Halit Yozgat. © dpa | dpa
Am 9. September 2000, zwischen 12.45 und 14.45 Uhr, erschießen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den 38-jährigen Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg.
Am 9. September 2000, zwischen 12.45 und 14.45 Uhr, erschießen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den 38-jährigen Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg. © dpa | Polizei-Handouts
Simsek hatte auf einem Stellplatz an der Liegnitzer Straße – eine Ausfallstraße im Nürnberger Süden (Bayern) – seinen Transporter geparkt, aus dem heraus er seine Ware verkaufte.
Simsek hatte auf einem Stellplatz an der Liegnitzer Straße – eine Ausfallstraße im Nürnberger Süden (Bayern) – seinen Transporter geparkt, aus dem heraus er seine Ware verkaufte. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Florian Schuh
Heute befindet sich dort ein Verkaufsstand für Kirschen. In Sichtweite hat die Stadt eine Gedenktafel und ein Schwarzweißbild Simseks aufgestellt.
Heute befindet sich dort ein Verkaufsstand für Kirschen. In Sichtweite hat die Stadt eine Gedenktafel und ein Schwarzweißbild Simseks aufgestellt. © dpa | Daniel Karmann
Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 betritt ein Mann – laut Ermittlern Mundlos oder Böhnhardt – das Lebensmittelgeschäft einer iranischen Familie in der nördlichen Kölner Altstadt (Nordrhein-Westfalen). Unter einem Vorwand hinterlässt er eine in einer Stollendose versteckte Bombe. Die Dose bleibt über die Feiertage und den Jahreswechsel liegen. Am 19. Januar um 7.00 Uhr öffnet eine Tochter sie. Sie erleidet schwerste Verbrennungen und Verletzungen.
Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 betritt ein Mann – laut Ermittlern Mundlos oder Böhnhardt – das Lebensmittelgeschäft einer iranischen Familie in der nördlichen Kölner Altstadt (Nordrhein-Westfalen). Unter einem Vorwand hinterlässt er eine in einer Stollendose versteckte Bombe. Die Dose bleibt über die Feiertage und den Jahreswechsel liegen. Am 19. Januar um 7.00 Uhr öffnet eine Tochter sie. Sie erleidet schwerste Verbrennungen und Verletzungen. © dpa | Henning Kaiser
Heute existiert das Geschäft an der Probsteigasse nicht mehr. Das Haus ist umgebaut worden. Gegenüber erinnert eine Gedenktafel an die Tat. Das Mädchen überlebte und arbeitet heute als Ärztin.
Heute existiert das Geschäft an der Probsteigasse nicht mehr. Das Haus ist umgebaut worden. Gegenüber erinnert eine Gedenktafel an die Tat. Das Mädchen überlebte und arbeitet heute als Ärztin. © dpa | Henning Kaiser
Am 13. Juni 2001, zwischen 16.10 und 21.25 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 49-jährigen Änderungsschneider Abdurrahim Özudogru in Nürnberg. Er arbeitete in seinem Ladengeschäft in der südlichen Nürnberger Innenstadt.
Am 13. Juni 2001, zwischen 16.10 und 21.25 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 49-jährigen Änderungsschneider Abdurrahim Özudogru in Nürnberg. Er arbeitete in seinem Ladengeschäft in der südlichen Nürnberger Innenstadt. © dpa | Polizei-Handouts
Heute steht der Laden an der Gyulaer Straße leer. Die rotbraunen Jalousien sind zugezogen. Eine Gedenktafel und ein Schwarzweißfoto erinnern an die Tat.
Heute steht der Laden an der Gyulaer Straße leer. Die rotbraunen Jalousien sind zugezogen. Eine Gedenktafel und ein Schwarzweißfoto erinnern an die Tat. © dpa | Daniel Karmann
Am 27. Juni 2001, zwischen 10.45 und 11.24 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Gemüsehändler Süleyman Tasköprü in seinem Geschäft in Hamburg-Bahrenfeld.
Am 27. Juni 2001, zwischen 10.45 und 11.24 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Gemüsehändler Süleyman Tasköprü in seinem Geschäft in Hamburg-Bahrenfeld. © dpa | Polizei-Handouts
Heute befindet sich dort an der Schützenstraße ein Fahrradladen. Am Haus erinnert ein Gedenkstein an das Mordopfer.
Heute befindet sich dort an der Schützenstraße ein Fahrradladen. Am Haus erinnert ein Gedenkstein an das Mordopfer. © imago stock&people | imago stock&peopleFlorian Schuh
In der Umgebung ist eine Straße nach ihm benannt.
In der Umgebung ist eine Straße nach ihm benannt. © imago | imago stock&peopleLars Berg
Am 29. August 2001, zwischen 10.35 und 10.50 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 38-jährigen Lebensmittelhändler Habil Kilic in seinem „Frischmarkt“ im Münchner Stadtteil Ramersdorf (Bayern).
