Kaum ein Urteil in den letzten Jahren wurde mit größerer Spannung erwartet: Wird Beate Zschäpe als Mörderin zu Lebenslang verurteilt?

An diesem Mittwoch werden sich im NSU-Prozess ein letztes Mal alle Augen auf Beate Zschäpe richten – und auf den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. Nach mehr als fünf Jahren, nach mehr als 430 Prozesstagen, Hunderten Zeugen, teils endlosem juristischen Hickhack, nach Tagen mit Tränen im Gerichtssaal und mit bewegenden Opfer-Aussagen

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Die Richter wollen einen juristischen Schlussstrich ziehen unter die Aufarbeitung einer fast durchweg rassistisch motivierten Mord- und Anschlagsserie, die die Republik erschütterte, laut Anklage verübt von einer jahrelang unbehelligt im Untergrund lebenden Neonazi-Zelle: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe.

Wird Zschäpe als Mittäterin an allen zehn Morden verurteilt?

Beate Zschäpe ist quasi das Gesicht des

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“ geworden. Sie ist die Hauptangeklagte in diesem Mammutverfahren, das in die deutschen Geschichtsbücher eingehen wird, schon allein als einer der aufwendigsten Indizienprozesse der vergangenen Jahrzehnte. Ihre beiden Freunde sind tot. Sie nahmen sich am 4. November 2011 nach einem gescheiterten Banküberfall das Leben.

Die Frage aller Fragen vor dem Tag X ist nun: Wird Zschäpe als Mittäterin an allen zehn Morden und den Anschlägen verurteilt, wie dies die Bundesanwaltschaft fordert? Also genau so, als habe die heute 43-Jährige selbst den Abzug der Ceska-Pistole gedrückt, mit der der NSU mordend durch die Republik zog, Frauen den Ehemann, Kindern den Vater, Eltern den Sohn nahm? Die Strafe dafür wäre dann wohl lebenslange Haft, womöglich mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Zugegeben hat Zschäpe Mitwisserschaft an Banküberfällen

Oder wird Zschäpe vom Vorwurf der Mittäterschaft freigesprochen, womöglich auch vom minderschweren Vorwurf der Beihilfe? Dann könnte sie lediglich wegen der Taten verurteilt werden, die sie in ihren schriftlichen Einlassungen zugegeben hat: Von den Banküberfällen ihrer Freunde hat sie nach eigenen Angaben gewusst und diese gutgeheißen – damit finanzierte das Trio das Leben im Untergrund. Und: Sie steckte am 4. November 2011, nachdem sie vom Tod ihrer Freunde erfahren hatte, die letzte Fluchtwohnung des NSU

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Ihre beiden Vertrauensanwälte fordern deshalb eine Haftstrafe von unter zehn Jahren. Ihre ursprünglichen Verteidiger wollen die sofortige Freilassung, weil die zu erwartende Strafe mit der mehr als sechsjährigen Untersuchungshaft bereits abgegolten sei.

