Berlin. Experten warnen schon lange vor einer Eskalation. Jetzt hat der Iran zum ersten Mal israelische Ziele auf den Golanhöhen angegriffen.

Der Iran ist seit Jahren aktive Kriegspartei im syrischen Schlamassel. Revolutionsgardisten, schiitische Milizen und Hisbollah-Einheiten kämpfen an der Seite des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Sie bauen ihre militärischen Basen aus. Und sie provozieren Israel nicht nur mit Worten, sondern auch mit Drohnenattacken. Die Regierung in Jerusalem reagiert mit Raketeneinsätzen auf iranische Stellungen in Syrien. Das gleiche Muster aus Angriff und

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lag auch in der Nacht zum Donnerstag vor.

Die Lage in Syrien ist außer Kon­trolle geraten. Iran, dessen Schutzmacht Russland, Syrien, die Türkei, ­säkulare und islamistische Rebellen streiten um Macht und Einfluss. Mit dem Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem

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09.05.2018, Iran, Teheran: Als Protest gegen den Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen verbrennen Abgeordnete im iranischen Parlament zwei Stücke Papier. Das eine zeigt die amerikanische Flagge, das andere soll eine symbolische Kopie des Atomabkommens sein. Foto: Uncredited/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Von Michael Backfisch, Dirk Hautkapp, Christian Kerl und Beate Kranz

mit dem Iran ist der Konflikt noch explosiver geworden. Anstatt die Akteure zu befrieden, hat Trump die Büchse der Pandora geöffnet.

Trump strebt Regimewechsel an

Trumps rhetorischer

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gegen Teheran und seine wortgewaltige Verdammung der Mullahs lassen vermuten, dass der Präsident etwas ganz anderes im Sinn hat: Er will durch die Sanktionen die Daumenschrauben so anziehen, dass der iranischen Wirtschaft die Luft ausgeht. Er strebt in Wahrheit einen Regimewechsel an, ­damit das iranische Volk in „Freiheit“ ­leben könne.

Merkel äußert sich besorgt über jüngste Nahost-Krise

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    Dieses nicht zu Ende gedachte Kalkül erinnert an den Irak-Feldzug von US-Präsident George W. Bush im Jahr 2003. Auch damals schwelgte ­Washington in der Utopie, den autokratischen Machthaber ­Saddam Hussein zu stürzen und quasi per Knopfdruck die Demokratie im ­Nahen Osten einzuführen. Eine fatale Blauäugigkeit.

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    zu einer Aufgabe seines Atomwaffen­programms gezwungen zu haben. Doch erstens ist noch nicht klar, ob Kim sein Arsenal – das bislang seine Lebensversicherung war – wirklich verschrottet. Und zweitens haben China und Süd­korea an der aktuellen Bewegung Pjöngjangs einen mindestens ebenso hohen Anteil wie die USA.

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      Doch es ist nicht damit getan, dass die EU nur Lippenbekenntnisse abliefert. Nach dem Motto: Wir halten an dem Atomabkommen fest, solange ­Teheran die Bedingungen erfüllt. Nein, die Europäer müssen in Kauf nehmen, dass deutsche, französische oder ­niederländische Firmen in diesem Fall mit US-Strafmaßnahmen belegt ­werden. Sie sollten dann Schadenersatz durch die jeweilige Regierung oder durch Brüssel bekommen.

      Urananreicherung

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        Heute kommt es nicht nur darauf an, dass die Europäische Union zu einer wirtschaft­lichen Vernichtungskampagne oder gar einem Krieg gegen den Iran Nein sagt. Sie muss ihr politisches Gewicht in die Waagschale werfen, um de­eskalierend im Nahen Osten zu wirken. Diplomatie ist mühsam, langwierig und frustrierend – zumal auf einem komplizierten Terrain wie dem Nahen Osten. Doch inmitten von außer Rand und Band ­geratenen Kriegsparteien muss dies einer tun.

        Die Amerikaner haben sich von dieser Aufgabe verabschiedet. Nun kommt es auf die Europäer an.