Am 29. August 2001, zwischen 10.35 und 10.50 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 38-jährigen Lebensmittelhändler Habil Kilic in seinem „Frischmarkt“ im Münchner Stadtteil Ramersdorf (Bayern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute sieht es dort an der Bad-Schachener-Straße noch ähnlich aus wie damals. Vor der Theke stapeln sich Gemüse und Obst. An der Kasse liegt eine türkische Zeitung aus. Der Laden heißt heute „Himmet Market“. An den Mord erinnert eine Gedenktafel aus Stein neben dem Laden.
Heute sieht es dort an der Bad-Schachener-Straße noch ähnlich aus wie damals. Vor der Theke stapeln sich Gemüse und Obst. An der Kasse liegt eine türkische Zeitung aus. Der Laden heißt heute „Himmet Market“. An den Mord erinnert eine Gedenktafel aus Stein neben dem Laden. © dpa | Matthias Balk
Am 25. Februar 2004, zwischen 10.10 und 10.20 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 25-jährigen Mehmet Turgut. Er arbeitete im Imbiss eines Verwandten am Neudierkower Weg in Rostock-Toitenwinkel (Mecklenburg-Vorpommern).
Am 25. Februar 2004, zwischen 10.10 und 10.20 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 25-jährigen Mehmet Turgut. Er arbeitete im Imbiss eines Verwandten am Neudierkower Weg in Rostock-Toitenwinkel (Mecklenburg-Vorpommern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist von dem Imbiss nichts mehr zu sehen. An den Toten erinnert ein Mahnmal: zwei sich versetzt gegenüberstehende Betonbänke mit Inschriften in deutscher und türkischer Sprache.
Heute ist von dem Imbiss nichts mehr zu sehen. An den Toten erinnert ein Mahnmal: zwei sich versetzt gegenüberstehende Betonbänke mit Inschriften in deutscher und türkischer Sprache. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Bernd Wüstneck
Am 9. Juni 2004, gegen 16 Uhr, zünden Mundlos und Böhnhardt in Köln eine mit Nägeln gefüllte Bombe. Sie befand sich auf einem Fahrrad, das sie vor einem Friseurgeschäft an der Keupstraße an die Hauswand lehnten. 22 Menschen werden verletzt.
Am 9. Juni 2004, gegen 16 Uhr, zünden Mundlos und Böhnhardt in Köln eine mit Nägeln gefüllte Bombe. Sie befand sich auf einem Fahrrad, das sie vor einem Friseurgeschäft an der Keupstraße an die Hauswand lehnten. 22 Menschen werden verletzt. © dpa | Federico Gambarini
Heute befindet sich in den Räumen des Hauses Nummer 29 statt des Friseurs ein Juweliergeschäft. Der Friseurladen existiert nach wie vor und zog nur ein paar Meter weiter in einen Hinterhof. Der Charakter der Straße ist unverändert – geprägt von türkischen Restaurants und Geschäften.
Heute befindet sich in den Räumen des Hauses Nummer 29 statt des Friseurs ein Juweliergeschäft. Der Friseurladen existiert nach wie vor und zog nur ein paar Meter weiter in einen Hinterhof. Der Charakter der Straße ist unverändert – geprägt von türkischen Restaurants und Geschäften. © dpa | Henning Kaiser
Am 9. Juni 2005, zwischen 9.50 und 10.15 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 50-jährigen Imbissbetreiber Ismail Yasar in seinem Döner-Imbiss in der Nürnberger Innenstadt (Bayern).
Am 9. Juni 2005, zwischen 9.50 und 10.15 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 50-jährigen Imbissbetreiber Ismail Yasar in seinem Döner-Imbiss in der Nürnberger Innenstadt (Bayern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist der Imbiss-Stand an der Scharrerstraße verschwunden. Am Zaun eines Parkplatzes daneben ist ein Foto Yasars befestigt.
Heute ist der Imbiss-Stand an der Scharrerstraße verschwunden. Am Zaun eines Parkplatzes daneben ist ein Foto Yasars befestigt. © dpa | Daniel Karmann
Am 15. Juni 2005, zwischen 18.36 und 19.00 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 41-jährigen Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides in seinem Geschäft im Münchner Westend (Bayern) – nur wenige Meter von einer viel befahrenen Kreuzung entfernt.
Am 15. Juni 2005, zwischen 18.36 und 19.00 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 41-jährigen Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides in seinem Geschäft im Münchner Westend (Bayern) – nur wenige Meter von einer viel befahrenen Kreuzung entfernt. © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist dort ein türkischer Imbiss, nebenan eine Gaststätte. An dem Haus direkt hinter einer Bushaltestelle hängt eine Gedenktafel.