Der NSU-Prozess um Beate Zschäpe

Es ist ein historisches Urteil: Nach mehr als fünf Jahren NSU-Prozess ist Beate Zschäpe am 11. Juli 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Es ist ein historisches Urteil: Nach mehr als fünf Jahren NSU-Prozess ist Beate Zschäpe am 11. Juli 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. © REUTERS | MICHAELA REHLE
Das Oberlandesgericht München stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest – damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.
Das Oberlandesgericht München stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest – damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen. © REUTERS | MICHAELA REHLE
„Die Verurteilung Frau Zschäpes wegen Mittäterschaft an den von Böhnhardt und Mundlos begangenen Morden und Raubstraftaten ist nicht tragfähig begründbar. Wir werden gegen das Urteil Revision einlegen“, teilte der Verteidiger Wolfgang Heer in einer Verhandlungspause mit.
„Die Verurteilung Frau Zschäpes wegen Mittäterschaft an den von Böhnhardt und Mundlos begangenen Morden und Raubstraftaten ist nicht tragfähig begründbar. Wir werden gegen das Urteil Revision einlegen“, teilte der Verteidiger Wolfgang Heer in einer Verhandlungspause mit. © dpa | Matthias Balk
Mehr als 430 Prozesstage, Hunderte Zeugen, mehrere Hundert Aktenordner: Der Münchner NSU-Prozess ist so oder so ein Fall für die Geschichtsbücher. Beate Zschäpe ist die Hauptangeklagte.
Mehr als 430 Prozesstage, Hunderte Zeugen, mehrere Hundert Aktenordner: Der Münchner NSU-Prozess ist so oder so ein Fall für die Geschichtsbücher. Beate Zschäpe ist die Hauptangeklagte. © Getty Images | Joerg Koch
Am 3. Juli hatte sich Zschäpe im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts noch einmal von den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ distanziert. Diese Aufnahme zeigt sie zwischen ihren Anwälten Hermann Borchert (l.) und Mathias Grasel (r).
Am 3. Juli hatte sich Zschäpe im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts noch einmal von den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ distanziert. Diese Aufnahme zeigt sie zwischen ihren Anwälten Hermann Borchert (l.) und Mathias Grasel (r). © dpa | Peter Kneffel
„Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe“, sagte sie in ihrem rund fünfminütigen persönlichen Schlusswort.
„Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe“, sagte sie in ihrem rund fünfminütigen persönlichen Schlusswort. © REUTERS | POOL
Zschäpe sagte aber auch: „Ich wollte und will die Verantwortung für die Dinge übernehmen, die ich selbst verschuldet habe, und entschuldige mich für das Leid, was ich verursacht habe.“
Zschäpe sagte aber auch: „Ich wollte und will die Verantwortung für die Dinge übernehmen, die ich selbst verschuldet habe, und entschuldige mich für das Leid, was ich verursacht habe.“ © Getty Images | Joerg Koch
Mehr als 430 Prozesstage, Hunderte Zeugen, mehrere Hundert Aktenordner:
Mit mehr als fünf Jahren handelt es sich um einen der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der Nachkriegsgeschichte.
Mehr als 430 Prozesstage, Hunderte Zeugen, mehrere Hundert Aktenordner: Mit mehr als fünf Jahren handelt es sich um einen der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der Nachkriegsgeschichte. © REUTERS | MICHAEL DALDER
Die Anklageschrift im NSU-Prozess umfasst 480 Seiten. In 650 Aktenordnern sind die Ermittlungsergebnisse gesammelt.
Die Anklageschrift im NSU-Prozess umfasst 480 Seiten. In 650 Aktenordnern sind die Ermittlungsergebnisse gesammelt. © REUTERS | © Michael Dalder / Reuters
Mit dem Urteilsspruch folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft und verurteilte Zschäpe als Mittäterin an den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU).
Mit dem Urteilsspruch folgte das Gericht dem Antrag der Bundesanwaltschaft und verurteilte Zschäpe als Mittäterin an den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). © dpa | Peter Kneffel
Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos (r.) und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Dieses Fahndungsfoto des Trios stammt aus dem Jahr 1997.
Zschäpe hatte fast 14 Jahre lang mit ihren Freunden Uwe Mundlos (r.) und Uwe Böhnhardt im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer neun Gewerbetreibende türkischer oder griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin, zudem verübten sie zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten. Dieses Fahndungsfoto des Trios stammt aus dem Jahr 1997. © dpa | Frank Doebert
Im November 2011 setzte Zschäpe zudem die letzte Fluchtwohnung des NSU in Zwickau in Brand – nachdem sich Mundlos  und Böhnhardt nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach selbst erschossen hatten.
