Berlin. Hacker haben die Bundesregierung attackiert. Laut Geheimdienst-Kontrollgremium im Bundestag ist der Angriff aber noch nicht beendet.

Eine unter dem Name „Snake“ bekannte russische Hackergruppe soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hinter dem Angriff auf das Datennetzwerk des Bundes stehen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass es sich bei den Cyber-Spionen vermutlich nicht um die zunächst verdächtigte Gruppe „APT28“ handele. Unsere Redaktion hatte zuvor berichtet, dass wahrscheinlich nicht „APT28“ hinter dem Hack steht, sondern eine andere Gruppe.

Der Hackerangriff auf die Netze des Bundes läuft indes noch. Das teilte das Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestages nach einer Unterrichtung durch Sicherheitsbehörden und Regierungsvertreter am Donnerstag mit.

Für Bewertung des Schadens noch zu früh

Es handele sich um einen noch laufenden Angriff, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Armin Schuster (CDU), nach einer etwa zweistündigen Sondersitzung der Runde. „Deswegen wären öffentliche Diskussionen über Details schlicht eine Warnung an die Angreifer, die wir nicht geben wollen.“

Für eine Bewertung des Schadens sei es noch zu früh, sagte Schuster. Er betonte aber: „Der Geheimnisverrat an sich ist ein beträchtlicher Schaden.“ Die Bundesregierung versuche, den Vorgang unter Kontrolle zu halten.

De Maizière: „Verschiedenste Akteure gefährden Cybersicherheit“

Der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält den Hackerangriff für einen „ernstzunehmenden Vorgang“. Es handele sich um eine „technisch anspruchsvollen und von langer Hand geplanten Angriff“, sagte de Maizière am Donnerstag in Berlin.

„Er belegt, was wir seit langem wissen und sagen: Verschiedenste Akteure gefährden die Cybersicherheit aus unterschiedlichsten Interessen heraus.“ Der Sicherheitsvorfall ändere aber nichts an dem Befund, dass Deutschland bei der IT-Sicherheit gut aufgestellt sei und „eines der sichersten Regierungsnetzwerke der Welt“ habe.

„Der aktuelle Vorgang zeigt auch, dass unsere Sicherheitsbehörden erfolgreich gearbeitet haben“, sagte der Minister. Die Attacke sei isoliert und unter Kontrolle gebracht worden. Der hoch professionelle Angreifer sei dabei – kontrolliert von den Sicherheitsbehörden – beobachtet worden, um weitere Erkenntnisse über Angriffsmodus und Zielsetzung zu erhalten und Sicherheitsvorkehrungen im Regierungsnetz und bei den betroffenen Behörden einzuleiten. „Diese Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen.“

Kontrollgremiums erfuhr aus der Presse von Hackerangriff

Zuvor hatten die Geheimdienst-Kontrolleure angeprangert, dass sie nicht vorab über den

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informiert wurden.

Dass eine solche Nachricht erst über die Deutsche Presse-Agentur an die Öffentlichkeit komme, bevor die zuständigen Gremien unterrichtet würden, sei „maximal schlecht und ärgerlich“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), am Donnerstag in Berlin. Der Vorgang sei „sehr irritierend“. Die Runde kam wegen der Hackerattacke zu einer Sondersitzung zusammen.

Hat die Bundesregierung gegen Gesetze verstoßen?

Auch der Linke-Politiker André Hahn zeigte sich empört darüber, dass das Kontrollgremium erst über die Medien von der Attacke gehört habe. „Wenn die Kontrolleure von wichtigen Vorgängen überhaupt nichts erfahren, sondern wieder einmal aus den Medien, dann ist das ein völlig unbefriedigender Zustand.“

Wenn die Bundesregierung seit längerem davon gewusst habe, dann wäre es „ein klarer Gesetzesverstoß“, die zuständigen Gremien nicht zu unterrichten. Es gehe nun auch um die Frage, wer die Verantwortung dafür trage. „Für mich liegt die Verantwortung eindeutig im Kanzleramt. Dort liegt die Aufsicht für die Geheimdienste, dort ist der Geheimdienstkoordinator.“

Immer mehr Details bekannt

Zum Hackerangriff kommen unterdessen immer mehr Details ans Licht. Deutsche Sicherheitsbehörden hätten die Angreifer beobachtet, um Informationen über Ziele und Herkunft der Attacke zu erfahren, hieß es in Sicherheitskreisen.

Cyberangriff auf deutsches Regierungsnetz

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    Es habe sich um eine erfolgreiche Operation der Sicherheitsbehörden des Bundes gehandelt, sagte Ole Schröder (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, unserer Redaktion. „Es ist gelungen, den Angriff auf das Netz des Bundes zu erkennen und unter Kontrolle zu bringen.“ Bei der Attacke sei kein breiter Datenstrom abgeflossen, hieß es weiter.

    Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums

    Der CDU-Politiker Patrick Sensburg mahnte eine gründliche und sorgfältige Aufarbeitung des Hackerangriffs an. Sensburg pochte auf eine sorgsame Untersuchung des Falls – diese Zeit müsse man der Bundesregierung gönnen.

    Bundesregierung: Angriff unter Kontrolle

    Das Innenministerium hatte am Mittwoch bestätigt, dass Informationstechnik und Netze des Bundes angegriffen worden seien. „Innerhalb der Bundesverwaltung wurde der Angriff isoliert und unter Kontrolle gebracht“, teilte das Ministerium mit.

    Ausländische Hacker hatten nach dpa-Informationen Schadsoftware eingeschleust. Die Attacke sei von den Sicherheitsbehörden im Dezember erkannt worden. Der Angriff sei da schon über eine längere Zeit gelaufen, womöglich ein ganzes Jahr. Im Visier der Angreifer waren vor allem das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium. (dpa)