Heute ist dort ein türkischer Imbiss, nebenan eine Gaststätte. An dem Haus direkt hinter einer Bushaltestelle hängt eine Gedenktafel. © dpa | Matthias Balk
Am 4. April 2006 erschießen vermutlich zwischen 12 und 13 Uhr Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik in seinem Geschäft in Dortmund (Nordrhein-Westfalen).
Am 4. April 2006 erschießen vermutlich zwischen 12 und 13 Uhr Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik in seinem Geschäft in Dortmund (Nordrhein-Westfalen). © dpa | Polizei-Handouts
Heute befindet sich in den Räumen in der Malinckrodtstraße ein Reisebüro.
Heute befindet sich in den Räumen in der Malinckrodtstraße ein Reisebüro. © dpa | Ina Fassbender
Wenige Meter entfernt erinnert eine Gedenktafel an den Mord.
Wenige Meter entfernt erinnert eine Gedenktafel an den Mord. © dpa | Ina Fassbender
Die Stadt Dortmund errichtete außerdem am Hauptbahnhof ein Mahnmal für alle NSU-Opfer.
Die Stadt Dortmund errichtete außerdem am Hauptbahnhof ein Mahnmal für alle NSU-Opfer. © dpa | Ina Fassbender
Nur zwei Tage später, am 6. April 2007, erschießen Mundlos und Böhnhardt gegen 17 Uhr den 21-jährigen Halit Yozgat in seinem Internet-Café in Kassel. Mehrere Gäste hielten sich in seinem Laden auf, unter ihnen ein V-Mannführer des hessischen Verfassungsschutzes.
Nur zwei Tage später, am 6. April 2007, erschießen Mundlos und Böhnhardt gegen 17 Uhr den 21-jährigen Halit Yozgat in seinem Internet-Café in Kassel. Mehrere Gäste hielten sich in seinem Laden auf, unter ihnen ein V-Mannführer des hessischen Verfassungsschutzes. © dpa | Polizei-Handouts
Heute hat ein Imker in den Räumen in der Holländischen Straße ein Honiggeschäft. In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“.
Heute hat ein Imker in den Räumen in der Holländischen Straße ein Honiggeschäft. In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“. © dpa | Göran Gehlen
In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“.
In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Swen Pförtner
Am 25. April 2007 gegen 14 Uhr erschießen Mundlos und Böhnhardt die 22-jährige Polizeimeisterin Michéle Kiesewetter in Heilbronn (Baden-Württemberg) und verletzen deren 24-jährigen Kollegen Martin A. schwer.
Am 25. April 2007 gegen 14 Uhr erschießen Mundlos und Böhnhardt die 22-jährige Polizeimeisterin Michéle Kiesewetter in Heilbronn (Baden-Württemberg) und verletzen deren 24-jährigen Kollegen Martin A. schwer. © dpa | Polizei-Handouts
Die beiden Polizisten saßen in ihrem Einsatzwagen und parkten auf der Theresienwiese in Heilbronn (Baden-Württemberg). Der Platz ist heute annähernd unverändert. Ein Trafohäuschen direkt neben dem Tatort ist rötlich angestrichen. Eine Gedenktafel erinnert an alle NSU-Mordopfer.
Die beiden Polizisten saßen in ihrem Einsatzwagen und parkten auf der Theresienwiese in Heilbronn (Baden-Württemberg). Der Platz ist heute annähernd unverändert. Ein Trafohäuschen direkt neben dem Tatort ist rötlich angestrichen. Eine Gedenktafel erinnert an alle NSU-Mordopfer. © dpa | Bernd Weißbrod
Am 4. November überfallen Böhnhardt und Mundlos eine Sparkasse in Eisenach (Thüringen). Sie flüchten und verstecken sich in einem Wohnmobil. Den Ermittlern zufolge erschießen sie sich, als die Polizei sie entdeckt.
Am 4. November überfallen Böhnhardt und Mundlos eine Sparkasse in Eisenach (Thüringen). Sie flüchten und verstecken sich in einem Wohnmobil. Den Ermittlern zufolge erschießen sie sich, als die Polizei sie entdeckt. © dpa | Carolin Lemuth
Am 4. November 2011 steckt Beate Zschäpe die Fluchtwohnung an der Frühlingstraße in Zwickau in Brand, die sie mit Mundlos und Böhnhardt bewohnte.
Am 4. November 2011 steckt Beate Zschäpe die Fluchtwohnung an der Frühlingstraße in Zwickau in Brand, die sie mit Mundlos und Böhnhardt bewohnte. © dpa | Hendrik Schmidt
Die Stadt Zwickau ließ das beschädigte Gebäude ein halbes Jahr später komplett abreißen, um eine Wallfahrtsstätte von Neonazis zu verhindern. Wo einst das Haus stand, ist heute eine Wiese.
Die Stadt Zwickau ließ das beschädigte Gebäude ein halbes Jahr später komplett abreißen, um eine Wallfahrtsstätte von Neonazis zu verhindern. Wo einst das Haus stand, ist heute eine Wiese. © dpa | Hendrik Schmidt
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Zschäpes Verteidigung: „Urteil nicht tragfähig begründbar“