Im November 2011 setzte Zschäpe zudem die letzte Fluchtwohnung des NSU in Zwickau in Brand – nachdem sich Mundlos und Böhnhardt nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach selbst erschossen hatten. © dpa | Michaela Rehle
Am 6. Mai 2013 begann der Prozess gegen Zschäpe und die vier Mitangeklagten Ralf Wohlleben, André E., Cartsen S. und Holger G. Am 14. Mai wurde die Anklage verlesen.
Am 6. Mai 2013 begann der Prozess gegen Zschäpe und die vier Mitangeklagten Ralf Wohlleben, André E., Cartsen S. und Holger G. Am 14. Mai wurde die Anklage verlesen. © dpa | Peter Kneffel
Im Vorfeld des Prozesses hatte es einen Streit um Journalisten-Akkreditierungen gegeben. Damals waren die 50 Plätze für nationale und internationale Medienvertreter nach dem Windhundprinzip vergeben worden, also nach der zeitlichen Reihenfolge der Anträge. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mussten die Plätze neu vergeben werden. Dabei entschied das Los.
Im Vorfeld des Prozesses hatte es einen Streit um Journalisten-Akkreditierungen gegeben. Damals waren die 50 Plätze für nationale und internationale Medienvertreter nach dem Windhundprinzip vergeben worden, also nach der zeitlichen Reihenfolge der Anträge. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mussten die Plätze neu vergeben werden. Dabei entschied das Los. © REUTERS | © Michaela Rehle / Reuters
In einem Wohnwagen im thüringischen Eisenach waren 2011 die Leichen von Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos entdeckt worden. Die beiden Männer hatten sich selbst umgebracht. Daraufhin war die Neonazi-Terrorzelle NSU aufgeflogen.
In einem Wohnwagen im thüringischen Eisenach waren 2011 die Leichen von Uwe Bönhardt und Uwe Mundlos entdeckt worden. Die beiden Männer hatten sich selbst umgebracht. Daraufhin war die Neonazi-Terrorzelle NSU aufgeflogen. © dpa | Carolin Lemuth
In der Zwickauer Wohnung, in der das NSU-Trio Zschäpe, Bönhardt und Mundlos wohnten, wurde damals Feuer gelegt. Sie brannte komplett aus.
In der Zwickauer Wohnung, in der das NSU-Trio Zschäpe, Bönhardt und Mundlos wohnten, wurde damals Feuer gelegt. Sie brannte komplett aus. © BM | imago/Eibner
Insgesamt zehn Morde sollen auf das Konto des NSU gehen.
Insgesamt zehn Morde sollen auf das Konto des NSU gehen. © REUTERS | © Reuters Staff / Reuters
In der Keupstraße in Köln-Mülheim wurde ein Frisiersalon beim Nagelbombenattentat am 9. Juni 2004 vollständig verwüstet. 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Seit November 2011 ist klar, dass der Anschlag auf das Konto des NSU geht.
In der Keupstraße in Köln-Mülheim wurde ein Frisiersalon beim Nagelbombenattentat am 9. Juni 2004 vollständig verwüstet. 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Seit November 2011 ist klar, dass der Anschlag auf das Konto des NSU geht. © imago/Revierfoto | imago stock&people
In der Bad Schachener Straße in München wurde der Obsthändler Habil K. im August 2001 vom NSU ermordet.
In der Bad Schachener Straße in München wurde der Obsthändler Habil K. im August 2001 vom NSU ermordet. © imago stock&people | imago stock&people
In der Dortmunder Mallinckrodtstraße wurde 2006 Mehmet Kubasik in seinem Kiosk erschossen. Auch diese Tat wurde der NSU-Mordserie zugeschrieben.
In der Dortmunder Mallinckrodtstraße wurde 2006 Mehmet Kubasik in seinem Kiosk erschossen. Auch diese Tat wurde der NSU-Mordserie zugeschrieben. © REUTERS | © Wolfgang Rattay / Reuters
Enver Şimşek war das erste Opfer in der Mordserie des NSU. Adile Şimşek (Mitte), die Witwe des hessischen Blumenhändlers verfolgte den Prozessauftakt am 6. Mai 2013.
Enver Şimşek war das erste Opfer in der Mordserie des NSU. Adile Şimşek (Mitte), die Witwe des hessischen Blumenhändlers verfolgte den Prozessauftakt am 6. Mai 2013. © REUTERS | © Michael Dalder / Reuters
Halit Yozgat (Poster) war das neunte und vermutlich vorletzte Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Er wurde am 6. April 2006 in seinem Geschäft in Kassel umgebracht.
Halit Yozgat (Poster) war das neunte und vermutlich vorletzte Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Er wurde am 6. April 2006 in seinem Geschäft in Kassel umgebracht. © REUTERS | © Lisi Niesner / Reuters
In Hamburg ist im Juni 2014 eine Straße im Stadtteil Bahrenfeld nach dem NSU-Mordopfer Süleyman Taşköprü benannt worden.
In Hamburg ist im Juni 2014 eine Straße im Stadtteil Bahrenfeld nach dem NSU-Mordopfer Süleyman Taşköprü benannt worden. © BM | imago/Lars Berg
Auch die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter ist vom NSU getötet worden. Am Tatort auf der Theresienwiese sicherten Beamte Spuren.
Auch die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter ist vom NSU getötet worden. Am Tatort auf der Theresienwiese sicherten Beamte Spuren. © dpa | Bernd Weißbrod
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Bundesanwalt: Zschäpe hat alles gewusst, alles mitgetragen

