Berlin. Martin Schulz hat seinen Rücktritt als SPD-Chef verkündet. Schulz sagte, er habe Wunden mitbekommen. „Aber die Zeit wird sie heilen.“

Nach noch nicht einmal einem Jahr im Amt ist Martin Schulz am Dienstag als SPD-Vorsitzender zurückgetreten. Er sagte in einer kurzen Erklärung in Berlin unter anderem:

„Ich habe heute das Präsidium und den Parteivorstand meiner Partei darüber informiert, dass ich mit dem heutigen Tage vom Amt des Vorsitzenden der SPD zurücktrete. Ich habe dieses Amt gerne ausgeübt. Ich habe aber mit dem Schritt, zu dem ich mich entschlossen habe, den Wunsch verbunden, dass durch die personelle Klärung, die wir an der Spitze der Partei jetzt einleiten werden, der Blick der Mitglieder unserer Partei auf den Koalitionsvertrag gelenkt wird.

Ich glaube, dass wir in der vergangenen Woche als Sozialdemokratische Partei Deutschlands im Rahmen der Koalitionsverhandlungen einen Erfolg errungen haben. Das ist ein guter Koalitionsvertrag. Ich habe in einer Studie gelesen, dass 70 Prozent dessen, was in diesem Koalitionsvertrag verhandelt worden ist, sozialdemokratische Politik ist. Darauf kann die SPD aufbauen.

Darauf kann sie, wenn die Mitglieder der Partei uns das Mandat geben, in die Regierung einzutreten, darauf kann die SPD so aufbauen, dass klar wird, dass sie dieses Land erneuert, dass sie dieses Land führt. Dass wir einen Aufbruch für Europa und eine neue Dynamik für die Bundesrepublik Deutschland entwickeln können, um den Zusammenhalt und die Erneuerung unserer Gesellschaft zu stärken und voranzutreiben.

Martin Schulz musste sich bei seiner Rede räuspern
Martin Schulz musste sich bei seiner Rede räuspern © Getty Images | Sean Gallup

Die SPD braucht, das ist der dringende Wunsch von Mitgliedern an der Basis unserer Partei, eine organisatorische, eine personelle, auch eine programmatische Erneuerung. Mit meinem Amtsverzicht, auch mit dem Verzicht auf eine Mitgliedschaft in der Bundesregierung will ich dazu beitragen, dass die Personaldebatten in der SPD jetzt zum Ende kommen, und die Mitglieder sich wirklich damit beschäftigen, was in der Koalitionsvereinbarung steht.

Ich glaube, dass wir nach einer sehr intensiven Diskussion im Präsidium der SPD eine gute Entscheidung heute getroffen haben. Mein Rücktritt löst die Notwendigkeit eines Sonderparteitages aus, den wir auf den 22. April einberufen werden, in Wiesbaden soll er stattfinden. Und ich habe im Präsidium der SPD vorgeschlagen und dafür einen einstimmigen Beschluss bekommen, dem Parteivorstand, der jetzt in diesen Minuten tagt, Andrea Nahles als neue Parteivorsitzende vorzuschlagen. Frau Nahles ist im Präsidium der Partei einstimmig nominiert worden. Ich gehe davon aus, dass eine ähnlich breite Unterstützung auch bei der gleich stattfindenden Abstimmung im Parteivorstand erreicht werden wird.

(...) Ich habe damit begonnen, Ihnen zu sagen, ich habe dieses Amt gerne ausgeübt. Das Amt des Vorsitzenden der SPD ist ein durchaus kräftezehrendes Amt. (...)

Es ist schon auch ein bisweilen schwieriges Amt. Aber ich will Ihnen das sagen, was ich meinen Kolleginnen und Kollegen gesagt habe: Ich scheide ohne Bitterkeit und ohne Groll aus diesem Amt. Ich habe es knapp ein Jahr versehen.

Ich habe in diesem Amt Höhen und Tiefen erlebt, wie man sie in der Politik in dieser Form selten erlebt. Das ist schon so. Und das bleibt einem auch nicht in den Klamotten hängen. Manches geht auch unter die Haut. Aber – unsere Vorfahren wussten schon genau, was sie uns weitergegeben haben an Volksweisheiten: Zeit heilt Wunden. Und natürlich bekommt man Wunden mit. Aber die Zeit wird sie heilen.

Und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands wird, da bin ich ganz sicher,

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– und ich hoffe mit der Zustimmung ihrer Mitglieder in der Bundesregierung – zu alter Kraft zurückfinden. Wenn ich mit meinem Amtsverzicht ein Stück dazu beitragen kann, dann hat er sich gelohnt.“ (dpa)

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