Berlin. Diesel-Fahrverbote sind grundsätzlich zulässig. Dieses Urteil aus Leipzig löst ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Ein Überblick.

Das

Auch interessant

, dass Städte grundsätzlich Fahrverbote für Diesel verhängen dürfen, provoziert in Politik und Wirtschaft ganz unterschiedliche Reaktionen. Handwerk und Einzelhandel etwa warnen

Auch interessant

. „Werden Dieselfahrzeuge aus der City verbannt, kann es zu großen Verwerfungen bei der Nahversorgung kommen“, warnte der Präsident des Mittelstandsverbandes BVMW, Mario Ohoven. Das Urteil dürfte nicht als Freifahrtschein für Fahrverbote verstanden werden.

Kommunen sollten alles tun, um solche Verbote zu vermeiden und andere Möglichkeiten zur Reduzierung von Schadstoffen ausschöpfen. In erster Linie seien nun die Autobauer in der Pflicht, über Software-Updates hinaus endlich auch technische Nachrüstungen älterer Diesel vorzunehmen und die Kosten zu tragen. „Die Entscheidung (...) gefährdet die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen“, warnte Mario Ohoven. „Fahrverbote sind nicht alternativlos“, sagte der Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Es gebe bessere Lösungswege für die Schadstoffprobleme in Städten.

Nach Diesel-Urteil: Merkel kündigt Gespräche mit Kommunen und Ländern an

weitere Videos

    Nabu: „Die Autoindustrie hat sich böse verzockt“

    Zufrieden mit dem Urteil äußerten sich dagegen Verbände aus dem Natur- und Umweltschutz. Der Nabu-Verband merkte an: „Die Autoindustrie hat sich böse verzockt“. Damit steige der Druck auf Politik und Autobauer, endlich effektive Maßnahmen gegen zu hohe Schadstoffwerte zu ergreifen. Greenpeace forderte die besonders belasteten Kommunen auf, nun dafür zu sorgen, dass dreckige Diesel „mit giftigen Abgasen“ aus den Städten verbannt werden. Dabei seien Übergangszeiten und Ausnahmeregeln nötig.

    Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte, das Gericht habe „kein „Muss“ für Fahrverbote ausgesprochen.“ Es müsse sorgfältig vor Ort abgewogen werden, welche Instrumente „zielführend und verhältnismäßig“ seien. Es liege nun in der Hand der Politik, einen Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen zu vermeiden – aus Sicht der Autolobby am besten mit einer bundeseinheitlichen Regelung.

    Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte vor dem „Irrglauben“, Fahrverbote für Diesel allein könnten die Lösung für die Schadstoffprobleme bringen. Dieser Eindruck sei falsch, sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Zudem seien die Kommunen gar nicht in der Lage, die durch die Fahrverbote bedingten bürokratischen Lasten kurzfristig zu verkraften, wie etwa die Aufstellung neuer Schilder und ähnliches. Der High-Tech-Verband Bitkom warnte, mit Fahrverboten doktere man nur an Symptomen herum. Besser wäre, schnell und konsequent auf eine „vernetzte und intelligente Mobilität“ zu setzen.

    Diesel-Fahrverbote – Aus diesen Gründen besteht Handlungsbedarf

    weitere Videos

      Handelsverband: Vorgaben für Belieferung bei Nacht lockern

      Der Präsident des Handelsverbands, Josef Sanktjohanser, sagte: „Attraktive Innenstädte brauchen saubere Luft. Aber mit Fahrverboten macht man kaputt, was vielerorts über die letzten Jahre aufgebaut wurde.“ Kunden könnten sich auf Geschäfte auf der „grünen Wiese“ oder den Online-Handel umorientieren. Die Politik müsse nun Weichen für eine Verkehrswende stellen und etwa neue Antriebsformen stärker fördern. Vorgaben für Belieferungen in der Nacht sollten gelockert werden, um den Verkehr am Tag entzerren zu können.

      Deutsche Umwelthilfe fordert „Blaue Plakette“

      Der Chef der Deutschen Umwelthilfe hat das Leipziger Urteil als klares Signal an die Bundesregierung begrüßt. „Ich glaube, wir haben heute einen ganz großen Tag für die saubere Luft in Deutschland erreicht“, sagte Jürgen Resch.

      Der Bund müsse nun verstehen, was das bedeute: „Ganz schnell für eine einheitliche Regelung mit einer „Blauen Plakette“ sorgen und die betrügerische Autoindustrie dazu bringen, die neun Millionen Euro-5- und Euro-6-Diesel auf Einhaltung der Abgaswerte auf der Straße nachzurüsten“, so Resch.

      Merkel verspricht Kommunen Hilfe

      Nach dem Urteil hat Bundeskanzlerin Angela Merkel

      Auch interessant

      Hilfe des Bundes zugesagt. „Es geht um einzelne Städte, in denen muss noch mehr gehandelt werden. Aber es geht wirklich nicht um die gesamte Fläche und die ganzen Autobesitzer in Deutschland“, sagte Merkel am Dienstag.

      Man werde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts prüfen und mit Kommunen und Ländern besprechen, wer gesetzlich handeln müsse. In etlichen Städten seien die Grenzwertüberschreitungen nur gering, so dass man vielleicht schnelle Lösungen finden werde. In einigen Städten gebe es aber gravierende Probleme, die man sich genau anschauen müsse.

      Hendricks:Fahrverbote vermeiden

      Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte indes: „Wenn es zu Fahrverboten käme, bräuchten wir Kennzeichnungen für diejenigen, die nicht unter die Fahrverbote fallen. (...) Ob die „blaue Plakette“ heißen oder „roter Fuchsschwanz“, ist mir egal.“ Ziel bleibe aber, Fahrverbote zu vermeiden.

      „Das ist auch machbar mit der Vielfalt der Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben“, betonte der geschäftsführende Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU). Er verwies unter anderem auf ein laufendes Programm von einer Milliarde Euro zur Unterstützung der Kommunen etwa bei der Anschaffung von Elektroautos und -bussen oder einer besseren Verkehrssteuerung.

      FDP-Chef Christian Lindner hingegen nannte das Urteil einen „Schlag gegen Freiheit und Eigentum, weil wir uns zu Gefangenen menschengemachter Grenzwerte machen.“ (dpa/les)