Tatsächlich gibt es bis heute keinen Beweis, dass Zschäpe an einem der Tatorte war. Wie aber sollte sie dann als Mörderin verurteilt werden können, wie es die Anklage fordert?

Bundesanwalt Herbert Diemer begründete das in seinem Plädoyer bereits im Herbst: „Sie hat alles gewusst, alles mitgetragen und auf ihre eigene Art mitgesteuert und mitbewirkt.“ Zschäpes Altverteidiger Wolfgang Heer dagegen betonte: „Frau Zschäpe ist keine Terroristin, sie ist keine Mörderin und keine Attentäterin.“ Ihr Vertrauensanwalt Mathias Grasel mahnte, man dürfe nicht nach dem Motto „den Letzten beißen die Hunde“ handeln. Und

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„Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwas, was ich weder gewollt noch getan habe.“

Reicht Zschäpes Handeln für Verurteilung als Mittäterin aus?

Tatsächlich hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Hürden für eine Verurteilung wegen Mittäterschaft hoch gelegt. Genüsslich zitierten Zschäpes Verteidiger mehrere BGH-Entscheidungen, mit denen Verurteilungen wegen Mittäterschaft in anderen Fällen kassiert wurden. In einer davon heißt es: Ob Mittäterschaft vorliege, müsse das Gericht „aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung“ prüfen.

Und weiter: „Maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen.“ Reicht Zschäpes Handeln danach für eine Verurteilung als Mittäterin aus?

Götzl und seine Kollegen dürften die BGH-Rechtsprechung längst sehr genau kennen. Zumal es oft der dritte BGH-Senat war, der so entschied – genau der, der auch für eine Revision in Sachen NSU zuständig wäre.

Strafforderungen für Mitangeklagte weit auseinander

Die Angeklagte Beate Zschäpe.
Die Angeklagte Beate Zschäpe. © dpa | Tobias Hase

Auch bei den vier Mitangeklagten liegen die Forderungen der Anklage und der Verteidiger teils weitestmöglich auseinander: Für den mutmaßlichen Waffenbeschaffer Ralf Wohlleben beispielsweise will die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Haft, ebenso für André E., weil der ein Wohnmobil gemietet habe, mit dem Mundlos und Böhnhardt zu einem der Tatorte fuhren. Die jeweiligen Verteidiger forderten dagegen Freisprüche – weil die Beweise für eine Verurteilung nicht reichten.

Der Erwartungsdruck, der auf dem Münchner Gericht lastet, ist enorm. Die Maximalanklage der Bundesanwaltschaft steht nun einmal im Raum. Darauf gründet der Druck vieler Nebenkläger für eine möglichst harte Bestrafung. Und die Erwartung einer breiten Öffentlichkeit, dass die Taten des NSU juristisch möglichst scharf geahndet werden müssten.

Versagen von Behörden müssen Ausschüsse aufklären

Doch so einfach ist es eben nicht. Nicht umsonst dauerte der Prozess mehr als fünf Jahre und mehr als 430 Verhandlungstage. Nicht umsonst hörte das Gericht Hunderte Zeugen, ging den einzelnen Indizien mit einer teils extremen Akribie nach, trug diese nach und nach wie kleinste Mosaiksteine zusammen. Lässt das den Schluss zu, dass Götzl – schon in der Vergangenheit für harte Urteile bekannt – am Ende auch diesmal, äußerst gut begründet, ein hartes Urteil sprechen will?

Streng genommen geht es in einem Strafverfahren, einfach gesagt, um die

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Jahrelanges massives Versagen von Behörden aufzuklären, wie es nach dem Auffliegen des NSU offensichtlich wurde und die Republik erschütterte, das ist vor allem Sache von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, wie es in Bund in Ländern schon mehrere gab und einige noch immer gibt. Doch im Fall des NSU lässt sich das eine nicht immer vom anderen trennen.

