Gaza. Tausende Palästinenser protestierten am zweiten Freitag in Folge im Grenzgebiet zu Israel. Erneut wurden zahlreiche Menschen verletzt.

Bei neuen massiven Protesten an der Grenze zu Israel sind am Freitag im Gazastreifen mindestens sieben Palästinenser getötet und mehr als 1070 weitere verletzt worden. Ein Sprecher der palästinensischen Gesundheitsbehörde teilte mit, unter den Toten sei auch ein Teenager. Mehrere Menschen seien lebensgefährlich verletzt worden.

Etwa ein Drittel der Verletzten erlitt den Angaben zufolge Schussverletzungen, viele andere klagten über Beschwerden nach dem Einsatz von Tränengas. Auch palästinensische Journalisten sollen unter den Verletzten sein.

Schlimmster Gewaltausbruch seit 2014

Nach Angaben der israelischen Armee waren rund 20.000 Palästinenser an Protesten und Ausschreitungen entlang der Grenze beteiligt. Sie verbrannten Autoreifen und schleuderten Steine in Richtung Israel. Dichter schwarzer Rauch stieg an zahlreichen Orten auf. Die israelische Armee setzte nach eigenen Angaben Wasserwerfer zum Löschen der Brände und einen riesigen Ventilator gegen die Rauchschwaden ein, die auf die israelische Seite zogen.

Die radikalislamische Hamas hatte vor einer Woche den

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, insgesamt sollen die Proteste sechs Wochen andauern. Insgesamt kamen seit Karfreitag mindestens 27 Palästinenser ums Leben, mehr als 2400 wurden verletzt. Israelische Soldaten schossen nach Armeeangaben gezielt auf palästinensische Rädelsführer – die meisten der Getöteten waren nach israelischen Angaben militante Palästinenser. Es ist der schlimmste Gewaltausbruch seit 2014.

Palästinenser pochen auf „Recht auf Rückkehr“

Anlass der Proteste ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels. Die Palästinenser sehen sie als Katastrophe an, weil 1948 Hunderttausende Palästinenser fliehen mussten oder vertrieben wurden. Sie pochen auf ein „Recht auf Rückkehr“. Israel lehnt dies ab.

Ein Palästinenser trägt bei Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Soldaten im Süden des Gazastreifens zwei Reifen, um diese anzuzünden.
Ein Palästinenser trägt bei Zusammenstößen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Soldaten im Süden des Gazastreifens zwei Reifen, um diese anzuzünden. © dpa | Wissam Nassar

Mit dem Verbrennen Tausender Reifen erzeugten die Palästinenser an mehreren Orten eine „Rauchwand“. Ziel war es, Scharfschützen auf der israelischen Seite der Grenze die Sicht zu erschweren. Israels Armee wirft der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor, sie wolle im Schutz der Rauchschwaden Anschläge an der Grenze verüben.

Israels Armee erklärte das Grenzgebiet zum Gazastreifen am Freitag zum militärischen Sperrgebiet. Die Truppen setzten Mittel zur Bekämpfung von Unruhen ein, hieß es in der Mitteilung. Schüsse würden gemäß klarer Einsatzregeln abgefeuert. Israels Militär werde es nicht zulassen, dass der Grenzzaun beschädigt wird.

Umwelt- und Gesundheitsschäden befürchtet

Die palästinensischen Aktivisten trugen beim Verbrennen der Autoreifen einen Mundschutz. Israel hat vor schweren Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Aktion gewarnt.

Reifen enthalten Kautschuk, Metalle, Schwefelverbindungen und andere Stoffe, die beim Verbrennen gesundheitsschädliche Substanzen bilden. So entstünden etwa Feinstaub, Rußpartikel und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), erläuterte Joachim Wuttke vom Umweltbundesamt. Viele PAK seien krebserregend. „Der Feinstaub kann zudem andere Schadstoffe wie Schwefeldioxid mit in die Lunge transportieren, was dann Verätzungen hervorrufen kann“ sagte Wuttke – so etwas sei auch beim Londoner Smog 1952 geschehen.

Die Akteure des Nahostkonflikts

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    UN-Generalsekretär fordert Zurückhaltung

    Am Karfreitag waren bei Konfrontationen

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    , zwei starben später an ihren Verletzungen. Israelische Soldaten schossen nach Armeeangaben gezielt auf palästinensische Rädelsführer – die meisten der Getöteten waren nach israelischen Angaben militante Palästinenser.

    UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Beteiligten Zurückhaltung. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) äußerte sich besorgt über die hohen Opferzahlen. Rund 1750 Palästinenser sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde seit Karfreitag verletzt worden, viele durch Tränengas. Das UN-Menschenrechtsbüro teilte mit, es gebe „starke Hinweise“ darauf, dass die israelischen Sicherheitskräfte übertriebene Gewalt eingesetzt hätten. Guterres hatte eine Untersuchung der tödlichen Gewalt gefordert.

    Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Sie bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan. (dpa)