Berlin. Bei einigen Themen der Koalition muss die SPD sich stärker positionieren. Doch überdrehen will sie nicht, wie Andreas Nahles zeigt.

Sinkflug in den Umfragen ­auf 16 bis 20 Prozent, Schockstarre in der Herzkammer Nordrhein-Westfalen, The­men­führerschaft der Union, schwache Vorstellung des Haushaltes: Gerade einmal 67 Tage nach dem Start der großen Koalition hadert die SPD mit ihrem Auftreten in der Regierung.

Juso-Chef

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, der als Anführer der No-GroKo-Bewegung die Mitgliederbefragung deutlich verloren hatte, feuerte am Freitag eine Breitseite auf den eigenen Finanzminister ab. In den Augen vieler Genossen verpatzte Olaf Scholz unter der Woche im Bundestag die Präsen­tation des Entwurfes für den Haushalt 2018.

Die SPD hatte gehofft, dabei in der Öffentlichkeit in die Offensive zu kommen – nachdem die CSU in den vergangenen Wochen mit scharfen Tönen in der Flüchtlings- und Migrationspolitik die Debatte beherrscht hatte.

Kühnert: Scholz hat Opposition unnötig zum Konter eingeladen

„Das war kommunikativ ganz alte Schule. Und leider weit von einer neuen SPD entfernt, weil er die Opposition ohne Not zum politischen Konter eingeladen hat“, sagte Kühnert über Scholz’ Auftritt. Der warb – für seine Verhältnisse – zwar leidenschaftlich für Europa. Doch die ­Opposition im Bundestag zerriss die Vorstellung, weil Scholz zu spät versuchte, den Eindruck zu korrigieren, dass der Bund trotz Rekordeinnahmen bis 2021 seine Investitionen zurückfahren wolle. Schlecht in der SPD kommt außerdem an, dass Scholz sich wenig Mühe gibt, sich von seinem CDU-Vorgänger Wolfgang Schäuble und dessen Mantra der schwarzen Null abzugrenzen.

Aus dem Scholz-Lager heißt es, der Finanzminister werde bald gemeinsam mit den Franzosen seine Vorschläge für die Reform der Eurozone vorlegen. In acht Wochen hätten sich hämische Zwischenrufe wie „Olaf Schäuble“ erledigt.

Mehr Basis, weniger Basta: Wie sich die SPD erneuern will

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    Intern kritisiert wurde, dass Parteichefin

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    bei der Koalitionsklausur auf der Zugspitze trotz der asylfeindlichen Aussagen noch mit CSU-Spitzenmann Alexander Dobrindt gekuschelt habe. Beim Großthema Bundeswehr ist die SPD in der Defensive.

    Nahles will nicht überziehen

    Dass die Union in Zeiten von Trump mehr Geld für eine schlagkräftige Truppe und ein wehrhaftes Europa fordert, dürfte vielen Bürgern einleuchten. Mit der Kritik am Zustand der Bundeswehr und dem Hinweis, Vertei­digungsministerin Ursula von der ­Leyen (CDU) habe früher ihr Geld ­gar nicht ausgeben kön­nen, dringt die SPD kaum durch. Mühe hat die Partei bislang, ihre vielen sozialpolitischen Erfolge im Koalitionsvertrag gut zu verkaufen.

    Der 28-jährige Kühnert, vom US-Magazin „Time“ als eine der kommenden Führungspersönlichkeiten weltweit geadelt, verlangt mehr Lautstärke. „Braves und konzentriertes Arbeiten allein genügt nicht.“ So trat Nahles im Bundestag ­resoluter gegenüber Kanzlerin Angela Merkel auf. Überziehen will Nahles aber nicht. Sie testet gerade aus, wie eine Mischung aus gutem Regieren und eigenständigem Profil aussehen kann.

    Bei vielen Abendessen und in Klausuren will Nahles Streitfragen ausdiskutieren und dann Linien festlegen, an die sich alle halten sollen. So wird es am 28. Mai im Vorstand eine Aussprache zur Russlandpolitik der SPD geben. Dramatisch ist die Lage in Nordrhein-Westfalen. Nach dem Machtverlust an die CDU ist die SPD laut einer Umfrage auf 22 Prozent abgestürzt, der GroKo-Gegner Thomas Kutschaty wurde gegen den Willen des Establishments Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag. Ohne eine Erholung in NRW kann Nahles die Erneuerung auf Bundesebene vergessen. So will die ­Parteichefin beim Landesparteitag am 23. Juni in Bochum dabei sein.