Das sind die Opfer und Tatorte des NSU

Morde, Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle: Die rechtsextreme Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) hat eine blutige Spur der Gewalt durch Deutschland gezogen. Mitglieder der Gruppe haben über mehrere Jahre hinweg Menschen in Deutschland umgebracht. Sie töteten fast immer Leute, die in anderen Ländern geboren wurden. Oder die Vorfahren aus anderen Ländern hatten. Die beiden Männer Uwe Böhnhardt (M.) und Uwe Mundlos, die die Taten begingen, sind mittlerweile tot. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (l.) ist im NSU-Prozess am 11. Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Wir zeigen NSU-Opfer und Tatorte.
Morde, Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle: Die rechtsextreme Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) hat eine blutige Spur der Gewalt durch Deutschland gezogen. Mitglieder der Gruppe haben über mehrere Jahre hinweg Menschen in Deutschland umgebracht. Sie töteten fast immer Leute, die in anderen Ländern geboren wurden. Oder die Vorfahren aus anderen Ländern hatten. Die beiden Männer Uwe Böhnhardt (M.) und Uwe Mundlos, die die Taten begingen, sind mittlerweile tot. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe (l.) ist im NSU-Prozess am 11. Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht München sprach die 43-Jährige des zehnfachen Mordes schuldig. Das Gericht stellte auch die besondere Schwere der Schuld fest. Wir zeigen NSU-Opfer und Tatorte. © dpa | Frank Doebert
Die Bildkombo zeigt undatierte Porträtfotos der zehn durch die NSU Ermordeten: (oben, v.l.) Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic und die Polizistin Michele Kiesewetter, sowie (unten, v.l) Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik und Halit Yozgat.
Die Bildkombo zeigt undatierte Porträtfotos der zehn durch die NSU Ermordeten: (oben, v.l.) Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic und die Polizistin Michele Kiesewetter, sowie (unten, v.l) Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik und Halit Yozgat. © dpa | dpa
Am 9. September 2000, zwischen 12.45 und 14.45 Uhr, erschießen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den 38-jährigen Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg.
Am 9. September 2000, zwischen 12.45 und 14.45 Uhr, erschießen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den 38-jährigen Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg. © dpa | Polizei-Handouts
Simsek hatte auf einem Stellplatz an der Liegnitzer Straße – eine Ausfallstraße im Nürnberger Süden (Bayern) – seinen Transporter geparkt, aus dem heraus er seine Ware verkaufte.
Simsek hatte auf einem Stellplatz an der Liegnitzer Straße – eine Ausfallstraße im Nürnberger Süden (Bayern) – seinen Transporter geparkt, aus dem heraus er seine Ware verkaufte. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Florian Schuh
Heute befindet sich dort ein Verkaufsstand für Kirschen. In Sichtweite hat die Stadt eine Gedenktafel und ein Schwarzweißbild Simseks aufgestellt.
Heute befindet sich dort ein Verkaufsstand für Kirschen. In Sichtweite hat die Stadt eine Gedenktafel und ein Schwarzweißbild Simseks aufgestellt. © dpa | Daniel Karmann
Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 betritt ein Mann – laut Ermittlern Mundlos oder Böhnhardt – das Lebensmittelgeschäft einer iranischen Familie in der nördlichen Kölner Altstadt (Nordrhein-Westfalen). Unter einem Vorwand hinterlässt er eine in einer Stollendose versteckte Bombe. Die Dose bleibt über die Feiertage und den Jahreswechsel liegen. Am 19. Januar um 7.00 Uhr öffnet eine Tochter sie. Sie erleidet schwerste Verbrennungen und Verletzungen.
Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 betritt ein Mann – laut Ermittlern Mundlos oder Böhnhardt – das Lebensmittelgeschäft einer iranischen Familie in der nördlichen Kölner Altstadt (Nordrhein-Westfalen). Unter einem Vorwand hinterlässt er eine in einer Stollendose versteckte Bombe. Die Dose bleibt über die Feiertage und den Jahreswechsel liegen. Am 19. Januar um 7.00 Uhr öffnet eine Tochter sie. Sie erleidet schwerste Verbrennungen und Verletzungen. © dpa | Henning Kaiser
Heute existiert das Geschäft an der Probsteigasse nicht mehr. Das Haus ist umgebaut worden. Gegenüber erinnert eine Gedenktafel an die Tat. Das Mädchen überlebte und arbeitet heute als Ärztin.
Heute existiert das Geschäft an der Probsteigasse nicht mehr. Das Haus ist umgebaut worden. Gegenüber erinnert eine Gedenktafel an die Tat. Das Mädchen überlebte und arbeitet heute als Ärztin. © dpa | Henning Kaiser
Am 13. Juni 2001, zwischen 16.10 und 21.25 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 49-jährigen Änderungsschneider Abdurrahim Özudogru in Nürnberg. Er arbeitete in seinem Ladengeschäft in der südlichen Nürnberger Innenstadt.
Am 13. Juni 2001, zwischen 16.10 und 21.25 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 49-jährigen Änderungsschneider Abdurrahim Özudogru in Nürnberg. Er arbeitete in seinem Ladengeschäft in der südlichen Nürnberger Innenstadt. © dpa | Polizei-Handouts
