Berlin. Die Regierungskrise in Italien lässt Europa zittern. Die Presse im Ausland spekuliert schon über den Austritt des Landes aus dem Euro.

Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella lehnte einen eurokritischen Wirtschaftsminister ab – und verhinderte somit fürs erste eine Regierung von Populisten und Rechten in Rom. Doch die Unsicherheit bleibt, im Herbst stehen wohl Neuwahlen an.

Europas Presse ist besorgt über die Lage in Italien. Einige Kommentatoren ziehen schon einen Vergleich zum Brexit der Briten. Doch es gibt auch Kritik an Mattarellas Veto – er habe den Willen der Wähler missachtet, heißt es. Der Überblick:

„De Telegraaf“ (Niederlande): „Italien hat eine schwache Wirtschaft, ist aber so groß, dass es nicht von den anderen Euro-Ländern gerettet werden kann. Italiens Staatsverschuldung beläuft sich auf 2,3 Billionen Euro. Wenn Italien diese Schulden nicht mehr tilgen kann, bricht der Euro zusammen.“

„El País“ (Spanien): „Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat Entschlossenheit und Mut bewiesen, als er seine in der Verfassung verankerten Befugnisse genutzt hat, um die Ernennung von Paolo Savona zum Wirtschaftsminister zu verhindern, einem europafeindlichen Populisten, der den Austritt aus dem Euro befürwortet . Es handelt sich um eine riskante Entscheidung, die nun zur Suche nach einer neuen Regierung zwingt.“

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    „Guardian“ (Großbritannien): „Es besteht die reale Möglichkeit, dass eine neue rechtsgerichtete populistische Regierung mit einem Mandat an die Macht kommt, der EU und ihren Institutionen entgegenzutreten. Wenn das geschieht, könnte die Krise für die EU weit schwerwiegender werden als der Brexit.“

    „Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz): „Die Neuwahlen dürften zum Plebiszit über den Euro werden. Die Europäische Union wird dadurch nach dem Brexit einem weiteren ernsthaften Test ausgesetzt. Wichtig ist, dass die Regierungen der übrigen Euro-Staaten Optionen für einen geordneten Austritt Italiens aus dem Währungsverbund vorbereiten. Sie müssen sich überlegen, wie sie Italien im Falle eines Zusammenbruchs retten wollen – und ob sie das können.“

    „Der Standard“ (Österreich) „Man mag die Politik von Lega und Cinque Stelle für destablisierend halten; doch all das kann die Missachtung des Wählervotums nicht rechtfertigen. Mattarellas Entscheidung für den Schutz der Ersparnisse wird zu einem verheerenden Signal, das die Populisten nur stärkt. Was muss eigentlich nach dem Brexit noch geschehen, damit in Europa die Sorgen der Bürger verstanden werden?“

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      „Politiken“ (Dänemark): „Wenn die Krise mit Neuwahlen endet, kann das die Protestparteien weiter stärken. Niemand, am wenigsten Italien selbst, will das. Doch auch im Rest der EU sollte die italienische Krise zu Veränderungen führen. Viel zu lange hat der Rest Westeuropas passiv zugeschaut, während Italien mit Migranten und wirtschaftlichen Problemen kämpfte.“