Berlin. Der Streit um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche überschattet den Start in die GroKo. Worum geht es dabei? Ein Überblick.

Die GroKo stand noch gar nicht, da lagen sich Union und SPD bereits in den Haaren. Grund ist das Werbeverbot für Abtreibungen, das in Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs geregelt ist. Hier die wichtigsten Aspekte der Auseinandersetzung.

• Was besagt Paragraf 219a?

Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs verbietet das Werben für Schwangerschaftsabbrüche – jedenfalls in bestimmten Konstellationen. Unter Strafe steht Werbung immer dann, wenn jemand öffentlich oder in schriftlicher Form „seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ Schwangerschaftsabbrüche anbietet.

Ausdrücklich davon ausgenommen sind jedoch Veröffentlichungen in ärztlichen Fachzeitschriften oder wechselseitige Informationen von Medizinern, Kliniken und anerkannten Beratungsstellen über Einrichtungen, die Abtreibungen auf gesetzlicher Grundlage vornehmen.

• Welche Strafen sieht der Paragraf vor?

Verstöße gegen das Gesetz können mit Geldstrafen oder mit Haft bis zu zwei Jahren geahndet werden. In diesem Bereich setzen Gerichte Strafen dann üblicherweise zur Bewährung aus.

• Woran entzündete sich aktuell der Streit?

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vor knapp vier Monaten. Hänel hatte auf der Internetseite ihrer Praxis über Abtreibungen informiert – und war dafür zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Hänel hatte über einen Link „Schwangerschaftsabbruch“ eine Datei zum Download angeboten. Sie enthielt Informationen zum Schwangerschaftsabbruch sowie zu dessen Durchführung in ihrer Praxis.

• Wie ist die politische Gefechtslage?

Die SPD hält das Werbeverbot für nicht mehr zeitgemäß und will es kippen. Die Sozialdemokraten wollen einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Abschaffung von Paragraf 219a einbringen – gegen die erklärte Auffassung des Koalitionspartners von der Union, wo die große Mehrheit für die Beibehaltung des Paragrafen und gegen den SPD-Antrag ist. „Aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird es keine Unterstützung geben“, erklärte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

• Was sagen die Kirchen?

Beide große Kirche fordern, das Werbeverbot beizubehalten. „Abtreibung ist rechtswidrig, Werbung kann nicht infrage kommen“, erklärte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Münchener Kardinal Reinhard Marx.

Ähnlich sieht es der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm: „Ein Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche halte ich für richtig.“

• Wie ist die Rechtslage bei Abtreibungen insgesamt?

Abtreibungen sind in Deutschland verboten und können mit Haftstrafen geahndet werden. Nach geltender Rechtsprechung bleiben aber alle Beteiligten unter bestimmten Bedingungen straffrei. Einzelheiten regeln die Paragrafen 218 und 219.

Schwangerschaftsabbrüche werden demnach während der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis toleriert – sofern sich die Frau zuvor in einer anerkannten Einrichtung beraten ließ. Die Frau bleibt unter Beachtung der Beratungsregeln sogar bis zur 22. Schwangerschaftswoche straffrei. Abtreibungen werden darüber hinaus nicht bestraft, wenn eine Schwangerschaft die Frau gesundheitlich gefährdet oder Folge einer Vergewaltigung ist.

• Wie oft kommt es in Deutschland zu Abtreibungen?

Im vergangenen Jahr wurden laut Statistischem Bundesamt bundesweit rund 101.200 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Das ist ein Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber 2016. Insgesamt 96 Prozent der Abbrüche wurden nach der Beratungsregelung vorgenommen. Medizinische und kriminologische Indikationen waren in vier Prozent der Fälle die Begründung für den Eingriff. (mit dpa)