Heute steht der Laden an der Gyulaer Straße leer. Die rotbraunen Jalousien sind zugezogen. Eine Gedenktafel und ein Schwarzweißfoto erinnern an die Tat.
Heute steht der Laden an der Gyulaer Straße leer. Die rotbraunen Jalousien sind zugezogen. Eine Gedenktafel und ein Schwarzweißfoto erinnern an die Tat. © dpa | Daniel Karmann
Am 27. Juni 2001, zwischen 10.45 und 11.24 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Gemüsehändler Süleyman Tasköprü in seinem Geschäft in Hamburg-Bahrenfeld.
Am 27. Juni 2001, zwischen 10.45 und 11.24 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Gemüsehändler Süleyman Tasköprü in seinem Geschäft in Hamburg-Bahrenfeld. © dpa | Polizei-Handouts
Heute befindet sich dort an der Schützenstraße ein Fahrradladen. Am Haus erinnert ein Gedenkstein an das Mordopfer.
Heute befindet sich dort an der Schützenstraße ein Fahrradladen. Am Haus erinnert ein Gedenkstein an das Mordopfer. © imago stock&people | imago stock&peopleFlorian Schuh
In der Umgebung ist eine Straße nach ihm benannt.
In der Umgebung ist eine Straße nach ihm benannt. © imago | imago stock&peopleLars Berg
Am 29. August 2001, zwischen 10.35 und 10.50 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 38-jährigen Lebensmittelhändler Habil Kilic in seinem „Frischmarkt“ im Münchner Stadtteil Ramersdorf (Bayern).
Am 29. August 2001, zwischen 10.35 und 10.50 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 38-jährigen Lebensmittelhändler Habil Kilic in seinem „Frischmarkt“ im Münchner Stadtteil Ramersdorf (Bayern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute sieht es dort an der Bad-Schachener-Straße noch ähnlich aus wie damals. Vor der Theke stapeln sich Gemüse und Obst. An der Kasse liegt eine türkische Zeitung aus. Der Laden heißt heute „Himmet Market“. An den Mord erinnert eine Gedenktafel aus Stein neben dem Laden.
Heute sieht es dort an der Bad-Schachener-Straße noch ähnlich aus wie damals. Vor der Theke stapeln sich Gemüse und Obst. An der Kasse liegt eine türkische Zeitung aus. Der Laden heißt heute „Himmet Market“. An den Mord erinnert eine Gedenktafel aus Stein neben dem Laden. © dpa | Matthias Balk
Am 25. Februar 2004, zwischen 10.10 und 10.20 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 25-jährigen Mehmet Turgut. Er arbeitete im Imbiss eines Verwandten am Neudierkower Weg in Rostock-Toitenwinkel (Mecklenburg-Vorpommern).
Am 25. Februar 2004, zwischen 10.10 und 10.20 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 25-jährigen Mehmet Turgut. Er arbeitete im Imbiss eines Verwandten am Neudierkower Weg in Rostock-Toitenwinkel (Mecklenburg-Vorpommern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist von dem Imbiss nichts mehr zu sehen. An den Toten erinnert ein Mahnmal: zwei sich versetzt gegenüberstehende Betonbänke mit Inschriften in deutscher und türkischer Sprache.
Heute ist von dem Imbiss nichts mehr zu sehen. An den Toten erinnert ein Mahnmal: zwei sich versetzt gegenüberstehende Betonbänke mit Inschriften in deutscher und türkischer Sprache. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Bernd Wüstneck
Am 9. Juni 2004, gegen 16 Uhr, zünden Mundlos und Böhnhardt in Köln eine mit Nägeln gefüllte Bombe. Sie befand sich auf einem Fahrrad, das sie vor einem Friseurgeschäft an der Keupstraße an die Hauswand lehnten. 22 Menschen werden verletzt.
Am 9. Juni 2004, gegen 16 Uhr, zünden Mundlos und Böhnhardt in Köln eine mit Nägeln gefüllte Bombe. Sie befand sich auf einem Fahrrad, das sie vor einem Friseurgeschäft an der Keupstraße an die Hauswand lehnten. 22 Menschen werden verletzt. © dpa | Federico Gambarini
Heute befindet sich in den Räumen des Hauses Nummer 29 statt des Friseurs ein Juweliergeschäft. Der Friseurladen existiert nach wie vor und zog nur ein paar Meter weiter in einen Hinterhof. Der Charakter der Straße ist unverändert – geprägt von türkischen Restaurants und Geschäften.
Heute befindet sich in den Räumen des Hauses Nummer 29 statt des Friseurs ein Juweliergeschäft. Der Friseurladen existiert nach wie vor und zog nur ein paar Meter weiter in einen Hinterhof. Der Charakter der Straße ist unverändert – geprägt von türkischen Restaurants und Geschäften. © dpa | Henning Kaiser
Am 9. Juni 2005, zwischen 9.50 und 10.15 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 50-jährigen Imbissbetreiber Ismail Yasar in seinem Döner-Imbiss in der Nürnberger Innenstadt (Bayern).
Am 9. Juni 2005, zwischen 9.50 und 10.15 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 50-jährigen Imbissbetreiber Ismail Yasar in seinem Döner-Imbiss in der Nürnberger Innenstadt (Bayern). © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist der Imbiss-Stand an der Scharrerstraße verschwunden. Am Zaun eines Parkplatzes daneben ist ein Foto Yasars befestigt.
Heute ist der Imbiss-Stand an der Scharrerstraße verschwunden. Am Zaun eines Parkplatzes daneben ist ein Foto Yasars befestigt. © dpa | Daniel Karmann
