Münster/Berlin. Beim Katholikentag in Münster wird nicht nur über Glauben diskutiert. Durch die Einladung eines AfD-Vertreters wird es auch politisch.

Zum 100. Katholikentag ging die katholische Kirche in die Diaspora. Das Treffen vor zwei Jahren in Leipzig, wo nicht einmal fünf Prozent der Einwohner katholisch sind und mehr als 80 Prozent überhaupt keiner Kirche angehören, sollte ein Zeichen setzen: Die Kirche ist noch da. Doch das Zeichen war kaum erkennbar, der gewünschte Aufbruch kam nicht recht in Gang.

Dieses Jahr will die Kirche gewissermaßen auf Nummer sicher gehen – Austragungsort des 101. Katholikentags vom 9. bis 13. Mai ist Münster, die historische Bischofsstadt im Westfälischen, wo die katholische Welt noch einigermaßen heil ist. Was sollte da groß schiefgehen? Doch das Treffen droht von innerkirchlichem Streit überlagert zu werden.

Die Bischofskonferenz ist gespalten. Ein Grund: Volker Münz. Der kirchenpolitische Sprecher der AfD im Bundestag soll zum Abschluss des Katholikentags bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Nun sag’, wie hast du’s mit der Religion?“ auf dem Podium sitzen. Es geht um die Haltung der Politik zu Kirche und Glauben.

Podiumsdiskussion: Soll die AfD mitreden?

Ein AfD-Politiker als Gast auf einem offiziellen Kirchentreffen? Vor zwei Jahren in Leipzig hatte die Kirche dazu grundsätzlich Nein gesagt, jetzt in Münster soll es möglich sein. Was für die Organisatoren „eine demokratische Notwendigkeit“ darstellt, betrachten nicht wenige Katholiken als Zumutung.

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    „Die Einladung des AfD-Vertreters stellt eine Normalisierung einer menschenfeindlichen und hasserfüllten Politik dar“, heißt es etwa in der sogenannten „Münsteraner Erklärung“ einer Gruppe von Theologen aus NRW. Sie forderten die Organisatoren auf, Münz wieder auszuladen.

    Das Institut für Theologie und Politik in Münster rief zu Protestschreiben an die Leitung des Katholikentags auf, der unter dem Motto „Suche Frieden“ steht. „Unsere Toleranz hört dort auf, wo andere aus Hass, Ressentiment, Rassismus ihr vermeintliches Wohl meinen verteidigen zu müssen“, heißt es in einem Aufruf des Instituts. Kritik kam auch vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).

    Die Sorge wuchs, der Münz-Auftritt könnte den gesamten Katholikentag überlagern, zumindest in der medialen Betrachtung. Zurückrudern wollte man aber nicht. Nach intensiver Diskussion sei man zu dem Ergebnis gekommen, bei der Veranstaltung „alle im Bundestag vertretenen Positionen, auch die der AfD, durch die kirchenpolitischen Sprecher zur Diskussion zu stellen“, teilte die Katholikentagsleitung mit.

    Streit um Kommunion unter Bischöfen

    Der Umgang mit der AfD ist nicht der einzige Streitpunkt – ein weiterer ist die Frage des gemeinsamen Abendmahls von Katholiken mit Protestanten. Offiziell lehnen Katholiken die gemeinsame Kommunion ab, an der Kirchenbasis wird sie aber vielfach schon lange stillschweigend praktiziert. Einem Teil der Bischöfe geht dieses Verständnis von gelebter Ökumene, dem sich die Bischofskonferenz offiziell mit einer „pastoralen Handreichung“ annähern will, entschieden zu weit.

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      Anfang April wurde bekannt, dass sich sieben Bischöfe unter Führung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki mit einem Brief direkt an den Vatikan gewandt hatten, in dem sie die Rechtmäßigkeit des Zugangs von protestantischen Ehepartnern zur Kommunion anzweifeln. Ein Affront gegen den Chef der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der über das Schreiben nicht unterrichtet war.

      Damit nicht genug. Auch der Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude als Ausdruck der „geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“ ein Kreuz zu platzieren, erwischte die katholischen Bischöfe kalt. Chef-Bischof Marx sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Das Kreuz lässt sich nicht von oben verordnen.“ Wenn es nur als kulturelles Symbol gesehen werde, habe man es nicht verstanden. Die Einschätzung teilt nicht jeder: „Ausdrücklich begrüße ich es, wenn in öffentlichen Einrichtungen sichtbar ein Kreuz angebracht ist“, sagte Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer. Die Bayerische Verfassung verweise mit Recht auf „das Kreuz als Fundament für das öffentliche Zusammenleben in Freiheit, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit“.

      AfD, Abendmahl, Kreuz-Erlass – reichlich Spaltmaterial für das Treffen in Münster. Zumindest für die Amtskirche ist das Motto „Suche Frieden“ im Moment eher ein frommer Wunsch.