Mit den Urteilen ist zwar der NSU-Prozess

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beendet. Es war einer der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der juristische Streit geht aber wohl weiter.

Sowohl Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer als auch die Opfer-Anwälte erwägen, in Revision zu gehen. „Die Verurteilung Frau Zschäpes wegen Mittäterschaft an den von Böhnhardt und Mundlos begangenen Morden und Raubstraftaten ist nicht tragfähig begründbar. Wir werden gegen das Urteil Revision einlegen“, teilte Heer in einer Verhandlungspause mit.

Auch die Wohllebens Verteidiger wollen das Urteil überprüfen lassen. Dies kündigte Rechtsanwältin Nicole Schneiders an.

Erdogan: Urteil nicht zufriedenstellend

Der Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan kritisierte das Urteil. Es sei „alles andere als zufriedenstellend“, sagte Ibrahim Kalin am Mittwoch der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in der türkischen Hauptstadt Ankara. Deutschland habe sich dem Rassismus nicht entschieden genug entgegengestellt. „Wir möchten betonen, dass wir von den deutschen Behörden erwarten, den wachsenden Rassismus in Deutschland und Europa kompromisslos zu bekämpfen.“

Opfer-Anwalt hält einige Urteile für zu milde

Nach Auffassung von Nebenklagevertreter Mehmet Daimagüler sind die Urteile gegen die Angeklagten Ralf Wohlleben und André E. „zu milde“: „Beide haben nach meiner Einschätzung eine wichtigere Rolle beim NSU gespielt, als es nun im Strafmaß zum Ausdruck kommt“.

Zum Teil gelte dies auch für den Angeklagten Holger G., so der Rechtsanwalt und gebürtige Siegerländer. Das Lebenslang für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe – mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sei „konsequent“. Daimagüler: „Es wird keine ,automatische’ Entlassung nach 15 Jahren geben.“

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Kommt es zu Revisionen, müsste der Bundesgerichtshof das Urteil überprüfen.

Anklage: Beate Zschäpe hat alles gewusst

Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt.

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, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.

Zwar gibt es keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Die Anklage hatte Zschäpe allerdings eine maßgebliche Rolle bei der Tarnung des Trios zugeschrieben und argumentiert, Zschäpe habe „alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mit bewirkt“. Dieser Argumentation folgte das Gericht nun mit seinem Urteil.

Ermittler verfolgten jahrelang falsche Fährten

Das Auffliegen des NSU im November 2011 hatte ein

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– weil eine rechtsextreme Terrorzelle jahrelang unbehelligt von den Behörden im Untergrund leben und mordend durch die Republik ziehen konnte. Jahrelang hatten die Ermittler zuvor falsche Fährten verfolgt und den rechtsextremen Hintergrund der Taten verkannt.

Stattdessen wurden engste Familiengehörige als Verdächtige behandelt und drangsaliert. In der Folge wurden Untersuchungsausschüsse des Bundestages und mehrerer Landtage eingesetzt, um teils eklatante Behördenfehler aufzuklären. (dpa/cho/rh)