Am 15. Juni 2005, zwischen 18.36 und 19.00 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 41-jährigen Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides in seinem Geschäft im Münchner Westend (Bayern) – nur wenige Meter von einer viel befahrenen Kreuzung entfernt.
Am 15. Juni 2005, zwischen 18.36 und 19.00 Uhr, erschießen Mundlos und Böhnhardt den 41-jährigen Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides in seinem Geschäft im Münchner Westend (Bayern) – nur wenige Meter von einer viel befahrenen Kreuzung entfernt. © dpa | Polizei-Handouts
Heute ist dort ein türkischer Imbiss, nebenan eine Gaststätte. An dem Haus direkt hinter einer Bushaltestelle hängt eine Gedenktafel.
Heute ist dort ein türkischer Imbiss, nebenan eine Gaststätte. An dem Haus direkt hinter einer Bushaltestelle hängt eine Gedenktafel. © dpa | Matthias Balk
Am 4. April 2006 erschießen vermutlich zwischen 12 und 13 Uhr Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik in seinem Geschäft in Dortmund (Nordrhein-Westfalen).
Am 4. April 2006 erschießen vermutlich zwischen 12 und 13 Uhr Mundlos und Böhnhardt den 39-jährigen Kioskbetreiber Mehmet Kubasik in seinem Geschäft in Dortmund (Nordrhein-Westfalen). © dpa | Polizei-Handouts
Heute befindet sich in den Räumen in der Malinckrodtstraße ein Reisebüro.
Heute befindet sich in den Räumen in der Malinckrodtstraße ein Reisebüro. © dpa | Ina Fassbender
Wenige Meter entfernt erinnert eine Gedenktafel an den Mord.
Wenige Meter entfernt erinnert eine Gedenktafel an den Mord. © dpa | Ina Fassbender
Die Stadt Dortmund errichtete außerdem am Hauptbahnhof ein Mahnmal für alle NSU-Opfer.
Die Stadt Dortmund errichtete außerdem am Hauptbahnhof ein Mahnmal für alle NSU-Opfer. © dpa | Ina Fassbender
Nur zwei Tage später, am 6. April 2007, erschießen Mundlos und Böhnhardt gegen 17 Uhr den 21-jährigen Halit Yozgat in seinem Internet-Café in Kassel. Mehrere Gäste hielten sich in seinem Laden auf, unter ihnen ein V-Mannführer des hessischen Verfassungsschutzes.
Nur zwei Tage später, am 6. April 2007, erschießen Mundlos und Böhnhardt gegen 17 Uhr den 21-jährigen Halit Yozgat in seinem Internet-Café in Kassel. Mehrere Gäste hielten sich in seinem Laden auf, unter ihnen ein V-Mannführer des hessischen Verfassungsschutzes. © dpa | Polizei-Handouts
Heute hat ein Imker in den Räumen in der Holländischen Straße ein Honiggeschäft. In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“.
Heute hat ein Imker in den Räumen in der Holländischen Straße ein Honiggeschäft. In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“. © dpa | Göran Gehlen
In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“.
In unmittelbarer Nähe gibt es einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten „Halitplatz“. © picture alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Swen Pförtner
Am 25. April 2007 gegen 14 Uhr erschießen Mundlos und Böhnhardt die 22-jährige Polizeimeisterin Michéle Kiesewetter in Heilbronn (Baden-Württemberg) und verletzen deren 24-jährigen Kollegen Martin A. schwer.
Am 25. April 2007 gegen 14 Uhr erschießen Mundlos und Böhnhardt die 22-jährige Polizeimeisterin Michéle Kiesewetter in Heilbronn (Baden-Württemberg) und verletzen deren 24-jährigen Kollegen Martin A. schwer. © dpa | Polizei-Handouts
Die beiden Polizisten saßen in ihrem Einsatzwagen und parkten auf der Theresienwiese in Heilbronn (Baden-Württemberg). Der Platz ist heute annähernd unverändert. Ein Trafohäuschen direkt neben dem Tatort ist rötlich angestrichen. Eine Gedenktafel erinnert an alle NSU-Mordopfer.
Die beiden Polizisten saßen in ihrem Einsatzwagen und parkten auf der Theresienwiese in Heilbronn (Baden-Württemberg). Der Platz ist heute annähernd unverändert. Ein Trafohäuschen direkt neben dem Tatort ist rötlich angestrichen. Eine Gedenktafel erinnert an alle NSU-Mordopfer. © dpa | Bernd Weißbrod
Am 4. November überfallen Böhnhardt und Mundlos eine Sparkasse in Eisenach (Thüringen). Sie flüchten und verstecken sich in einem Wohnmobil. Den Ermittlern zufolge erschießen sie sich, als die Polizei sie entdeckt.
Am 4. November überfallen Böhnhardt und Mundlos eine Sparkasse in Eisenach (Thüringen). Sie flüchten und verstecken sich in einem Wohnmobil. Den Ermittlern zufolge erschießen sie sich, als die Polizei sie entdeckt. © dpa | Carolin Lemuth
Am 4. November 2011 steckt Beate Zschäpe die Fluchtwohnung an der Frühlingstraße in Zwickau in Brand, die sie mit Mundlos und Böhnhardt bewohnte.
Am 4. November 2011 steckt Beate Zschäpe die Fluchtwohnung an der Frühlingstraße in Zwickau in Brand, die sie mit Mundlos und Böhnhardt bewohnte. © dpa | Hendrik Schmidt
Die Stadt Zwickau ließ das beschädigte Gebäude ein halbes Jahr später komplett abreißen, um eine Wallfahrtsstätte von Neonazis zu verhindern. Wo einst das Haus stand, ist heute eine Wiese.
Die Stadt Zwickau ließ das beschädigte Gebäude ein halbes Jahr später komplett abreißen, um eine Wallfahrtsstätte von Neonazis zu verhindern. Wo einst das Haus stand, ist heute eine Wiese. © dpa | Hendrik Schmidt
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Dubiose Rolle eines Verfassungsschützers

Viele Ungereimtheiten sind auch im Prozess zur Sprache gekommen: etwa die bis heute dubiose Rolle eines Verfassungsschützers, der in Kassel im Nebenraum eines Internetcafés saß, als Böhnhardt und Mundlos den jungen Betreiber hinter dem Tresen erschossen. Und zu den Fragen, die bis heute offengeblieben sind, zählt auch diese: Bestand der NSU wirklich nur aus drei Personen? Gab es nicht viel mehr Unterstützer in der rechtsextremen Szene, die heute noch immer unbekannt sind?

Tatsächlich hatte das Trio einst viele Gesinnungsgenossen. Und wo ein Teil der Angeklagten bis heute politisch steht, daran hat dieser Prozess auch nur wenige Zweifel gelassen. „Unser Mandant ist Nationalsozialist, der mit Haut und mit Haaren zu seiner politischen Überzeugung steht“, sagte beispielsweise ein Verteidiger von André E. Und immer wieder saßen auf der Zuschauertribüne Männer, die mit E. oder Wohlleben wohlbekannt und eindeutig der Szene zuzurechnen waren.

Witwe eines Opfers: Meine Fragen sind nicht beantwortet

Elif Kubasik, die Frau des vom NSU ermordeten Kioskbetreibers Mehmet Kubasik, zog in ihrem Plädoyer ein düsteres Fazit. „Hier im Prozess sind meine Fragen nicht beantwortet worden“, sagte sie bitter. Sie und andere Opfer-Angehörige, darunter Yvonne Boulgarides, erhoben am Ende noch einmal massive Vorwürfe gegen die Behörden: fehlende Aussagegenehmigungen für Geheimdienstler, Gedächtnisverlust auch bei Behörden-Zeugen, Akten geschreddert, kein einziger Verantwortlicher zur Verantwortung gezogen – das sei „komplettes Organversagen“.

Doch auch wenn viele Fragen offen bleiben: Die erstinstanzliche juristische Aufarbeitung der NSU-Taten endet nun. Aber wie? Sogar in Kreisen der Bundesanwaltschaft ist zu hören: Wir wissen nicht, ob unsere Anklage durchkommt. Und wenn: Dann dürfte das Urteil ziemlich sicher zur Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe landen. (dpa)